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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Staat die Concunenz dulden? Soll er einer zweiten Association, die sich
meldet, die Mittel versagen? Darf und kann er aber mehrere sich gegenseitig
bekämpfende Etablissements zugleich unterstützen?

Mit welchem Rechte und nach welcher Norm soll er dem einen verwei¬
gern, was er dem andern gestattet? Dieser Staat, der sich die Aufgabe ge¬
stellt hat. unsere heutigen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten abzuhalten, kann
doch seine Thätigkeit nicht damit beginnen, neue Ungerechtigkeiten zu begehen,
neue Ungleichheiten zu schaffen? Nun denke man sich diese Fabriken, die ein¬
ander gegenseitig Concurrenz machen, von denen aber keine mit ihrem eige¬
nen Gelde wirthschaftet! -- Was liegt den Arbeitern an den Capitalien des
Staates und an denen, welche er garantirt hat? Was wir heute so häusig
sehen, wenn zwei Etablissements einander Concurrenz machen, -- daß sie
einander gegenseitig so lange unterbieten, bis der schwächere oder gar jeder der
beiden Theile seine Capitalien aufgezehrt hat -- das würde und müßte
sich täglich wiederholen. Denn es wäre nicht mehr das eigene Capital,
welches Gefahr läuft, sondern wenn die eine der Gesellschaften unterliegen sollte,
so ist ja immer wieder der Staat da, der einer wieder neu sich bildenden Asso¬
ciation neue Capitalien liefert! Offenbar hat man es hier mit einer Schraube
ohne Ende zu thun. Ein solcher Zustand wäre auf die Dauer vollkommen
unerträglich.

Man sieht also der Staat dürfte die freie Concurrenz der Genossenschaften
nicht dulden. Trotz der Ungerechtigkeit, die der Staat begeht, wenn er nicht
jedem Arbeiter gleiche Rechte einräumt, -- trotz der Erleichterung für die Will¬
kür, die dadurch geschaffen wird, daß ein Gesuch von Arbeitern abgewiesen
werden kann, nur weil es vielleicht ein paar Tage später kommt, als das eini¬
ger anderer, -- trotz der ^idersinnigkeit, die darin liegt, die Staatsunterstützung
von der Schnelligkeit abhängig zu machen, mit der sie verlangt wurde,---
wird doch der Staat durch die Macht d er V ers ältnisse darauf hingeführt,
in jedem besondern Felde der Production eines jeden Artikels immer nur eine
Fabrik und eine Association mit ihren nöthigen Verzweigungen zu unterstützen.
Dieses bevorzugte Unternehmen würde dann leicht jede Privatconcurrenz besie¬
gen und beseitigen können. Dabei wären wir wieder bei Louis Blanc angelangt,
bei der Vernichtung jeder Concurrenz, bei dem Monopol, dem chinesischen Still¬
stand und der universalen Faulenzerei, aus der höchstens die Wahrnehmung auf¬
rütteln würde, daß eines schönen Morgens alle unsere Märkte von fremden
Fabricaten überschwemmt wären, was zur Pflicht machen würde, zum grasse-
sten Prohibilivsvstem zurückzukehren.

Die Aufhebung der Concurrenz so gut wie die Gestattung derselben würde
also in dem Lasalleschen Staate in gleicher Weise den Ruin des Landes
nach sich ziehen. Wenn ein System aber weder mit Beibehaltung der Cor-


Staat die Concunenz dulden? Soll er einer zweiten Association, die sich
meldet, die Mittel versagen? Darf und kann er aber mehrere sich gegenseitig
bekämpfende Etablissements zugleich unterstützen?

Mit welchem Rechte und nach welcher Norm soll er dem einen verwei¬
gern, was er dem andern gestattet? Dieser Staat, der sich die Aufgabe ge¬
stellt hat. unsere heutigen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten abzuhalten, kann
doch seine Thätigkeit nicht damit beginnen, neue Ungerechtigkeiten zu begehen,
neue Ungleichheiten zu schaffen? Nun denke man sich diese Fabriken, die ein¬
ander gegenseitig Concurrenz machen, von denen aber keine mit ihrem eige¬
nen Gelde wirthschaftet! — Was liegt den Arbeitern an den Capitalien des
Staates und an denen, welche er garantirt hat? Was wir heute so häusig
sehen, wenn zwei Etablissements einander Concurrenz machen, — daß sie
einander gegenseitig so lange unterbieten, bis der schwächere oder gar jeder der
beiden Theile seine Capitalien aufgezehrt hat — das würde und müßte
sich täglich wiederholen. Denn es wäre nicht mehr das eigene Capital,
welches Gefahr läuft, sondern wenn die eine der Gesellschaften unterliegen sollte,
so ist ja immer wieder der Staat da, der einer wieder neu sich bildenden Asso¬
ciation neue Capitalien liefert! Offenbar hat man es hier mit einer Schraube
ohne Ende zu thun. Ein solcher Zustand wäre auf die Dauer vollkommen
unerträglich.

