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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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lenaxe der Geschütze nur etwa 18 Z>,it über dem Oberdeck, ohne daß jedoch
Gefahr vorhanden wäre, mit dem hö-cuer der Geschütze daS Deck in Brand zu
stecken, wie dies die Schießübungen hinreichend bewiesen haben. Die Anwrung
jedes Thurmes besteht aus 2 gan^ schiveren Kanonen, deren Gattung aber seit¬
her mannigfach gewechselt hat. Ursprünglich waren englische gezogene 120Psün-
der in Aussicht genommen; später aber, als die Fortschritte der P.in^erung das
Bedürfniß nach einem stärkern Kaliber herantreten ließen. sol-ne er 300pfundige
Armstrong-Hinterlader (schmiedeeiserne, aus übereinander gezogenen Elsenröhrcn
hergestellte) Geschütze von 10'/- Zoll Kaliber tragen. wie sie jetzt nur an Bord
der allerstärksten englischen Panzerschiffe "Minotaur". "Bellerophon", "Royal So-
vercign" "Scorpion", und auch da nur in geringer Zahl geführt werden. Die
Geschützrohre dieses Kalibers wiegen bei 10 Fuß Länge und 2 Fuß Dicke an
der Mündung, 4 Fuß Dicke hinten am Stoß, nicht weniger als 12 Tons eng¬
lisch, also 240 Centner; die Wandstärke ist auf eine Pulverladung von 35--
40 Pfund für einen einzelnen Schuß bemessen, und mit dieser enormen (5xpan-
sivkraft werden auf den Gegner entweder längliche (cylindro-ogivale) Hvhige-
schösse mit Sprengladung oder etwas kürzere Vollgeschosse desselben Durchmessers
von 300 Pfund Gewicht geschleudert, die übrigens sämmtlich verstählte Spitzen
haben. So furchtbar aber auch diese Offensivwaffen waren, man sah sich doch
genöthigt, noch andere in gewisser Beziehung wirksamere Geschütze zu wählen,
die zugleich das Schiff weniger beschweren sollten. Man nahm 4 gezogene
72Minder von Kruppschem GußstadI*). Diese hatten nur ein Nobrgcwicht
von 130 Zoll-Centner. wozu noch die 20 Centner schwere schmiedeeiserne La¬
fette kam, und sie schlenderten mit 16 Pfund Pulverladung Hohigeschvsse von
etwas über 200 Zollpfund und Vollgeschosse von 225 Pfund mit einer Wir¬
kung, welche bei der bessern Construction die der englischen Geschütze noch über¬
traf. Denn sie schlugen ans 650 Schritt durch 4'/" zottige massive Panzerplatten
auf dem Schießplatz von Tegel glatt hindurch, sodaß sie in der Schiffswand
^hinter explodirten. namentlich als man Stahlgcschosse aus schwedischen Eisen
oder Hartguß-Geschosse von Grüson aus Buckau bei Magdeburg verwandte.
Bei der zunehmenden Vervollkommnung der Panzerung jedoch gab man dem
"Arminius" statt dessen 72Pfünder aus Vronzc. die noch zäher, wenn auch
schwerer als der Gnßstcchl ist, um durch eine Vergrößerung der Pulverladung
auf 22 Pfund noch mehr auszurichten. Und man hat auch wirtlich auf diese



') Hierbei bemerken wir. daß blos die Engländer Effectivkalibcr. wir Preußen aber Na-
minattalibcr haben d. h daß die Engländer ihr- Geschütze nach der Schwere des tauglichen
Geschosse" benennen das wirklich daraus geschossen wird, während man fre be. uns nach
d°in Gewicht der Rundkuqel benennt, die daraus geschossen werden könnte d.e aber nalnr-
U-l) ziemlich dreimal leichter ist. als das bedeutend längere Spihgeschoß desselben Durch.
Messers,
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lenaxe der Geschütze nur etwa 18 Z>,it über dem Oberdeck, ohne daß jedoch
Gefahr vorhanden wäre, mit dem hö-cuer der Geschütze daS Deck in Brand zu
stecken, wie dies die Schießübungen hinreichend bewiesen haben. Die Anwrung
jedes Thurmes besteht aus 2 gan^ schiveren Kanonen, deren Gattung aber seit¬
her mannigfach gewechselt hat. Ursprünglich waren englische gezogene 120Psün-
der in Aussicht genommen; später aber, als die Fortschritte der P.in^erung das
Bedürfniß nach einem stärkern Kaliber herantreten ließen. sol-ne er 300pfundige
Armstrong-Hinterlader (schmiedeeiserne, aus übereinander gezogenen Elsenröhrcn
hergestellte) Geschütze von 10'/- Zoll Kaliber tragen. wie sie jetzt nur an Bord
der allerstärksten englischen Panzerschiffe „Minotaur". „Bellerophon", „Royal So-
vercign" „Scorpion", und auch da nur in geringer Zahl geführt werden. Die
Geschützrohre dieses Kalibers wiegen bei 10 Fuß Länge und 2 Fuß Dicke an
der Mündung, 4 Fuß Dicke hinten am Stoß, nicht weniger als 12 Tons eng¬
lisch, also 240 Centner; die Wandstärke ist auf eine Pulverladung von 35—
40 Pfund für einen einzelnen Schuß bemessen, und mit dieser enormen (5xpan-
sivkraft werden auf den Gegner entweder längliche (cylindro-ogivale) Hvhige-
schösse mit Sprengladung oder etwas kürzere Vollgeschosse desselben Durchmessers
von 300 Pfund Gewicht geschleudert, die übrigens sämmtlich verstählte Spitzen
haben. So furchtbar aber auch diese Offensivwaffen waren, man sah sich doch
genöthigt, noch andere in gewisser Beziehung wirksamere Geschütze zu wählen,
die zugleich das Schiff weniger beschweren sollten. Man nahm 4 gezogene
72Minder von Kruppschem GußstadI*). Diese hatten nur ein Nobrgcwicht
von 130 Zoll-Centner. wozu noch die 20 Centner schwere schmiedeeiserne La¬
fette kam, und sie schlenderten mit 16 Pfund Pulverladung Hohigeschvsse von
etwas über 200 Zollpfund und Vollgeschosse von 225 Pfund mit einer Wir¬
kung, welche bei der bessern Construction die der englischen Geschütze noch über¬
traf. Denn sie schlugen ans 650 Schritt durch 4'/« zottige massive Panzerplatten
auf dem Schießplatz von Tegel glatt hindurch, sodaß sie in der Schiffswand
^hinter explodirten. namentlich als man Stahlgcschosse aus schwedischen Eisen
oder Hartguß-Geschosse von Grüson aus Buckau bei Magdeburg verwandte.
