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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Schmalseite 9 Säulen ionischer Ordnung von 29 Fuß Höhe. Sie sind auf das
sorgfältigste gearbeitet, die einzelnen Trommeln greifen mit bronzenen Dübeln,
um welche sie sich beim Aufschlcife" drehten, in einander ein; jede Säule hat
24 Canellirungen; der Stern der zierlich geschwungenen ionischen Voluten ist
nirgends erhalten, er war entweder aus einem besonders zart bearbeiteten
Stück Marmor oder auch aus Erz eingesetzt. Von höchster Schönheit und sorg¬
fältigster Arbeit sind die einzelnen arckitectonischen Ornamente, vor allem die
Palmetten und wasserspeienden Löwenköpfe des obersten Kranzgesimses. 2) Die
Pyramide läßt sich durch die eihaltcnen Stufen genau bestimmen. Bei der
ersten Zerstörung fiel nämlich die Spitze der Pyramide mit dem großen Vier¬
gespann herunter und zwar so in den Winkel, welchen die Umfassungsmauer
mit dem Erdboden bildet, daß sie von der einen Seite geschützt war und jeden¬
falls sehr bald mit Schutt und Erde überdeckt wurde, sodaß selbst die bron¬
zenen Krämpen und Pferdegebisse der Beutelust christlicher und heidnischer
Plünderer entgingen. Von der Wagen>Gruppe ist soviel erhalten, daß sich ihre
Höhe auf etwa 14 Fuß berechnen läßt. Da die Stufen deutlich zeigen, um
wie viel eine jede vorsprang und wir ihre Zahl kennen, so läßt sich die Höhe
und Breite des Stufenbaues auf etwa 23 Fuß, sein unteres Maß auf 103
Fuß zu 86 Fuß bestimmen. -- Alles Weitere bleibt nun der Berechnung über-
lassen. Die von Newton und dem Architecten Pulian angestellte giebt folgende
Resultate: das Pteron ist 37'/. Fuß hoch, nach Plinius soll die Pyramide so
hoch gewesen sein als der untere Theil; der Stufenbau kann zu 24' 6", das
Viergespann zu 13' 3'/," angenommen werden; verstehen wir beides zusammenge¬
nommen als Pyramide, so ist diese 37' 9', also fast genau ebenso hoch wie das
Pteron; bleibt für den von Plinius nicht erwähnten Unterbau 63 Fuß. -- Dagegen
trat Fergusson auf, wollte das Viergespann bei der Messung der Pyramide
uicht mitzählen, und um die Höhe herauszubekommen, setzte er auf die oberste
Stufe noch ein hohes Postament, welches die Quadriga getragen habe. -- Eine
entschiedene Aenderung brachte Adler in Berlin auf, welche auch von Petersen
in Hamburg vertreten wird. Darnach ist der untere Theil, der nach Plinius
Ateles hoch der Pyramide ist. nicht sowohl das Pteron als vielmehr der
Unterbau, welcher also demnach von Plinius nicht übergangen ist. Pteron
und Quadriga geben 32', theilt man den Nest, so erhält man für den Unter¬
bau und Pyramide je 44'. Da der eigentliche Stufenbau nur etwa 23'
beträgt, so bleiben noch 19 Fuß zu vertheilen, wofür Adler, Petersen und Ur¬
lichs auf dem Rande deö Pteron einen attikaartigen senkrechten Aufbau anneh¬
men, auf dem dann erst die 24 Stufen anfangen. Ein Theil dieser 19' wird
auch von einigen dieser Erklärer für ein Postament verwendet, welches sich
Zwischen Stufenbau und Quadriga schieben soll. Eine feste Entscheidung über
diese Fragen wird wohl erst dann möglich sein, wenn bei dem einstigen Zer-


Schmalseite 9 Säulen ionischer Ordnung von 29 Fuß Höhe. Sie sind auf das
sorgfältigste gearbeitet, die einzelnen Trommeln greifen mit bronzenen Dübeln,
um welche sie sich beim Aufschlcife» drehten, in einander ein; jede Säule hat
24 Canellirungen; der Stern der zierlich geschwungenen ionischen Voluten ist
nirgends erhalten, er war entweder aus einem besonders zart bearbeiteten
Stück Marmor oder auch aus Erz eingesetzt. Von höchster Schönheit und sorg¬
fältigster Arbeit sind die einzelnen arckitectonischen Ornamente, vor allem die
Palmetten und wasserspeienden Löwenköpfe des obersten Kranzgesimses. 2) Die
Pyramide läßt sich durch die eihaltcnen Stufen genau bestimmen. Bei der
ersten Zerstörung fiel nämlich die Spitze der Pyramide mit dem großen Vier¬
gespann herunter und zwar so in den Winkel, welchen die Umfassungsmauer
mit dem Erdboden bildet, daß sie von der einen Seite geschützt war und jeden¬
falls sehr bald mit Schutt und Erde überdeckt wurde, sodaß selbst die bron¬
zenen Krämpen und Pferdegebisse der Beutelust christlicher und heidnischer
Plünderer entgingen. Von der Wagen>Gruppe ist soviel erhalten, daß sich ihre
Höhe auf etwa 14 Fuß berechnen läßt. Da die Stufen deutlich zeigen, um
wie viel eine jede vorsprang und wir ihre Zahl kennen, so läßt sich die Höhe
und Breite des Stufenbaues auf etwa 23 Fuß, sein unteres Maß auf 103
Fuß zu 86 Fuß bestimmen. — Alles Weitere bleibt nun der Berechnung über-
lassen. Die von Newton und dem Architecten Pulian angestellte giebt folgende
