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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Landes besitzt, immerhin ist aber sein Besitzthum sehr groß und seine Netto-
Einnahme unverhältnißmäßig niedrig.

Dies ist der Zustand des Grundeigenthums in den vierziger und fünfziger
Jahren. Eine weitere Reform ist damals nicht erfolgt. Selbst der berühmte
ÜMi Huma^oum vom 18. Februar 1856 hat keine Aenderung herbeige¬
führt. Dieses Grundgesetz hat zwar den Fremden im Princip das ihnen bis¬
her bestrittene Recht beigelegt, Grundeigenthum zu erwerben, es waren im Ge¬
setz aber Bedingungen beigefügt, die die Ausführung der Bestimmungen suspen-
dirten.


2) Das Gesetz vom 21. April 18S8,

Wichtige Reformen enthielt erst das Gesetz vom 21. April 18S8, das die
Verhältnisse des Grundeigenthums wenigstens in zwei Richtungen anders
regelte. Wie bereits oben auseinandergesetzt wurde, war in den ersten Jahr¬
hunderten nach der Eroberung das Lehnswesen in Verfall gerathen und gleich-
zeitig damit ein großer Theil der Staatsdomänen in willkürlicher Weise seiner
ursprünglichen Bestimmung entfremdet und von Sultanen, ja mitunter sogar
von Privatpersonen in Wakufgüter verwandelt worden. Das neue Gesetz gab
die der Domäne entzogenen Güter, die jetzt den großem Theil des Wakuf-
eigenthums ausmachten, ihrer allen Bestimmung zurück und gewährte den Be¬
sitzern sämmtlicher. Domanialgüter durch eine Ausdehnung der Successionsrechte
bedeutende Vortheile.

Mit Rücksicht auf die ebenerwähnten Mißbräuche unterscheidet das Gesetz
die eigentlichen Wakufgüter von dem wevIcutL-Gütern d. h. den Domanlal-
gütern, die später dem Wakuf übertragen waren, bestimmt, daß die letzteren ihrer
ursprünglichen Natur gemäß unter das Staatsärar gestellt und in Zukunft nach
den gewöhnlichen Gesetzen und nicht -nach den speciellen Gesetzen des Wakuss
beurtheilt werden. Einzig und allein die Verkaufssteuer, die Erbschaftssteuer und
der Erwerb durch den Heimfall soll bei den movKut'6-Gütern dem Wakuf ver¬
bleiben.

Für die sämmtlichen Domanialgrundstücke (all-16 und inevkute) stellt das
Gesetz eine Menge Detailvorschriften auf, von denen wir als wesentlich folgen¬
des hervorheben.

Der eg,M ist, wie früher, der Titel, der das Besitzrecht begründet. Der
Verkauf des Domanialgutes ist dem Detentor gestattet, die Erlauvniß des Staa¬
tes muß aber bei Strafe der Nichtigkeit eingeholt werden und wird nur gegen
Zahlung einer Abgabe gewährt. Die Kinder erben, wie im frühern Rechte,
frei, außerdem soll aber auch dem Vater und eventuell der Mutter dasselbe
Recht ohne Zahlung des tapu zustehen. Die weiteren Verwandten müssen den
wxu zahlen, der durch Conventionen festgesetzt werden soll. In Betreff dieser


Landes besitzt, immerhin ist aber sein Besitzthum sehr groß und seine Netto-
Einnahme unverhältnißmäßig niedrig.

Dies ist der Zustand des Grundeigenthums in den vierziger und fünfziger
Jahren. Eine weitere Reform ist damals nicht erfolgt. Selbst der berühmte
ÜMi Huma^oum vom 18. Februar 1856 hat keine Aenderung herbeige¬
führt. Dieses Grundgesetz hat zwar den Fremden im Princip das ihnen bis¬
her bestrittene Recht beigelegt, Grundeigenthum zu erwerben, es waren im Ge¬
setz aber Bedingungen beigefügt, die die Ausführung der Bestimmungen suspen-
dirten.


2) Das Gesetz vom 21. April 18S8,

Wichtige Reformen enthielt erst das Gesetz vom 21. April 18S8, das die
Verhältnisse des Grundeigenthums wenigstens in zwei Richtungen anders
regelte. Wie bereits oben auseinandergesetzt wurde, war in den ersten Jahr¬
hunderten nach der Eroberung das Lehnswesen in Verfall gerathen und gleich-
zeitig damit ein großer Theil der Staatsdomänen in willkürlicher Weise seiner
ursprünglichen Bestimmung entfremdet und von Sultanen, ja mitunter sogar
von Privatpersonen in Wakufgüter verwandelt worden. Das neue Gesetz gab
die der Domäne entzogenen Güter, die jetzt den großem Theil des Wakuf-
eigenthums ausmachten, ihrer allen Bestimmung zurück und gewährte den Be¬
sitzern sämmtlicher. Domanialgüter durch eine Ausdehnung der Successionsrechte
bedeutende Vortheile.

