Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.nachgelassen; und es kann nicht fehlen, daß er sie in manchem nicht noch mehr Vielleicht sagen Euer Durchlaucht, woher es denn komme, daß bei allen nachgelassen; und es kann nicht fehlen, daß er sie in manchem nicht noch mehr Vielleicht sagen Euer Durchlaucht, woher es denn komme, daß bei allen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0512" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192273"/> <p xml:id="ID_1407" prev="#ID_1406"> nachgelassen; und es kann nicht fehlen, daß er sie in manchem nicht noch mehr<lb/> herabstimmen sollte, wo sie nicht zu seiner täglichen Lebensweise gehört. Er<lb/> ist nahe am Ziel, sein Land völlig umgeschaffen und eingerichtet zu haben; und<lb/> er hat, nach dem Zustande, in welchem er es fand, nach dem Verhältniß, das<lb/> er insonderheit gegen Rom hat, nach der Proportion desselben zu seiner Fa¬<lb/> milie und s. f. während seiner langen Regierung und täglichen Bemühung gewiß<lb/> regieren gelernt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1408"> Vielleicht sagen Euer Durchlaucht, woher es denn komme, daß bei allen<lb/> diesen, und so lange fortgesetzten Bemühungen fürs Wochl seines Landes den<lb/> Großherzog nicht eben die allgemeine Liebe seines Volks belohne? woher es<lb/> komme, daß zumal in Florenz die alte Fröhlichkeit und mit ihr ein Theil des<lb/> Genies dieser geniereichen Nation unterdrückt und aus eine Zeit erstorben<lb/> scheine? wie es sein könne, daß ein so einsehender Regent an einigen revol-<lb/> tantcn Einrichtungen mit einer Vcstigkeit hange, die mehrere Begüterte aus<lb/> dem Lande getrieben? ja vielleicht noch manches andre, das die sogenannte<lb/> Hofpartei der Jansenisten, die Unzufriedenheit des Adels, das Mißtrauen der<lb/> Fürsten gegen die Nation, die Mutlosigkeit der Academien, die Schläfrigkeit<lb/> der Universitäten anbetrifft u. s. f. Allein in allem diesem greifen so mancher¬<lb/> lei Dinge ineinander; es scheint mir dabei so vieles auf die Lage von Florenz<lb/> und seine vorige Beschaffenheit, auf die Erziehung und Familiendenkart<lb/> des Großherzogs, auf die Nähe Roms, auf die ganze jetzige Gestalt und den<lb/> Grad der Cultur Europas anzukommen, daß hierüber zwar Manches zu muth¬<lb/> maßen, zu reden, weniges aber zu behaupten und zu schreiben sein dürfte.<lb/> Keinem Sterblichen haben die Götter Alles verliehen: so auch keinem Lande,<lb/> keiner Zeit alles. Der ökonomisch-politische Geist unseres Jahrhunderts drückt<lb/> ja nicht nur in Florenz, sondern überall aus alles sein Siegel. Und gewiß<lb/> werden nicht allenthalben so große Anstalten für die Nachwelt gemacht, wie in<lb/> Toskana. Das ganze Instrument wird rein gestimmt und ist scharf bezogen;<lb/> kann doch einst ein jüngerer Nachfolger hie und da eine Saite nachlassen, wo<lb/> sie ihm überspannt dünkt. Den Schlüssel zu einer milden Harmonie muß ihm<lb/> alsdann der Geist seiner Zeit geben."---</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0512]
nachgelassen; und es kann nicht fehlen, daß er sie in manchem nicht noch mehr
herabstimmen sollte, wo sie nicht zu seiner täglichen Lebensweise gehört. Er
ist nahe am Ziel, sein Land völlig umgeschaffen und eingerichtet zu haben; und
er hat, nach dem Zustande, in welchem er es fand, nach dem Verhältniß, das
er insonderheit gegen Rom hat, nach der Proportion desselben zu seiner Fa¬
milie und s. f. während seiner langen Regierung und täglichen Bemühung gewiß
regieren gelernt.
Vielleicht sagen Euer Durchlaucht, woher es denn komme, daß bei allen
diesen, und so lange fortgesetzten Bemühungen fürs Wochl seines Landes den
Großherzog nicht eben die allgemeine Liebe seines Volks belohne? woher es
komme, daß zumal in Florenz die alte Fröhlichkeit und mit ihr ein Theil des
Genies dieser geniereichen Nation unterdrückt und aus eine Zeit erstorben
scheine? wie es sein könne, daß ein so einsehender Regent an einigen revol-
tantcn Einrichtungen mit einer Vcstigkeit hange, die mehrere Begüterte aus
dem Lande getrieben? ja vielleicht noch manches andre, das die sogenannte
Hofpartei der Jansenisten, die Unzufriedenheit des Adels, das Mißtrauen der
Fürsten gegen die Nation, die Mutlosigkeit der Academien, die Schläfrigkeit
der Universitäten anbetrifft u. s. f. Allein in allem diesem greifen so mancher¬
lei Dinge ineinander; es scheint mir dabei so vieles auf die Lage von Florenz
und seine vorige Beschaffenheit, auf die Erziehung und Familiendenkart
des Großherzogs, auf die Nähe Roms, auf die ganze jetzige Gestalt und den
Grad der Cultur Europas anzukommen, daß hierüber zwar Manches zu muth¬
maßen, zu reden, weniges aber zu behaupten und zu schreiben sein dürfte.
Keinem Sterblichen haben die Götter Alles verliehen: so auch keinem Lande,
keiner Zeit alles. Der ökonomisch-politische Geist unseres Jahrhunderts drückt
ja nicht nur in Florenz, sondern überall aus alles sein Siegel. Und gewiß
werden nicht allenthalben so große Anstalten für die Nachwelt gemacht, wie in
Toskana. Das ganze Instrument wird rein gestimmt und ist scharf bezogen;
kann doch einst ein jüngerer Nachfolger hie und da eine Saite nachlassen, wo
sie ihm überspannt dünkt. Den Schlüssel zu einer milden Harmonie muß ihm
alsdann der Geist seiner Zeit geben."---
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |