Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.fall oder Zerstörung des Castells zu Budrum erhaltene Baustücke aus dem Ge¬ Der großartige Bau war nun auf das reichste mit Sculpturen geschmückt, fall oder Zerstörung des Castells zu Budrum erhaltene Baustücke aus dem Ge¬ Der großartige Bau war nun auf das reichste mit Sculpturen geschmückt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192039"/> <p xml:id="ID_766" prev="#ID_765"> fall oder Zerstörung des Castells zu Budrum erhaltene Baustücke aus dem Ge¬<lb/> mäuer herausgezogen werden sollten, was allerdings zu hoffen ist. — Eigen¬<lb/> thümlich ist diesem Baue die Vermischung asiatischer und hellenischer Elemente,<lb/> die für jene Herrscherfamilie freilich charakteristisch ist. War die Pyramide ein<lb/> Nachbild der kegelförmigen Erdhaufen und Aufsähe, die nach aitorientalischer<lb/> Sine sich über den Gräbern der Fürsten erhoben, so trat diesem barbarischen<lb/> Element der edle Tempelbau, den Hellas seinen Heroen widmete, zur Seite.<lb/> Uebrigens mag auf die Gesammifonn die Gestalt der sorgfältig gezimmerten<lb/> oben sich zuspitzenden Scheiterhaufen eingewirkt haben. Jene oben erwähnten<lb/> Gänge dienten als Abzugscanäle für das sich ansammelnde Grundwasser und<lb/> rühren auch wohl zum Theil von alten Steinbrüchen her.</p><lb/> <p xml:id="ID_767" next="#ID_768"> Der großartige Bau war nun auf das reichste mit Sculpturen geschmückt,<lb/> von denen uns die erhaltenen Reste wenigstens zum Theil genügende Vor¬<lb/> stellung geben. Am erfreulichsten ist die Erhaltung des mächtigen Viergespanns<lb/> mit der Statue des Maussollos selbst. Sie ist 9' 9V2" hoch und war<lb/> in 65 Stücke zersprungen, die jedoch so sorgfältig zusammengesetzt sind, daß<lb/> nur ein Stückchen an der Nasenspitze, Theile der Heruntersallenden Locken, der<lb/> linke Fuß vom Knöchel an und die beiden Arme fehlen. Nase, Fuß und<lb/> einige Abstvßungcn in den Falten hat man am Original mit Gyps ergänzt,<lb/> sodaß bei der sonstigen vorzüglichen Erhaltung der Figur der Gesammtein-<lb/> druck ein so vollständiger und ungetrübter ist. wie bei wenigen erhaltenen<lb/> Monumenten griechischer Zeit. Der Fürst ist in einen weiten Mantel gehüllt,<lb/> dessen vollendet schöner Fa'tcnwurf die Pracht des helbenmäßgen Körpers<lb/> zur vollen Geltung bringt. Am Halse wird ein wollenes Untergewand sichtbar.<lb/> Der Kopf entschieden porträtmäßig, ist gleichfalls von idealisirender Auffassung<lb/> durchdrungen. Das Haar, mähnenartig über der Stirn emporragend, fällt in<lb/> langen Locken aus die Schultern herab; der kurzgeschorene Bart um Kinn und<lb/> Wangen und der volle herunterhängende Schnurrbart zeigen- den Barbaren; auch<lb/> die Züge des Gesichts sind nicht von hellenischem Adel, aber kräftig und ent¬<lb/> schieden und durchaus nicht unschön. Ueber die Haltung der Arme kann man<lb/> zweifelhaft sein, der linke ruhte vielleicht ausgestreckt auf einem langen Scepter.<lb/> — Die Stellung des Maussollos in seinem Viergespanne aus der Spitze der<lb/> Pyramide sollte jedenfalls sein Auffahren zu den Göttern darstellen, eine Auf¬<lb/> fassung wie sie auch anderweitig bekannt ist; diesem Vorgange entspricht die<lb/> hoheitsvolle Haltung der großartigen Statue. — Untermischt mit den Trümmern<lb/> derselben fanden sich die Bruchstücke einer reich bekleideten weiblichen Figur von<lb/> entsprechender Größe, was zu der Vermuthung berechtigt, dieselbe habe neben<lb/> ihm auf dem Wagen gestanden. Newton will in ihr die Schutzgöttin des<lb/> Königs oder die Personification des Landes Karten erkennen. Leider sind die<lb/> Gesichiszüge des Kopses, welcher in einem Kamin eingemauert war, nicht mehr</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
fall oder Zerstörung des Castells zu Budrum erhaltene Baustücke aus dem Ge¬
mäuer herausgezogen werden sollten, was allerdings zu hoffen ist. — Eigen¬
thümlich ist diesem Baue die Vermischung asiatischer und hellenischer Elemente,
die für jene Herrscherfamilie freilich charakteristisch ist. War die Pyramide ein
Nachbild der kegelförmigen Erdhaufen und Aufsähe, die nach aitorientalischer
Sine sich über den Gräbern der Fürsten erhoben, so trat diesem barbarischen
Element der edle Tempelbau, den Hellas seinen Heroen widmete, zur Seite.
