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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Un lektercnr die Unbestimmtheit des Begriffes zum großen Theile Schuld ge¬
wesen. So war es denn Pfeiffers Absicht, vor allem Klarheit in das Wesen
dieser Auflage zu bringen. Zu dem Ende eruirt er aus dem Namen derselben nicht
weniger als vier verschiedene Steuern: eine Urgrund-, eine Grundlehn-, eine
Gruudeinkvmmen- und eine Grundrentensteuer. Unter der Urgrundsteuer
versteht er die Abgabe, mit welcher das Grundeigenthum schon in frühester
Zeit, wo man an eine Besteuerung sämmtlicher Einkommcnzwcige noch nicht
dachte, ausschließlich belastet wurde, und zwar nicht im Verhältniß zum Rein¬
ertrage, sondern lediglich zu der Große des Bestes. In Wahrheit und auf
die Dauer jedoch konnte sie offenbar nur auf der Thatsache fußen, daß hier ein
stcuerfähigcs Einkommen vorhanden war. Im Grunde also war sie eine Ein¬
kommensteuer, nur mit höchst irrationeller Veranlagung. Später nun, als man
den Grundsatz aussprach, jedes reine Einkommen gleichmäßig zu belasten, konnte
die Aufgabe der bisherigen Grundsteuer gegenüber natürlich keine andere sein,
als die irrationelle Veranlagung in eine rationelle umzuwandeln, keineswegs
aber, neben der bereits bestehenden Steuer die neue Einkommensteuer noch be¬
sonders einzuführen. Die andern Einkvmmenzweige, welche bis dahin frei aus¬
gegangen, waren früher entweder ebenfalls steuersähig, oder sie waren es nicht.
Waren sie steuerfähig, so lag in der ausschließlichen Heranziehung des Grund¬
einkommens eine Ungerechtigkeit, welche allein durch die gleichmäßige Erfassung
auch jener zu heben war. Waren sie nicht steuersähig, so zeigte die nunmeh¬
rige Belastung, daß sie es mittlerweile geworden, und es ist kein Grund vor¬
handen, daß das aus ihnen gezogene reine Einkommen in geringerem Grade als
das Grundeinkommen belastet werden solle. Wie daher Pfeiffer bei Einführung
der Grundeinkommensteucr die Beibehaltung, beziehentlich Ablösung seiner "Ur¬
grundsteuer" verlangen kann, ist schwer zu begreifen. Seine Grund lehr"
sieuer aber gehört bei Licht besehen gar nicht hierher. Sie ist eine in Geld
umgewandelte Rcallast aus den Zeiten des gutsherrlichen Verbandes, wobei
nur der zufällige Umstand obwaltet, daß nicht ein Privatlehnsherr, sondern der
Staat der Berechtigte ist.

Eine Grundeinkommensteucr kann nur erhoben werden von dem
Reinertrag des Bodens, d. h. von der Grundrente. Kaum trauen wir daher
unsern Augen, wenn wir nach Abhandlung der Grundeinkommensteuer im vorliegen¬
den Buche noch einen langen Abschnitt über eine Grundrentensteuer finden.
Hier wird zunächst sehr ausführlich die Entstehung und das Wesen der Grund¬
rente dargelegt, dann erklärt, daß gegen eine Besteuerung derselben rechtlich
durchaus nichts einzuwenden ist, schließlich aber bemerkt, daß eine solche wegen
der absoluten Unberechenbarkeit des Objects nicht ausführbar sei. Wo in aller
Welt steckt denn nun aber der Gegenstand der Pfeifferschen Grundeinkommen¬
steucr? . . . Es bleibt uns nur die Annahme übrig: unter dem Begriff Grund'


Un lektercnr die Unbestimmtheit des Begriffes zum großen Theile Schuld ge¬
wesen. So war es denn Pfeiffers Absicht, vor allem Klarheit in das Wesen
dieser Auflage zu bringen. Zu dem Ende eruirt er aus dem Namen derselben nicht
weniger als vier verschiedene Steuern: eine Urgrund-, eine Grundlehn-, eine
Gruudeinkvmmen- und eine Grundrentensteuer. Unter der Urgrundsteuer
versteht er die Abgabe, mit welcher das Grundeigenthum schon in frühester
Zeit, wo man an eine Besteuerung sämmtlicher Einkommcnzwcige noch nicht
dachte, ausschließlich belastet wurde, und zwar nicht im Verhältniß zum Rein¬
ertrage, sondern lediglich zu der Große des Bestes. In Wahrheit und auf
die Dauer jedoch konnte sie offenbar nur auf der Thatsache fußen, daß hier ein
stcuerfähigcs Einkommen vorhanden war. Im Grunde also war sie eine Ein¬
kommensteuer, nur mit höchst irrationeller Veranlagung. Später nun, als man
den Grundsatz aussprach, jedes reine Einkommen gleichmäßig zu belasten, konnte
die Aufgabe der bisherigen Grundsteuer gegenüber natürlich keine andere sein,
als die irrationelle Veranlagung in eine rationelle umzuwandeln, keineswegs
aber, neben der bereits bestehenden Steuer die neue Einkommensteuer noch be¬
sonders einzuführen. Die andern Einkvmmenzweige, welche bis dahin frei aus¬
gegangen, waren früher entweder ebenfalls steuersähig, oder sie waren es nicht.
Waren sie steuerfähig, so lag in der ausschließlichen Heranziehung des Grund¬
einkommens eine Ungerechtigkeit, welche allein durch die gleichmäßige Erfassung
auch jener zu heben war. Waren sie nicht steuersähig, so zeigte die nunmeh¬
rige Belastung, daß sie es mittlerweile geworden, und es ist kein Grund vor¬
handen, daß das aus ihnen gezogene reine Einkommen in geringerem Grade als
das Grundeinkommen belastet werden solle. Wie daher Pfeiffer bei Einführung
der Grundeinkommensteucr die Beibehaltung, beziehentlich Ablösung seiner „Ur¬
grundsteuer" verlangen kann, ist schwer zu begreifen. Seine Grund lehr«
sieuer aber gehört bei Licht besehen gar nicht hierher. Sie ist eine in Geld
umgewandelte Rcallast aus den Zeiten des gutsherrlichen Verbandes, wobei
nur der zufällige Umstand obwaltet, daß nicht ein Privatlehnsherr, sondern der
Staat der Berechtigte ist.

