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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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einkommen hat Pfeiffer das gesammte landwirthschaftliche Einkommen, also nicht -
allein die Grundrente, sondern auch den Capitcilzius und den Arbeitslohn
resp. Erwcrbsverdienst zusammengeworfen, und wir können ihn nicht anders
verstehen, als daß er die Absicht hat, die Grundrente noch besonders zu be-
steuern. Und warum das? Weil er sie, die ohne alle Mühe entstanden und
fortwährend gewachsen, insofern sie ausschließlich dem zufälligen Besitzer zu gute
kommt, für ein ungerechtfertigtes Einkommen hält. Freilich erkennt er gleich
selbst, daß diese Extrasteuer nur in sehr wenigen Fällen den ursprünglich Be¬
reichertem, in den meisten spätere Käufer, die den plötzlichen Werthzuwachs der
Grundstücke im Kaufschilling bereits bezahlt, treffen würde. Dagegen ist er
dem Vorschlage nicht abgeneigt, daß der Staat eines Tages decretire: von nun ,
an sei jede weitere Steigerung der Grundrente dieser besondern Belastung zu
unterwerfen. Der Versuch Pfeiffers, durch diese Unterscheidung von Grundein-
kommen- und Grundrentensteuer mehr Klarheit in die Sache zu bringen, ist
in das directe Gegentheil umgeschlagen. Ist es doch gerade das Verdienst der
neueren Finanzwissenschaft, den vagen' Begriff der Grundsteuer zu dem der
Grundrentensteuer präcisirt zu haben. Welche heillose Confusion aber die Pfeiffer-
sche Anordnung verursachen kann, bezeugt der Verf. in seinem eignen Werke. Wo
es sich (II. 203) darum handelt, ob die Landwirthe zur Gewerbesteuer heranzu-
ziehn seien, meint er: "Obwohl außer Zweifel, daß die Landwirthschaft ein ge¬
werbliches Unternehmen sei. dürfen doch diejenigen, welche durch eine Grund-
einkvmmenstcuer bereits getroffen sind, nicht zum zweiten Male von der Ge¬
werbesteuer berührt werden. Dagegen müssen um so mehr Pächter und solche,
die von keiner Grund- oder Bergwerksstcuer berührt werden, hier hereinge¬
zogen werden." Der Pächter also, wie durchaus in Ordnung, wird mit Ge¬
werbesteuer belegt, die Grundeinkommcnsteucr des durch ihn bewirthschafteten
Bodens trägt der Vcrvächtcr. Nun umfaßt aber die Pfeiffersche Grundeinkom-
mensteuer, wenn sie überhaupt begreiflich sein soll, nicht allein die Grundrente,
sondern auch Capitalzins und Erwcrbsverdienst. Der Verpächtcr wird also für
ein Einkommen besteuert, welches, wie wenigstens der Erwerbsverdienst, nur
vom Pächter bezogen werden kann. Und mehr noch: derselbe Capitalzins und
derselbe Erwcrbsverdienst würden durch die Belegung des Pächters mit Ge¬
werbesteuer noch einmal belastet!

Weniger verwickelt, als bei der Untersuchung der Grundsteuer gestaltet sich
die Kritik der übrigen Schätzungen. Gelegentlich der Haussteuer freilich be¬
fürwortet der Verfasser wieder ganz wie oben eine Extrabcsteucrung der Gründ¬
ete, gründet aber auch hier auf die angebliche Unmöglichkeit, die letztere auch
nur annähernd festzustellen, sein ablehnendes Votum. -- Ferner finden die Ge¬
werbe-, die Lohn-, die Zinseinkommenstcuer eingehende Besprechung.
Bei allen aber scheinen ihm die unleugbaren Nachtheile dre Vortheile weitaus


einkommen hat Pfeiffer das gesammte landwirthschaftliche Einkommen, also nicht -
allein die Grundrente, sondern auch den Capitcilzius und den Arbeitslohn
resp. Erwcrbsverdienst zusammengeworfen, und wir können ihn nicht anders
verstehen, als daß er die Absicht hat, die Grundrente noch besonders zu be-
steuern. Und warum das? Weil er sie, die ohne alle Mühe entstanden und
fortwährend gewachsen, insofern sie ausschließlich dem zufälligen Besitzer zu gute
kommt, für ein ungerechtfertigtes Einkommen hält. Freilich erkennt er gleich
selbst, daß diese Extrasteuer nur in sehr wenigen Fällen den ursprünglich Be¬
reichertem, in den meisten spätere Käufer, die den plötzlichen Werthzuwachs der
Grundstücke im Kaufschilling bereits bezahlt, treffen würde. Dagegen ist er
dem Vorschlage nicht abgeneigt, daß der Staat eines Tages decretire: von nun ,
an sei jede weitere Steigerung der Grundrente dieser besondern Belastung zu
unterwerfen. Der Versuch Pfeiffers, durch diese Unterscheidung von Grundein-
kommen- und Grundrentensteuer mehr Klarheit in die Sache zu bringen, ist
in das directe Gegentheil umgeschlagen. Ist es doch gerade das Verdienst der
neueren Finanzwissenschaft, den vagen' Begriff der Grundsteuer zu dem der
Grundrentensteuer präcisirt zu haben. Welche heillose Confusion aber die Pfeiffer-
sche Anordnung verursachen kann, bezeugt der Verf. in seinem eignen Werke. Wo
es sich (II. 203) darum handelt, ob die Landwirthe zur Gewerbesteuer heranzu-
ziehn seien, meint er: „Obwohl außer Zweifel, daß die Landwirthschaft ein ge¬
werbliches Unternehmen sei. dürfen doch diejenigen, welche durch eine Grund-
einkvmmenstcuer bereits getroffen sind, nicht zum zweiten Male von der Ge¬
werbesteuer berührt werden. Dagegen müssen um so mehr Pächter und solche,
die von keiner Grund- oder Bergwerksstcuer berührt werden, hier hereinge¬
zogen werden." Der Pächter also, wie durchaus in Ordnung, wird mit Ge¬
werbesteuer belegt, die Grundeinkommcnsteucr des durch ihn bewirthschafteten
Bodens trägt der Vcrvächtcr. Nun umfaßt aber die Pfeiffersche Grundeinkom-
mensteuer, wenn sie überhaupt begreiflich sein soll, nicht allein die Grundrente,
sondern auch Capitalzins und Erwcrbsverdienst. Der Verpächtcr wird also für
ein Einkommen besteuert, welches, wie wenigstens der Erwerbsverdienst, nur
vom Pächter bezogen werden kann. Und mehr noch: derselbe Capitalzins und
derselbe Erwcrbsverdienst würden durch die Belegung des Pächters mit Ge¬
werbesteuer noch einmal belastet!

Weniger verwickelt, als bei der Untersuchung der Grundsteuer gestaltet sich
die Kritik der übrigen Schätzungen. Gelegentlich der Haussteuer freilich be¬
fürwortet der Verfasser wieder ganz wie oben eine Extrabcsteucrung der Gründ¬
ete, gründet aber auch hier auf die angebliche Unmöglichkeit, die letztere auch
nur annähernd festzustellen, sein ablehnendes Votum. — Ferner finden die Ge¬
werbe-, die Lohn-, die Zinseinkommenstcuer eingehende Besprechung.
Bei allen aber scheinen ihm die unleugbaren Nachtheile dre Vortheile weitaus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/499>, abgerufen am 27.09.2024.