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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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gelten die Kosten der Bergung. Communkosten, auch Losckungökosten :c. genannt,
abgezogen; dann erhalten die Berger V- bis meist der Strandherr direct
ebenfalls '/" oder unter anderer Form die dabei beteiligten Beamten neben
den in die herrschaftliche Casse fließenden meist sehr hohen Gebühren gewisse
Procente, die zwischen 6"/-> und 22"/" schwanken, und erst der Rest kommt dem
Rheder oder Schiffseigenthümer zu; doch sind von diesem Rest dann noch ver¬
schiedene Ausgaben, z. B. die Verzehrungskosten für die etwa gerettete Mannschaft
zu bezahlen, und vor Entrichtung aller dieser Beträge darf an den Rheder nichts
ausgeliefert werden.

Ohne Ausnahme wird den Bcrgcrn ein Pfand- und Retentionsrecht an
den geborgenen Sachen zugestanden, und schon dieser Umstand zeigt, wie sehr
das Interesse für die Berger vorherrschend und für die Gesetzgebung bestimmend
war. Was dann für den Schiffer oder Rheder blieb, mögen einige Beispiele
zeigen.

Im Jahre 1739 scheiterte das mit Holz beladene oldcnburgische Barkschiff
Fortuna, Schiffer Wcssels, an der jütländischen Küste aus einer Besitzung des
Grafen von Rantzau in der Nähe der Insel Nun. Obwohl die Ladung fast
ganz und von dem Schiffe große Stücke gerettet wurden, blieb für den Rhe¬
der auch nicht das mindeste übrig. Der Schiffer deponirte nachher eidlich: "Wenn
er die Kosten, welche der Sirandung wegen von ihm gefordert wären, nach
der davon gemachten Rechnung hätte bezahlen sollen, hätte die Ladung
sammt dem Schiffe nicht zugereicht, und habe er sich daher nur gern mit 4 THU'.
Reisegeld begnügen müssen."

1752 scheiterte die holländische Sloop "Maria", Schiffer Nieland, an der
Insel Juist. Die geretteten Gegenstände wurden öffentlich verkauft zu einem
Preise von 1321 Thlr. Davon wurden zunächst die Kosten der Bergung, der
Lagerung und des Verkaufs der Waaren in Abzug gebracht mit 241 Thlr.
Der Rest mit 1080 Thlr. wurde der juister Strandungsrolle gemäß unter den
Fürsten von Ostfriesland, die Berger und den Rheder in drei gleiche Theile
getheilt, sodaß jeder 3K0 Thlr. erhielt. An den Antheil des Nhcders wurde
nun aber noch für Verpflegung und Weiterschaffung der geretteten Mann¬
schaft ". eine Forderung von 4S2 Thlr. erhoben, und da sonach schon 92 Thlr.
mehr als sein Antheil verwandt waren, erhielt der Rheder nichts und Fürst
und Berger mußten sich noch ihren Antheil um je 46 Thlr. kürzen lassen. Be¬
denkt man nun aber, daß sowohl die sog. Communkvsten, wie die von dem
Rheder zu entrichtenden Kosten schließlich wieder in die Hände derselben Per¬
sonen fließen, die auch den Bergelohn beziehen, so ergibt sich als Resultat, daß
von dem Gesammtwerth der geretteten Waaren mit 1321 Thlrn. der Strand¬
herr mit 314 Thlr. und die Strandbewohner mit 1007 Thlr. sich in die Beute
theilen und der Rheder das leere nachsehn hat.


gelten die Kosten der Bergung. Communkosten, auch Losckungökosten :c. genannt,
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Rheder oder Schiffseigenthümer zu; doch sind von diesem Rest dann noch ver¬
schiedene Ausgaben, z. B. die Verzehrungskosten für die etwa gerettete Mannschaft
zu bezahlen, und vor Entrichtung aller dieser Beträge darf an den Rheder nichts
ausgeliefert werden.

Ohne Ausnahme wird den Bcrgcrn ein Pfand- und Retentionsrecht an
den geborgenen Sachen zugestanden, und schon dieser Umstand zeigt, wie sehr
das Interesse für die Berger vorherrschend und für die Gesetzgebung bestimmend
war. Was dann für den Schiffer oder Rheder blieb, mögen einige Beispiele
zeigen.

Im Jahre 1739 scheiterte das mit Holz beladene oldcnburgische Barkschiff
Fortuna, Schiffer Wcssels, an der jütländischen Küste aus einer Besitzung des
Grafen von Rantzau in der Nähe der Insel Nun. Obwohl die Ladung fast
ganz und von dem Schiffe große Stücke gerettet wurden, blieb für den Rhe¬
der auch nicht das mindeste übrig. Der Schiffer deponirte nachher eidlich: „Wenn
er die Kosten, welche der Sirandung wegen von ihm gefordert wären, nach
der davon gemachten Rechnung hätte bezahlen sollen, hätte die Ladung
sammt dem Schiffe nicht zugereicht, und habe er sich daher nur gern mit 4 THU'.
Reisegeld begnügen müssen."

1752 scheiterte die holländische Sloop „Maria", Schiffer Nieland, an der
Insel Juist. Die geretteten Gegenstände wurden öffentlich verkauft zu einem
Preise von 1321 Thlr. Davon wurden zunächst die Kosten der Bergung, der
Lagerung und des Verkaufs der Waaren in Abzug gebracht mit 241 Thlr.
Der Rest mit 1080 Thlr. wurde der juister Strandungsrolle gemäß unter den
Fürsten von Ostfriesland, die Berger und den Rheder in drei gleiche Theile
getheilt, sodaß jeder 3K0 Thlr. erhielt. An den Antheil des Nhcders wurde
nun aber noch für Verpflegung und Weiterschaffung der geretteten Mann¬
schaft «. eine Forderung von 4S2 Thlr. erhoben, und da sonach schon 92 Thlr.
mehr als sein Antheil verwandt waren, erhielt der Rheder nichts und Fürst
und Berger mußten sich noch ihren Antheil um je 46 Thlr. kürzen lassen. Be¬
denkt man nun aber, daß sowohl die sog. Communkvsten, wie die von dem
Rheder zu entrichtenden Kosten schließlich wieder in die Hände derselben Per¬
sonen fließen, die auch den Bergelohn beziehen, so ergibt sich als Resultat, daß
von dem Gesammtwerth der geretteten Waaren mit 1321 Thlrn. der Strand¬
herr mit 314 Thlr. und die Strandbewohner mit 1007 Thlr. sich in die Beute
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/418>, abgerufen am 21.10.2024.