Bei der zunehmenden Vervollkommnung der Panzerung jedoch gab man dem
»Arminius" statt dessen 72Pfünder aus Vronzc. die noch zäher, wenn auch
schwerer als der Gnßstcchl ist, um durch eine Vergrößerung der Pulverladung
auf 22 Pfund noch mehr auszurichten. Und man hat auch wirtlich auf diese



') Hierbei bemerken wir. daß blos die Engländer Effectivkalibcr. wir Preußen aber Na-
minattalibcr haben d. h daß die Engländer ihr- Geschütze nach der Schwere des tauglichen
Geschosse« benennen das wirklich daraus geschossen wird, während man fre be. uns nach
d°in Gewicht der Rundkuqel benennt, die daraus geschossen werden könnte d.e aber nalnr-
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[0305] lenaxe der Geschütze nur etwa 18 Z>,it über dem Oberdeck, ohne daß jedoch Gefahr vorhanden wäre, mit dem hö-cuer der Geschütze daS Deck in Brand zu stecken, wie dies die Schießübungen hinreichend bewiesen haben. Die Anwrung jedes Thurmes besteht aus 2 gan^ schiveren Kanonen, deren Gattung aber seit¬ her mannigfach gewechselt hat. Ursprünglich waren englische gezogene 120Psün- der in Aussicht genommen; später aber, als die Fortschritte der P.in^erung das Bedürfniß nach einem stärkern Kaliber herantreten ließen. sol-ne er 300pfundige Armstrong-Hinterlader (schmiedeeiserne, aus übereinander gezogenen Elsenröhrcn hergestellte) Geschütze von 10'/- Zoll Kaliber tragen. wie sie jetzt nur an Bord der allerstärksten englischen Panzerschiffe „Minotaur". „Bellerophon", „Royal So- vercign" „Scorpion", und auch da nur in geringer Zahl geführt werden. Die Geschützrohre dieses Kalibers wiegen bei 10 Fuß Länge und 2 Fuß Dicke an der Mündung, 4 Fuß Dicke hinten am Stoß, nicht weniger als 12 Tons eng¬ lisch, also 240 Centner; die Wandstärke ist auf eine Pulverladung von 35— 40 Pfund für einen einzelnen Schuß bemessen, und mit dieser enormen (5xpan- sivkraft werden auf den Gegner entweder längliche (cylindro-ogivale) Hvhige- schösse mit Sprengladung oder etwas kürzere Vollgeschosse desselben Durchmessers von 300 Pfund Gewicht geschleudert, die übrigens sämmtlich verstählte Spitzen haben. So furchtbar aber auch diese Offensivwaffen waren, man sah sich doch genöthigt, noch andere in gewisser Beziehung wirksamere Geschütze zu wählen, die zugleich das Schiff weniger beschweren sollten. Man nahm 4 gezogene 72Minder von Kruppschem GußstadI*). Diese hatten nur ein Nobrgcwicht von 130 Zoll-Centner. wozu noch die 20 Centner schwere schmiedeeiserne La¬ fette kam, und sie schlenderten mit 16 Pfund Pulverladung Hohigeschvsse von etwas über 200 Zollpfund und Vollgeschosse von 225 Pfund mit einer Wir¬ kung, welche bei der bessern Construction die der englischen Geschütze noch über¬ traf. Denn sie schlugen ans 650 Schritt durch 4'/« zottige massive Panzerplatten auf dem Schießplatz von Tegel glatt hindurch, sodaß sie in der Schiffswand ^hinter explodirten. namentlich als man Stahlgcschosse aus schwedischen Eisen oder Hartguß-Geschosse von Grüson aus Buckau bei Magdeburg verwandte. Bei der zunehmenden Vervollkommnung der Panzerung jedoch gab man dem »Arminius" statt dessen 72Pfünder aus Vronzc. die noch zäher, wenn auch schwerer als der Gnßstcchl ist, um durch eine Vergrößerung der Pulverladung auf 22 Pfund noch mehr auszurichten. Und man hat auch wirtlich auf diese ') Hierbei bemerken wir. daß blos die Engländer Effectivkalibcr. wir Preußen aber Na- minattalibcr haben d. h daß die Engländer ihr- Geschütze nach der Schwere des tauglichen Geschosse« benennen das wirklich daraus geschossen wird, während man fre be. uns nach d°in Gewicht der Rundkuqel benennt, die daraus geschossen werden könnte d.e aber nalnr- U-l) ziemlich dreimal leichter ist. als das bedeutend längere Spihgeschoß desselben Durch. Messers, ?n Wrwzbvtcn IV. 1««>7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/305>, abgerufen am 27.09.2024.