Man sieht also der Staat dürfte die freie Concurrenz der Genossenschaften
nicht dulden. Trotz der Ungerechtigkeit, die der Staat begeht, wenn er nicht
jedem Arbeiter gleiche Rechte einräumt, — trotz der Erleichterung für die Will¬
kür, die dadurch geschaffen wird, daß ein Gesuch von Arbeitern abgewiesen
werden kann, nur weil es vielleicht ein paar Tage später kommt, als das eini¬
ger anderer, — trotz der ^idersinnigkeit, die darin liegt, die Staatsunterstützung
von der Schnelligkeit abhängig zu machen, mit der sie verlangt wurde,---
wird doch der Staat durch die Macht d er V ers ältnisse darauf hingeführt,
in jedem besondern Felde der Production eines jeden Artikels immer nur eine
Fabrik und eine Association mit ihren nöthigen Verzweigungen zu unterstützen.
Dieses bevorzugte Unternehmen würde dann leicht jede Privatconcurrenz besie¬
gen und beseitigen können. Dabei wären wir wieder bei Louis Blanc angelangt,
bei der Vernichtung jeder Concurrenz, bei dem Monopol, dem chinesischen Still¬
stand und der universalen Faulenzerei, aus der höchstens die Wahrnehmung auf¬
rütteln würde, daß eines schönen Morgens alle unsere Märkte von fremden
Fabricaten überschwemmt wären, was zur Pflicht machen würde, zum grasse-
sten Prohibilivsvstem zurückzukehren.

Die Aufhebung der Concurrenz so gut wie die Gestattung derselben würde
also in dem Lasalleschen Staate in gleicher Weise den Ruin des Landes
nach sich ziehen. Wenn ein System aber weder mit Beibehaltung der Cor-


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[0148] Staat die Concunenz dulden? Soll er einer zweiten Association, die sich meldet, die Mittel versagen? Darf und kann er aber mehrere sich gegenseitig bekämpfende Etablissements zugleich unterstützen? Mit welchem Rechte und nach welcher Norm soll er dem einen verwei¬ gern, was er dem andern gestattet? Dieser Staat, der sich die Aufgabe ge¬ stellt hat. unsere heutigen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten abzuhalten, kann doch seine Thätigkeit nicht damit beginnen, neue Ungerechtigkeiten zu begehen, neue Ungleichheiten zu schaffen? Nun denke man sich diese Fabriken, die ein¬ ander gegenseitig Concurrenz machen, von denen aber keine mit ihrem eige¬ nen Gelde wirthschaftet! — Was liegt den Arbeitern an den Capitalien des Staates und an denen, welche er garantirt hat? Was wir heute so häusig sehen, wenn zwei Etablissements einander Concurrenz machen, — daß sie einander gegenseitig so lange unterbieten, bis der schwächere oder gar jeder der beiden Theile seine Capitalien aufgezehrt hat — das würde und müßte sich täglich wiederholen. Denn es wäre nicht mehr das eigene Capital, welches Gefahr läuft, sondern wenn die eine der Gesellschaften unterliegen sollte, so ist ja immer wieder der Staat da, der einer wieder neu sich bildenden Asso¬ ciation neue Capitalien liefert! Offenbar hat man es hier mit einer Schraube ohne Ende zu thun. Ein solcher Zustand wäre auf die Dauer vollkommen unerträglich. Man sieht also der Staat dürfte die freie Concurrenz der Genossenschaften nicht dulden. Trotz der Ungerechtigkeit, die der Staat begeht, wenn er nicht jedem Arbeiter gleiche Rechte einräumt, — trotz der Erleichterung für die Will¬ kür, die dadurch geschaffen wird, daß ein Gesuch von Arbeitern abgewiesen werden kann, nur weil es vielleicht ein paar Tage später kommt, als das eini¬ ger anderer, — trotz der ^idersinnigkeit, die darin liegt, die Staatsunterstützung von der Schnelligkeit abhängig zu machen, mit der sie verlangt wurde,--- wird doch der Staat durch die Macht d er V ers ältnisse darauf hingeführt, in jedem besondern Felde der Production eines jeden Artikels immer nur eine Fabrik und eine Association mit ihren nöthigen Verzweigungen zu unterstützen. Dieses bevorzugte Unternehmen würde dann leicht jede Privatconcurrenz besie¬ gen und beseitigen können. Dabei wären wir wieder bei Louis Blanc angelangt, bei der Vernichtung jeder Concurrenz, bei dem Monopol, dem chinesischen Still¬ stand und der universalen Faulenzerei, aus der höchstens die Wahrnehmung auf¬ rütteln würde, daß eines schönen Morgens alle unsere Märkte von fremden Fabricaten überschwemmt wären, was zur Pflicht machen würde, zum grasse- sten Prohibilivsvstem zurückzukehren. Die Aufhebung der Concurrenz so gut wie die Gestattung derselben würde also in dem Lasalleschen Staate in gleicher Weise den Ruin des Landes nach sich ziehen. Wenn ein System aber weder mit Beibehaltung der Cor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/148>, abgerufen am 27.09.2024.