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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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werden nicht, wie bei dem Aufschlagsysteme, einzelne Gegenstände künstlich ver¬
teuert, es ist also auch keine Gelegenheit zum Umgehen, zum Hin- und Her¬
schieben der Steuer. Vor Allem aber wird die bedeutende Verringerung der
Kosten als großer Vorzug der allgemeinen Verbrauchssteuer gepriesen. -- Die
Feststellung des Gesammtverbrauchs hält Pfeiffer für mindestens ebenso leicht, ja,
weil die Ausgaben eines Jeden immer weit bekannter seien als seine Ein¬
nahmen, für noch leichter als die des Einkommens. Uns aber scheint diese Be¬
hauptung keineswegs so selbstverständlich. Wie bei der Anlage der Einkommen¬
steuer, könne man sich theils an gewisse äußere Kennzeichen, theils an die Selbst¬
angabe der Steuerpflichtigen, theils an die Aufstellungen einer Schätzungs-
Commission halten. Indeß, was ist diese Bezeichnung gewisser Kennzeichen
anders, als das Verfahren des Aufschlagsystems, welches unser Verfasser so
gründlich verwirft? Will man in der Wahl derselben nicht schrankenloser Will¬
kür Raum geben, so wird man in einem allgemein gültigen Verzeichnis; eine
Reihe von Gegenständen festzusetzen haben, deren Konsumtion für ganze Rich¬
tungen des Verbrauchs als bezeichnend gelten kann. Da stehen wir also bei
den "Repräsentanten" des AufschlagfystemS! Freilich, der Unterschied ist der,
daß hier die Objecte nicht selbst zu Trägern der Steuer gemacht, nicht künstlich
vertheuert werden. Allein, wird ein Publikum, welches früher den Verbrauch
einer bestimmten Waare vermied oder verheimlichte, weil es den auf derselben
lastenden Aufschlag nicht bezahlen mochte, heute, trotz niederen Preises, nicht
ganz ebenso verfahren, wenn es weiß, daß die Anschaffung grade dieses Gegen¬
standes als Beweis höherer Steuerkraft betrachtet wird? -- Beiläufig bemerkt:
noch an einem andern Punkte passirt es dem Verfasser, in dieser Weise mit sich
selbst in Widerspruch zu gerathen. Er rühmt an seiner Verbrauchssteuer, daß
sie jedem Einzelnen die Freiheit gebe, seine Belastung selbst zu ermäßigen,
indem er seinen Verbrauch einschränke, -- aufs Haar derselbe Vorzug, den er
II., 352 f. bei Besprechung des Aufschlagsystems als einen Trugschluß bezeichnet
und aufs härteste verurtheilt. -- Daß die Selbstangabe des Gesammtverbrauchs
zum Zwecke der Besteuerung richtiger ausfallen solle, als die des Einkommens, wird
ohne Grund angenommen. Wer so schlecht Buch führt, daß er nicht weiß, wie viel
er einnimmt, wird schwerlich seine Ausgaben genügend controliren. Wer aber aus
Eitelkeit sein Einkommen zu hoch angab, wird auch seinen Verbrauch übertreiben,
und wer aus Unredlichkeit sich dort zu niedrig schätzte, wird auch hier vor dem
Betrüge nicht zurückscheuen. -- Was endlich die Thätigkeit einer Schätzungs-
Commission betrifft, so scheint uns diese dem Gesammtverbrauch gegenüber am
übelsten berathen. Alle die Anhaltspunkte, welche bei der Beschatzung nach dem
Einkommen eine ziemlich sichere Berechnung des Reinertrages ermöglichten,
gehen hier verloren. Die Gewißheit, mit welcher die Einnahmen von Beamten
aller Art festzustellen sind, gibt man aus der Hand. Die gesammte landwirth-


Grenzboten IV. 18S7. 64

werden nicht, wie bei dem Aufschlagsysteme, einzelne Gegenstände künstlich ver¬
teuert, es ist also auch keine Gelegenheit zum Umgehen, zum Hin- und Her¬
schieben der Steuer. Vor Allem aber wird die bedeutende Verringerung der
Kosten als großer Vorzug der allgemeinen Verbrauchssteuer gepriesen. — Die
Feststellung des Gesammtverbrauchs hält Pfeiffer für mindestens ebenso leicht, ja,
weil die Ausgaben eines Jeden immer weit bekannter seien als seine Ein¬
nahmen, für noch leichter als die des Einkommens. Uns aber scheint diese Be¬
hauptung keineswegs so selbstverständlich. Wie bei der Anlage der Einkommen¬
steuer, könne man sich theils an gewisse äußere Kennzeichen, theils an die Selbst¬
angabe der Steuerpflichtigen, theils an die Aufstellungen einer Schätzungs-
Commission halten. Indeß, was ist diese Bezeichnung gewisser Kennzeichen
anders, als das Verfahren des Aufschlagsystems, welches unser Verfasser so
gründlich verwirft? Will man in der Wahl derselben nicht schrankenloser Will¬
kür Raum geben, so wird man in einem allgemein gültigen Verzeichnis; eine
Reihe von Gegenständen festzusetzen haben, deren Konsumtion für ganze Rich¬
tungen des Verbrauchs als bezeichnend gelten kann. Da stehen wir also bei
den „Repräsentanten" des AufschlagfystemS! Freilich, der Unterschied ist der,
daß hier die Objecte nicht selbst zu Trägern der Steuer gemacht, nicht künstlich
vertheuert werden. Allein, wird ein Publikum, welches früher den Verbrauch
einer bestimmten Waare vermied oder verheimlichte, weil es den auf derselben
lastenden Aufschlag nicht bezahlen mochte, heute, trotz niederen Preises, nicht
ganz ebenso verfahren, wenn es weiß, daß die Anschaffung grade dieses Gegen¬
standes als Beweis höherer Steuerkraft betrachtet wird? — Beiläufig bemerkt:
noch an einem andern Punkte passirt es dem Verfasser, in dieser Weise mit sich
selbst in Widerspruch zu gerathen. Er rühmt an seiner Verbrauchssteuer, daß
sie jedem Einzelnen die Freiheit gebe, seine Belastung selbst zu ermäßigen,
indem er seinen Verbrauch einschränke, — aufs Haar derselbe Vorzug, den er
II., 352 f. bei Besprechung des Aufschlagsystems als einen Trugschluß bezeichnet
und aufs härteste verurtheilt. — Daß die Selbstangabe des Gesammtverbrauchs
zum Zwecke der Besteuerung richtiger ausfallen solle, als die des Einkommens, wird
ohne Grund angenommen. Wer so schlecht Buch führt, daß er nicht weiß, wie viel
er einnimmt, wird schwerlich seine Ausgaben genügend controliren. Wer aber aus
Eitelkeit sein Einkommen zu hoch angab, wird auch seinen Verbrauch übertreiben,
und wer aus Unredlichkeit sich dort zu niedrig schätzte, wird auch hier vor dem
Betrüge nicht zurückscheuen. — Was endlich die Thätigkeit einer Schätzungs-
Commission betrifft, so scheint uns diese dem Gesammtverbrauch gegenüber am
übelsten berathen. Alle die Anhaltspunkte, welche bei der Beschatzung nach dem
Einkommen eine ziemlich sichere Berechnung des Reinertrages ermöglichten,
gehen hier verloren. Die Gewißheit, mit welcher die Einnahmen von Beamten
aller Art festzustellen sind, gibt man aus der Hand. Die gesammte landwirth-


Grenzboten IV. 18S7. 64
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/505>, abgerufen am 27.09.2024.