Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.ihr ein: "Frech gelogen" an den Kopf und schließt seine Replik: "Immerhin Seit jener Zeit hat nun der Führer der christlich-conservativen Partei ihr ein: „Frech gelogen" an den Kopf und schließt seine Replik: „Immerhin Seit jener Zeit hat nun der Führer der christlich-conservativen Partei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0162" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117168"/> <p xml:id="ID_442" prev="#ID_441"> ihr ein: „Frech gelogen" an den Kopf und schließt seine Replik: „Immerhin<lb/> könnten wir noch manches sagen, was nicht blos die Kreuzzeitung angehen<lb/> würde, denn sie ist ja nur eine unterthänige Dienerin ihres Herrn, des<lb/> dummen Dünkels, wir erinnern uns aber der bekannten Worte von Duclos:<lb/> NvLsiöUl's, parlons ac 1'ö16Mg,ut, se vo xarlons «ML als 1'LlöpKg.ut,, o'est<lb/> 1a seuls grosse töte elend it soit xossidlö aujoui-ä'Kul as s'vntretkvir s^us<lb/> älmg-er und richten uns darnach." Der Gedanke, daß man Preußen alles<lb/> bieten könne, da es schon einmal „muthig zurückgewichen" sei, war Vilmar<lb/> von früher her geläufig. Hatte er doch schon einmal, auf eine ihrer Zeit<lb/> vielbesprochene in Berlin am entscheidenden Tage vorgefallene Scene anspie¬<lb/> lend, gehöhnt: „O ja, es ist möglich, daß Herr Hassenpflug der Union zu¬<lb/> gleich mit einer Flasche Champagner den Hals brach." Jetzt rief er: „Preußen<lb/> nach Olmütz!" und schloß eine Philippina: „Aber wieviel auch Oestreich, wie<lb/> viel auch die Mittel- und Kleinstaaten gefehlt haben — der eigentliche schul¬<lb/> dige Theil, der Unruhstifter im Reich ist und bleibt doch allein, ohne jede<lb/> Entschuldigung — Preußen. In ihm und in seinem Auftreten ist eben alles<lb/> faul — seine Negierung, seine liberale und selbst seine conservative Partei.<lb/> Alle drei sind darin eins — trotz aller sonstigen Verschiedenheit — um es<lb/> mit einem Wort zu sagen, daß sie bundesbrüchig, daß sie revolutionär sind . . -<lb/> Darum eben ist ein zweites Olmütz das mindeste, was als die unausbleib¬<lb/> liche Folge der damaligen preußischen Politik fast im Auge behalten werden<lb/> muß." (28. April 1866.) — Als die Dinge nun aber dieses Mal einen anderen<lb/> Verlauf zu nehmen drohten, da wurde die Sprache vorsichtiger. Nur gegen<lb/> den gegraften Bismarck glaubte man das gewohnte Geschütz verwenden zu<lb/> dürfen. Als Nothelfer wurde auch Herr von Gerlach herbeigerufen. Kurz<lb/> nach der Occupation Hessens durch 'die preußische Armee machte ein Verbot<lb/> der königlichen Administration dem Leben des Blättchens ein Ende. Die<lb/> Strategen desselben hatten von einer Schlacht zwischen Hannoveranern und<lb/> Preußen auf hessischem Grund und Boden zu erzählen gewußt, in der die<lb/> letzteren von jenen in einen Hinterhalt gelockt mit Hilfe bewaffneter hanno¬<lb/> verscher Bauernschaaren gar jämmerlich zusammen gehauen sein sollten. Viele<lb/> bedauerten es damals, daß Vilmar so noch zu einem Märtyrer gemacht<lb/> werde, während, wenn man der Zeitung ihren Lauf gelassen habe, sie bald<lb/> eines natürlichen Todes verschieden sein würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_443" next="#ID_444"> Seit jener Zeit hat nun der Führer der christlich-conservativen Partei<lb/> in Hessen selten die Gelegenheit vorübergehen lassen, seinem giftigen Haß gegen<lb/> Preußen einen Ausdruck zu geben. Ein theologisches Blatt, das er redigirte,<lb/> ließ er eingehen, weil er in ihm keine Mitarbeiter mehr haben wollte, die<lb/> die Zuwiderhandlungen gegen die 10 Gebote, welche in der neuesten Ze^<lb/> öffentlich begangen seien, nicht so ansähen wie er. Vor allem war er aber</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0162]
