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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Der Bug hat, wie wir schon sagten, die weit vorschießende französische
Widdersorm*). Auch am Deck fällt der Vorsteven, (vordere Kante des Schiffs)
nicht senkrecht nieder, um sich erst unten nach vorn auszuwölben, vielmehr
geht diese Kante sogleich schräg vorwärts und endigt dann in einem colossalen,
unter ganz spitzem Winkel ins Wasser gehenden massiven Sporn, wie die fran¬
zösischen Panzerlinienschiffe "Magenta" und "Solferino" ihn besitzen, und in
etwas anderer Form auch die neueren französischen Panzercorvetten vom Typus
"Alma". Da indessen diese schräge Form das Herauslaufen der durch den
Sporn aufgeworfenen Wellen am Bug sehr begünstigt, hatte sich bei allen
Fahrten des "Prinz Adalbert" der Uebelstand herausgestellt, daß das Wasser
in Strömen durch die Klüsen (Oeffnungen für die Ankerketten) in den Bug
hereinlief. Um dem abzuhelfen, ist man nun gegenwärtig beschäftigt, in Geeste-
münde. wo der "Prinz Adalbert" augenblicklich abgetakelt liegt, um den Bug
(wie als Hülse über den Klüsen) einen Vorbau anzusetzen, wie eine Console
von halbmondförmigen Horizontalschnitt, deren oberer Theil sich weiter nach
außen krümmt als der untere, also die auflaufenden Wellen zurückzuwerfen
geeignet ist. Das Fahrzeug, im Uebrigen ganz schwarzgrau angestrichen, hat
für den Augenblick durch diesen Wellenbrecher, der noch rois gefirnißt ist, mit
den beiden großen schwarzen Augen der Klüsen einen ganz seltsamen, an chinesi¬
sche Drachengesichter mahnenden Ausdruck erhalten.

Die durchschnittlich 4 Zoll starken Panzerplatten des Rumpfs schließen
nicht fest aneinander, sondern haben verkittete Fugen, angeblich um die Aus¬
dehnung des Eisens durch die Wärme in heißen Klimaten zu gestatten. Steht
man vor dem Schiff, so sieht man, wie die Panzerung den Körper derart deckt,
daß die unterste Plattenlage, in welche die Wasserlinie fällt, senkrecht steht,
aber die nächste nach innen geneigt ist, um durch die schräge Lage den Wider¬
stand gegen feindliche Geschosse zu vermehren. Auch weiter aufwärts setzt sich
die Schiffswand in derselben Neigung fort, aber mit einem Absatz, da dieser
obere Theil der Schiffswand nicht gepanzert oder nur mit schwachen Platten
belegt und somit bedeutend dünner ist, als der untere. Ueber Deck erheben
sich die Reilings, die Brüstung, etwa 4'/-- Fuß, also ziemlich hoch und an
den beiden Stellen, wo die Casemattenthürme stehn, fallen dieselben natürlich
mit den Wänden der letzteren zusammen, da diese Thürme die ganze Deckbreite
einnehmen.

Wie wir bereits gelegentlich der Beschreibung des "Arminius" auseinander
setzten, unterscheidet sich das Casemattensystem vom Breitseitensystem dadurch,



-) DaS englische Wort rs.in bedeutet eben "Widder", keineswegs aber das total ver¬
schiedene "Raume", womit es. oft in schlechten Uebersetzungen wiedergegeben wird.

Der Bug hat, wie wir schon sagten, die weit vorschießende französische
Widdersorm*). Auch am Deck fällt der Vorsteven, (vordere Kante des Schiffs)
nicht senkrecht nieder, um sich erst unten nach vorn auszuwölben, vielmehr
geht diese Kante sogleich schräg vorwärts und endigt dann in einem colossalen,
unter ganz spitzem Winkel ins Wasser gehenden massiven Sporn, wie die fran¬
zösischen Panzerlinienschiffe „Magenta" und „Solferino" ihn besitzen, und in
etwas anderer Form auch die neueren französischen Panzercorvetten vom Typus
„Alma". Da indessen diese schräge Form das Herauslaufen der durch den
Sporn aufgeworfenen Wellen am Bug sehr begünstigt, hatte sich bei allen
Fahrten des „Prinz Adalbert" der Uebelstand herausgestellt, daß das Wasser
in Strömen durch die Klüsen (Oeffnungen für die Ankerketten) in den Bug
hereinlief. Um dem abzuhelfen, ist man nun gegenwärtig beschäftigt, in Geeste-
münde. wo der „Prinz Adalbert" augenblicklich abgetakelt liegt, um den Bug
(wie als Hülse über den Klüsen) einen Vorbau anzusetzen, wie eine Console
von halbmondförmigen Horizontalschnitt, deren oberer Theil sich weiter nach
außen krümmt als der untere, also die auflaufenden Wellen zurückzuwerfen
geeignet ist. Das Fahrzeug, im Uebrigen ganz schwarzgrau angestrichen, hat
für den Augenblick durch diesen Wellenbrecher, der noch rois gefirnißt ist, mit
den beiden großen schwarzen Augen der Klüsen einen ganz seltsamen, an chinesi¬
sche Drachengesichter mahnenden Ausdruck erhalten.