Resultate: das Pteron ist 37'/. Fuß hoch, nach Plinius soll die Pyramide so
hoch gewesen sein als der untere Theil; der Stufenbau kann zu 24' 6", das
Viergespann zu 13' 3'/," angenommen werden; verstehen wir beides zusammenge¬
nommen als Pyramide, so ist diese 37' 9', also fast genau ebenso hoch wie das
Pteron; bleibt für den von Plinius nicht erwähnten Unterbau 63 Fuß. — Dagegen
trat Fergusson auf, wollte das Viergespann bei der Messung der Pyramide
uicht mitzählen, und um die Höhe herauszubekommen, setzte er auf die oberste
Stufe noch ein hohes Postament, welches die Quadriga getragen habe. — Eine
entschiedene Aenderung brachte Adler in Berlin auf, welche auch von Petersen
in Hamburg vertreten wird. Darnach ist der untere Theil, der nach Plinius
Ateles hoch der Pyramide ist. nicht sowohl das Pteron als vielmehr der
Unterbau, welcher also demnach von Plinius nicht übergangen ist. Pteron
und Quadriga geben 32', theilt man den Nest, so erhält man für den Unter¬
bau und Pyramide je 44'. Da der eigentliche Stufenbau nur etwa 23'
beträgt, so bleiben noch 19 Fuß zu vertheilen, wofür Adler, Petersen und Ur¬
lichs auf dem Rande deö Pteron einen attikaartigen senkrechten Aufbau anneh¬
men, auf dem dann erst die 24 Stufen anfangen. Ein Theil dieser 19' wird
auch von einigen dieser Erklärer für ein Postament verwendet, welches sich
Zwischen Stufenbau und Quadriga schieben soll. Eine feste Entscheidung über
diese Fragen wird wohl erst dann möglich sein, wenn bei dem einstigen Zer-


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[0277] Schmalseite 9 Säulen ionischer Ordnung von 29 Fuß Höhe. Sie sind auf das sorgfältigste gearbeitet, die einzelnen Trommeln greifen mit bronzenen Dübeln, um welche sie sich beim Aufschlcife» drehten, in einander ein; jede Säule hat 24 Canellirungen; der Stern der zierlich geschwungenen ionischen Voluten ist nirgends erhalten, er war entweder aus einem besonders zart bearbeiteten Stück Marmor oder auch aus Erz eingesetzt. Von höchster Schönheit und sorg¬ fältigster Arbeit sind die einzelnen arckitectonischen Ornamente, vor allem die Palmetten und wasserspeienden Löwenköpfe des obersten Kranzgesimses. 2) Die Pyramide läßt sich durch die eihaltcnen Stufen genau bestimmen. Bei der ersten Zerstörung fiel nämlich die Spitze der Pyramide mit dem großen Vier¬ gespann herunter und zwar so in den Winkel, welchen die Umfassungsmauer mit dem Erdboden bildet, daß sie von der einen Seite geschützt war und jeden¬ falls sehr bald mit Schutt und Erde überdeckt wurde, sodaß selbst die bron¬ zenen Krämpen und Pferdegebisse der Beutelust christlicher und heidnischer Plünderer entgingen. Von der Wagen>Gruppe ist soviel erhalten, daß sich ihre Höhe auf etwa 14 Fuß berechnen läßt. Da die Stufen deutlich zeigen, um wie viel eine jede vorsprang und wir ihre Zahl kennen, so läßt sich die Höhe und Breite des Stufenbaues auf etwa 23 Fuß, sein unteres Maß auf 103 Fuß zu 86 Fuß bestimmen. — Alles Weitere bleibt nun der Berechnung über- lassen. Die von Newton und dem Architecten Pulian angestellte giebt folgende Resultate: das Pteron ist 37'/. Fuß hoch, nach Plinius soll die Pyramide so hoch gewesen sein als der untere Theil; der Stufenbau kann zu 24' 6", das Viergespann zu 13' 3'/," angenommen werden; verstehen wir beides zusammenge¬ nommen als Pyramide, so ist diese 37' 9', also fast genau ebenso hoch wie das Pteron; bleibt für den von Plinius nicht erwähnten Unterbau 63 Fuß. — Dagegen trat Fergusson auf, wollte das Viergespann bei der Messung der Pyramide uicht mitzählen, und um die Höhe herauszubekommen, setzte er auf die oberste Stufe noch ein hohes Postament, welches die Quadriga getragen habe. — Eine entschiedene Aenderung brachte Adler in Berlin auf, welche auch von Petersen in Hamburg vertreten wird. Darnach ist der untere Theil, der nach Plinius Ateles hoch der Pyramide ist. nicht sowohl das Pteron als vielmehr der Unterbau, welcher also demnach von Plinius nicht übergangen ist. Pteron und Quadriga geben 32', theilt man den Nest, so erhält man für den Unter¬ bau und Pyramide je 44'. Da der eigentliche Stufenbau nur etwa 23' beträgt, so bleiben noch 19 Fuß zu vertheilen, wofür Adler, Petersen und Ur¬ lichs auf dem Rande deö Pteron einen attikaartigen senkrechten Aufbau anneh¬ men, auf dem dann erst die 24 Stufen anfangen. Ein Theil dieser 19' wird auch von einigen dieser Erklärer für ein Postament verwendet, welches sich Zwischen Stufenbau und Quadriga schieben soll. Eine feste Entscheidung über diese Fragen wird wohl erst dann möglich sein, wenn bei dem einstigen Zer-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/277>, abgerufen am 27.09.2024.