Eine Grundeinkommensteucr kann nur erhoben werden von dem
Reinertrag des Bodens, d. h. von der Grundrente. Kaum trauen wir daher
unsern Augen, wenn wir nach Abhandlung der Grundeinkommensteuer im vorliegen¬
den Buche noch einen langen Abschnitt über eine Grundrentensteuer finden.
Hier wird zunächst sehr ausführlich die Entstehung und das Wesen der Grund¬
rente dargelegt, dann erklärt, daß gegen eine Besteuerung derselben rechtlich
durchaus nichts einzuwenden ist, schließlich aber bemerkt, daß eine solche wegen
der absoluten Unberechenbarkeit des Objects nicht ausführbar sei. Wo in aller
Welt steckt denn nun aber der Gegenstand der Pfeifferschen Grundeinkommen¬
steucr? . . . Es bleibt uns nur die Annahme übrig: unter dem Begriff Grund'


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[0498] Un lektercnr die Unbestimmtheit des Begriffes zum großen Theile Schuld ge¬ wesen. So war es denn Pfeiffers Absicht, vor allem Klarheit in das Wesen dieser Auflage zu bringen. Zu dem Ende eruirt er aus dem Namen derselben nicht weniger als vier verschiedene Steuern: eine Urgrund-, eine Grundlehn-, eine Gruudeinkvmmen- und eine Grundrentensteuer. Unter der Urgrundsteuer versteht er die Abgabe, mit welcher das Grundeigenthum schon in frühester Zeit, wo man an eine Besteuerung sämmtlicher Einkommcnzwcige noch nicht dachte, ausschließlich belastet wurde, und zwar nicht im Verhältniß zum Rein¬ ertrage, sondern lediglich zu der Große des Bestes. In Wahrheit und auf die Dauer jedoch konnte sie offenbar nur auf der Thatsache fußen, daß hier ein stcuerfähigcs Einkommen vorhanden war. Im Grunde also war sie eine Ein¬ kommensteuer, nur mit höchst irrationeller Veranlagung. Später nun, als man den Grundsatz aussprach, jedes reine Einkommen gleichmäßig zu belasten, konnte die Aufgabe der bisherigen Grundsteuer gegenüber natürlich keine andere sein, als die irrationelle Veranlagung in eine rationelle umzuwandeln, keineswegs aber, neben der bereits bestehenden Steuer die neue Einkommensteuer noch be¬ sonders einzuführen. Die andern Einkvmmenzweige, welche bis dahin frei aus¬ gegangen, waren früher entweder ebenfalls steuersähig, oder sie waren es nicht. Waren sie steuerfähig, so lag in der ausschließlichen Heranziehung des Grund¬ einkommens eine Ungerechtigkeit, welche allein durch die gleichmäßige Erfassung auch jener zu heben war. Waren sie nicht steuersähig, so zeigte die nunmeh¬ rige Belastung, daß sie es mittlerweile geworden, und es ist kein Grund vor¬ handen, daß das aus ihnen gezogene reine Einkommen in geringerem Grade als das Grundeinkommen belastet werden solle. Wie daher Pfeiffer bei Einführung der Grundeinkommensteucr die Beibehaltung, beziehentlich Ablösung seiner „Ur¬ grundsteuer" verlangen kann, ist schwer zu begreifen. Seine Grund lehr« sieuer aber gehört bei Licht besehen gar nicht hierher. Sie ist eine in Geld umgewandelte Rcallast aus den Zeiten des gutsherrlichen Verbandes, wobei nur der zufällige Umstand obwaltet, daß nicht ein Privatlehnsherr, sondern der Staat der Berechtigte ist. Eine Grundeinkommensteucr kann nur erhoben werden von dem Reinertrag des Bodens, d. h. von der Grundrente. Kaum trauen wir daher unsern Augen, wenn wir nach Abhandlung der Grundeinkommensteuer im vorliegen¬ den Buche noch einen langen Abschnitt über eine Grundrentensteuer finden. Hier wird zunächst sehr ausführlich die Entstehung und das Wesen der Grund¬ rente dargelegt, dann erklärt, daß gegen eine Besteuerung derselben rechtlich durchaus nichts einzuwenden ist, schließlich aber bemerkt, daß eine solche wegen der absoluten Unberechenbarkeit des Objects nicht ausführbar sei. Wo in aller Welt steckt denn nun aber der Gegenstand der Pfeifferschen Grundeinkommen¬ steucr? . . . Es bleibt uns nur die Annahme übrig: unter dem Begriff Grund'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/498>, abgerufen am 27.09.2024.