Die durchschnittlich 4 Zoll starken Panzerplatten des Rumpfs schließen
nicht fest aneinander, sondern haben verkittete Fugen, angeblich um die Aus¬
dehnung des Eisens durch die Wärme in heißen Klimaten zu gestatten. Steht
man vor dem Schiff, so sieht man, wie die Panzerung den Körper derart deckt,
daß die unterste Plattenlage, in welche die Wasserlinie fällt, senkrecht steht,
aber die nächste nach innen geneigt ist, um durch die schräge Lage den Wider¬
stand gegen feindliche Geschosse zu vermehren. Auch weiter aufwärts setzt sich
die Schiffswand in derselben Neigung fort, aber mit einem Absatz, da dieser
obere Theil der Schiffswand nicht gepanzert oder nur mit schwachen Platten
belegt und somit bedeutend dünner ist, als der untere. Ueber Deck erheben
sich die Reilings, die Brüstung, etwa 4'/-- Fuß, also ziemlich hoch und an
den beiden Stellen, wo die Casemattenthürme stehn, fallen dieselben natürlich
mit den Wänden der letzteren zusammen, da diese Thürme die ganze Deckbreite
einnehmen.

Wie wir bereits gelegentlich der Beschreibung des „Arminius" auseinander
setzten, unterscheidet sich das Casemattensystem vom Breitseitensystem dadurch,



-) DaS englische Wort rs.in bedeutet eben „Widder", keineswegs aber das total ver¬
schiedene „Raume", womit es. oft in schlechten Uebersetzungen wiedergegeben wird.
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[0386] Der Bug hat, wie wir schon sagten, die weit vorschießende französische Widdersorm*). Auch am Deck fällt der Vorsteven, (vordere Kante des Schiffs) nicht senkrecht nieder, um sich erst unten nach vorn auszuwölben, vielmehr geht diese Kante sogleich schräg vorwärts und endigt dann in einem colossalen, unter ganz spitzem Winkel ins Wasser gehenden massiven Sporn, wie die fran¬ zösischen Panzerlinienschiffe „Magenta" und „Solferino" ihn besitzen, und in etwas anderer Form auch die neueren französischen Panzercorvetten vom Typus „Alma". Da indessen diese schräge Form das Herauslaufen der durch den Sporn aufgeworfenen Wellen am Bug sehr begünstigt, hatte sich bei allen Fahrten des „Prinz Adalbert" der Uebelstand herausgestellt, daß das Wasser in Strömen durch die Klüsen (Oeffnungen für die Ankerketten) in den Bug hereinlief. Um dem abzuhelfen, ist man nun gegenwärtig beschäftigt, in Geeste- münde. wo der „Prinz Adalbert" augenblicklich abgetakelt liegt, um den Bug (wie als Hülse über den Klüsen) einen Vorbau anzusetzen, wie eine Console von halbmondförmigen Horizontalschnitt, deren oberer Theil sich weiter nach außen krümmt als der untere, also die auflaufenden Wellen zurückzuwerfen geeignet ist. Das Fahrzeug, im Uebrigen ganz schwarzgrau angestrichen, hat für den Augenblick durch diesen Wellenbrecher, der noch rois gefirnißt ist, mit den beiden großen schwarzen Augen der Klüsen einen ganz seltsamen, an chinesi¬ sche Drachengesichter mahnenden Ausdruck erhalten. Die durchschnittlich 4 Zoll starken Panzerplatten des Rumpfs schließen nicht fest aneinander, sondern haben verkittete Fugen, angeblich um die Aus¬ dehnung des Eisens durch die Wärme in heißen Klimaten zu gestatten. Steht man vor dem Schiff, so sieht man, wie die Panzerung den Körper derart deckt, daß die unterste Plattenlage, in welche die Wasserlinie fällt, senkrecht steht, aber die nächste nach innen geneigt ist, um durch die schräge Lage den Wider¬ stand gegen feindliche Geschosse zu vermehren. Auch weiter aufwärts setzt sich die Schiffswand in derselben Neigung fort, aber mit einem Absatz, da dieser obere Theil der Schiffswand nicht gepanzert oder nur mit schwachen Platten belegt und somit bedeutend dünner ist, als der untere. Ueber Deck erheben sich die Reilings, die Brüstung, etwa 4'/-- Fuß, also ziemlich hoch und an den beiden Stellen, wo die Casemattenthürme stehn, fallen dieselben natürlich mit den Wänden der letzteren zusammen, da diese Thürme die ganze Deckbreite einnehmen. Wie wir bereits gelegentlich der Beschreibung des „Arminius" auseinander setzten, unterscheidet sich das Casemattensystem vom Breitseitensystem dadurch, -) DaS englische Wort rs.in bedeutet eben „Widder", keineswegs aber das total ver¬ schiedene „Raume", womit es. oft in schlechten Uebersetzungen wiedergegeben wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/386>, abgerufen am 27.09.2024.