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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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und brachte sie mit mehreren Modifikationen zur Anwendung, die wir allerdings
sämmtlich für Fehlgriffe halten. Um seinen Schiffen Secfähigkeit zu verleihen,
hatte Coles hohen Bord und eine nicht unbedeutende Takelage gefordert; das
Oberdeck, aus welchem die Geschützkuppeln hervorragten, sollte wenigstens so
hoch zu liegen kommen wie der Untcrdrempcl (Unterkante, eilt) der Geschütz-
Pforten bei Fregatten. Die GesMtzdrehscheiben aber sollten nicht auf dem
Oberdeck selbst stehen, sondern in dasselbe soweit eingelassen sein, daß die Geschütz¬
mündungen gerade über das Oberdeck hinausragten, und daß von ihrer Panze¬
rung, also vom Thurm, nur der kleinere Obertheil den Schüssen ausgesetzt
wäre. Coles hatte zuerst Schilde, etwa wie Uhrgläser über die Geschützdreh-
scbcibe gedeckt, dann runde Kuppeln, dann abgestumpfte konische und schließlich
cylindrische Thürme vorgeschlagen, die aber eben bis zur Geschützmündung in
das Deck eingesenkt sein sollten. Ericson machte dagegen bei seinen Monitors
die Schiffswand so niedrig als möglich, er legte das Deck so tief, daß das
Schiff kaum eine Elle über Wasser ragte und daß eine'Takelage zur Unmög¬
lichkeit wurde. Auf diese Weise nahm er dem Schiffe jede Aussicht auf See¬
fähigkeit, wenn auch das Panzergewicht im ganzen dadurch etwas vermindert
wurde. Da aber die Geschütze nicht so niedrig gestellt werden durften, daß jede
leichte Welle in die Mündungen hineinlaufen konnte, so war er genöthigt, die
Geschütze mit ihren hohen Lafetten auf dem Oberdeck zu placiren, und zu
ihrer Deckung hohe Thürme auf dem Deck zu errichten, sodaß derjenige Theil
der Panzerung, der drehbar, also nicht fest mit dem Schiffe verbunden ist, in
bedenklicher Weise vergrößert wurde. Bei beiden Systemen kann durch Ein¬
nehmen von Wasserballast das Fahrzeug noch etwa um eine Elle gesenkt und
bei ruhiger See den Schüssen des Gegners um so viel entzogen werden. Neh¬
men wir diesen Zustand der Gefechtsbereitschaft als normale Lage an, so ist
der Unterschied zwischen dem Colesschen Kuppelsystem in seiner letzten Form
und dem Ericsonschen (Monitor-) Thurmsystem kurz gefaßt der, daß vom Was¬
serspiegel bis zur Höhe der Geschützpforten bei Coles der ganze Schiffskörper
herausgeht, bei Ericson aber im Bereich dieser Höhe nur die Thürme hervor¬
ragen. Ericson bietet also allerdings weniger Ziclflciche, und hat somit weniger
Panzer nöthig; Coles dagegen exponirt viel weniger vom drehbaren Theil
seines Panzers und hat damit mehr Solidität des Systems gegenüber dem
Anprall der Schüsse; er hat wegen des hohen Bords ferner ein seefähiges
Fahrzeug von großer Offensivkraft, während Ericsons System nur zur Defensive
ausreicht und auch hierbei nie in offensiver Form Verfahren kann. Schließlich hat
Coles den großen Vortheil, Takelage führen zu können, also weite Reisen zu
machen, während Ericson nur kleine Reisen und auch diese nur mit enormem
Kohlcnvcrbrauch ausführen kann. Coles hat hohen Bord und niedrige Thürme,
Ericson niedrigen Bord und hohe Thürme. Als nicht principieller, aber fac-


und brachte sie mit mehreren Modifikationen zur Anwendung, die wir allerdings
sämmtlich für Fehlgriffe halten. Um seinen Schiffen Secfähigkeit zu verleihen,
hatte Coles hohen Bord und eine nicht unbedeutende Takelage gefordert; das
Oberdeck, aus welchem die Geschützkuppeln hervorragten, sollte wenigstens so
hoch zu liegen kommen wie der Untcrdrempcl (Unterkante, eilt) der Geschütz-
Pforten bei Fregatten. Die GesMtzdrehscheiben aber sollten nicht auf dem
Oberdeck selbst stehen, sondern in dasselbe soweit eingelassen sein, daß die Geschütz¬
mündungen gerade über das Oberdeck hinausragten, und daß von ihrer Panze¬
rung, also vom Thurm, nur der kleinere Obertheil den Schüssen ausgesetzt
wäre. Coles hatte zuerst Schilde, etwa wie Uhrgläser über die Geschützdreh-
scbcibe gedeckt, dann runde Kuppeln, dann abgestumpfte konische und schließlich
cylindrische Thürme vorgeschlagen, die aber eben bis zur Geschützmündung in
das Deck eingesenkt sein sollten. Ericson machte dagegen bei seinen Monitors
die Schiffswand so niedrig als möglich, er legte das Deck so tief, daß das
Schiff kaum eine Elle über Wasser ragte und daß eine'Takelage zur Unmög¬
lichkeit wurde. Auf diese Weise nahm er dem Schiffe jede Aussicht auf See¬
fähigkeit, wenn auch das Panzergewicht im ganzen dadurch etwas vermindert
wurde. Da aber die Geschütze nicht so niedrig gestellt werden durften, daß jede
leichte Welle in die Mündungen hineinlaufen konnte, so war er genöthigt, die
Geschütze mit ihren hohen Lafetten auf dem Oberdeck zu placiren, und zu
ihrer Deckung hohe Thürme auf dem Deck zu errichten, sodaß derjenige Theil
der Panzerung, der drehbar, also nicht fest mit dem Schiffe verbunden ist, in
bedenklicher Weise vergrößert wurde. Bei beiden Systemen kann durch Ein¬
nehmen von Wasserballast das Fahrzeug noch etwa um eine Elle gesenkt und
bei ruhiger See den Schüssen des Gegners um so viel entzogen werden. Neh¬
men wir diesen Zustand der Gefechtsbereitschaft als normale Lage an, so ist
der Unterschied zwischen dem Colesschen Kuppelsystem in seiner letzten Form
und dem Ericsonschen (Monitor-) Thurmsystem kurz gefaßt der, daß vom Was¬
serspiegel bis zur Höhe der Geschützpforten bei Coles der ganze Schiffskörper
herausgeht, bei Ericson aber im Bereich dieser Höhe nur die Thürme hervor¬
ragen. Ericson bietet also allerdings weniger Ziclflciche, und hat somit weniger
Panzer nöthig; Coles dagegen exponirt viel weniger vom drehbaren Theil
seines Panzers und hat damit mehr Solidität des Systems gegenüber dem
Anprall der Schüsse; er hat wegen des hohen Bords ferner ein seefähiges
Fahrzeug von großer Offensivkraft, während Ericsons System nur zur Defensive
ausreicht und auch hierbei nie in offensiver Form Verfahren kann. Schließlich hat
Coles den großen Vortheil, Takelage führen zu können, also weite Reisen zu
machen, während Ericson nur kleine Reisen und auch diese nur mit enormem
Kohlcnvcrbrauch ausführen kann. Coles hat hohen Bord und niedrige Thürme,
Ericson niedrigen Bord und hohe Thürme. Als nicht principieller, aber fac-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/302>, abgerufen am 27.09.2024.