ihr ein: „Frech gelogen" an den Kopf und schließt seine Replik: „Immerhin
könnten wir noch manches sagen, was nicht blos die Kreuzzeitung angehen
würde, denn sie ist ja nur eine unterthänige Dienerin ihres Herrn, des
dummen Dünkels, wir erinnern uns aber der bekannten Worte von Duclos:
NvLsiöUl's, parlons ac 1'ö16Mg,ut, se vo xarlons «ML als 1'LlöpKg.ut,, o'est
1a seuls grosse töte elend it soit xossidlö aujoui-ä'Kul as s'vntretkvir s^us
älmg-er und richten uns darnach." Der Gedanke, daß man Preußen alles
bieten könne, da es schon einmal „muthig zurückgewichen" sei, war Vilmar
von früher her geläufig. Hatte er doch schon einmal, auf eine ihrer Zeit
vielbesprochene in Berlin am entscheidenden Tage vorgefallene Scene anspie¬
lend, gehöhnt: „O ja, es ist möglich, daß Herr Hassenpflug der Union zu¬
gleich mit einer Flasche Champagner den Hals brach." Jetzt rief er: „Preußen
nach Olmütz!" und schloß eine Philippina: „Aber wieviel auch Oestreich, wie
viel auch die Mittel- und Kleinstaaten gefehlt haben — der eigentliche schul¬
dige Theil, der Unruhstifter im Reich ist und bleibt doch allein, ohne jede
Entschuldigung — Preußen. In ihm und in seinem Auftreten ist eben alles
faul — seine Negierung, seine liberale und selbst seine conservative Partei.
Alle drei sind darin eins — trotz aller sonstigen Verschiedenheit — um es
mit einem Wort zu sagen, daß sie bundesbrüchig, daß sie revolutionär sind . . -
Darum eben ist ein zweites Olmütz das mindeste, was als die unausbleib¬
liche Folge der damaligen preußischen Politik fast im Auge behalten werden
muß." (28. April 1866.) — Als die Dinge nun aber dieses Mal einen anderen
Verlauf zu nehmen drohten, da wurde die Sprache vorsichtiger. Nur gegen
den gegraften Bismarck glaubte man das gewohnte Geschütz verwenden zu
dürfen. Als Nothelfer wurde auch Herr von Gerlach herbeigerufen. Kurz
nach der Occupation Hessens durch 'die preußische Armee machte ein Verbot
der königlichen Administration dem Leben des Blättchens ein Ende. Die
Strategen desselben hatten von einer Schlacht zwischen Hannoveranern und
Preußen auf hessischem Grund und Boden zu erzählen gewußt, in der die
letzteren von jenen in einen Hinterhalt gelockt mit Hilfe bewaffneter hanno¬
verscher Bauernschaaren gar jämmerlich zusammen gehauen sein sollten. Viele
bedauerten es damals, daß Vilmar so noch zu einem Märtyrer gemacht
werde, während, wenn man der Zeitung ihren Lauf gelassen habe, sie bald
eines natürlichen Todes verschieden sein würde.
Seit jener Zeit hat nun der Führer der christlich-conservativen Partei
in Hessen selten die Gelegenheit vorübergehen lassen, seinem giftigen Haß gegen
Preußen einen Ausdruck zu geben. Ein theologisches Blatt, das er redigirte,
ließ er eingehen, weil er in ihm keine Mitarbeiter mehr haben wollte, die
die Zuwiderhandlungen gegen die 10 Gebote, welche in der neuesten Ze^
öffentlich begangen seien, nicht so ansähen wie er. Vor allem war er aber
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