Uebrigens mag auf die Gesammifonn die Gestalt der sorgfältig gezimmerten
oben sich zuspitzenden Scheiterhaufen eingewirkt haben. Jene oben erwähnten
Gänge dienten als Abzugscanäle für das sich ansammelnde Grundwasser und
rühren auch wohl zum Theil von alten Steinbrüchen her.
Der großartige Bau war nun auf das reichste mit Sculpturen geschmückt,
von denen uns die erhaltenen Reste wenigstens zum Theil genügende Vor¬
stellung geben. Am erfreulichsten ist die Erhaltung des mächtigen Viergespanns
mit der Statue des Maussollos selbst. Sie ist 9' 9V2" hoch und war
in 65 Stücke zersprungen, die jedoch so sorgfältig zusammengesetzt sind, daß
nur ein Stückchen an der Nasenspitze, Theile der Heruntersallenden Locken, der
linke Fuß vom Knöchel an und die beiden Arme fehlen. Nase, Fuß und
einige Abstvßungcn in den Falten hat man am Original mit Gyps ergänzt,
sodaß bei der sonstigen vorzüglichen Erhaltung der Figur der Gesammtein-
druck ein so vollständiger und ungetrübter ist. wie bei wenigen erhaltenen
Monumenten griechischer Zeit. Der Fürst ist in einen weiten Mantel gehüllt,
dessen vollendet schöner Fa'tcnwurf die Pracht des helbenmäßgen Körpers
zur vollen Geltung bringt. Am Halse wird ein wollenes Untergewand sichtbar.
Der Kopf entschieden porträtmäßig, ist gleichfalls von idealisirender Auffassung
durchdrungen. Das Haar, mähnenartig über der Stirn emporragend, fällt in
langen Locken aus die Schultern herab; der kurzgeschorene Bart um Kinn und
Wangen und der volle herunterhängende Schnurrbart zeigen- den Barbaren; auch
die Züge des Gesichts sind nicht von hellenischem Adel, aber kräftig und ent¬
schieden und durchaus nicht unschön. Ueber die Haltung der Arme kann man
zweifelhaft sein, der linke ruhte vielleicht ausgestreckt auf einem langen Scepter.
— Die Stellung des Maussollos in seinem Viergespanne aus der Spitze der
Pyramide sollte jedenfalls sein Auffahren zu den Göttern darstellen, eine Auf¬
fassung wie sie auch anderweitig bekannt ist; diesem Vorgange entspricht die
hoheitsvolle Haltung der großartigen Statue. — Untermischt mit den Trümmern
derselben fanden sich die Bruchstücke einer reich bekleideten weiblichen Figur von
entsprechender Größe, was zu der Vermuthung berechtigt, dieselbe habe neben
ihm auf dem Wagen gestanden. Newton will in ihr die Schutzgöttin des
Königs oder die Personification des Landes Karten erkennen. Leider sind die
Gesichiszüge des Kopses, welcher in einem Kamin eingemauert war, nicht mehr
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