Mit Rücksicht auf die ebenerwähnten Mißbräuche unterscheidet das Gesetz
die eigentlichen Wakufgüter von dem wevIcutL-Gütern d. h. den Domanlal-
gütern, die später dem Wakuf übertragen waren, bestimmt, daß die letzteren ihrer
ursprünglichen Natur gemäß unter das Staatsärar gestellt und in Zukunft nach
den gewöhnlichen Gesetzen und nicht -nach den speciellen Gesetzen des Wakuss
beurtheilt werden. Einzig und allein die Verkaufssteuer, die Erbschaftssteuer und
der Erwerb durch den Heimfall soll bei den movKut'6-Gütern dem Wakuf ver¬
bleiben.

Für die sämmtlichen Domanialgrundstücke (all-16 und inevkute) stellt das
Gesetz eine Menge Detailvorschriften auf, von denen wir als wesentlich folgen¬
des hervorheben.

Der eg,M ist, wie früher, der Titel, der das Besitzrecht begründet. Der
Verkauf des Domanialgutes ist dem Detentor gestattet, die Erlauvniß des Staa¬
tes muß aber bei Strafe der Nichtigkeit eingeholt werden und wird nur gegen
Zahlung einer Abgabe gewährt. Die Kinder erben, wie im frühern Rechte,
frei, außerdem soll aber auch dem Vater und eventuell der Mutter dasselbe
Recht ohne Zahlung des tapu zustehen. Die weiteren Verwandten müssen den
wxu zahlen, der durch Conventionen festgesetzt werden soll. In Betreff dieser


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[0131] Landes besitzt, immerhin ist aber sein Besitzthum sehr groß und seine Netto- Einnahme unverhältnißmäßig niedrig. Dies ist der Zustand des Grundeigenthums in den vierziger und fünfziger Jahren. Eine weitere Reform ist damals nicht erfolgt. Selbst der berühmte ÜMi Huma^oum vom 18. Februar 1856 hat keine Aenderung herbeige¬ führt. Dieses Grundgesetz hat zwar den Fremden im Princip das ihnen bis¬ her bestrittene Recht beigelegt, Grundeigenthum zu erwerben, es waren im Ge¬ setz aber Bedingungen beigefügt, die die Ausführung der Bestimmungen suspen- dirten. 2) Das Gesetz vom 21. April 18S8, Wichtige Reformen enthielt erst das Gesetz vom 21. April 18S8, das die Verhältnisse des Grundeigenthums wenigstens in zwei Richtungen anders regelte. Wie bereits oben auseinandergesetzt wurde, war in den ersten Jahr¬ hunderten nach der Eroberung das Lehnswesen in Verfall gerathen und gleich- zeitig damit ein großer Theil der Staatsdomänen in willkürlicher Weise seiner ursprünglichen Bestimmung entfremdet und von Sultanen, ja mitunter sogar von Privatpersonen in Wakufgüter verwandelt worden. Das neue Gesetz gab die der Domäne entzogenen Güter, die jetzt den großem Theil des Wakuf- eigenthums ausmachten, ihrer allen Bestimmung zurück und gewährte den Be¬ sitzern sämmtlicher. Domanialgüter durch eine Ausdehnung der Successionsrechte bedeutende Vortheile. Mit Rücksicht auf die ebenerwähnten Mißbräuche unterscheidet das Gesetz die eigentlichen Wakufgüter von dem wevIcutL-Gütern d. h. den Domanlal- gütern, die später dem Wakuf übertragen waren, bestimmt, daß die letzteren ihrer ursprünglichen Natur gemäß unter das Staatsärar gestellt und in Zukunft nach den gewöhnlichen Gesetzen und nicht -nach den speciellen Gesetzen des Wakuss beurtheilt werden. Einzig und allein die Verkaufssteuer, die Erbschaftssteuer und der Erwerb durch den Heimfall soll bei den movKut'6-Gütern dem Wakuf ver¬ bleiben. Für die sämmtlichen Domanialgrundstücke (all-16 und inevkute) stellt das Gesetz eine Menge Detailvorschriften auf, von denen wir als wesentlich folgen¬ des hervorheben. Der eg,M ist, wie früher, der Titel, der das Besitzrecht begründet. Der Verkauf des Domanialgutes ist dem Detentor gestattet, die Erlauvniß des Staa¬ tes muß aber bei Strafe der Nichtigkeit eingeholt werden und wird nur gegen Zahlung einer Abgabe gewährt. Die Kinder erben, wie im frühern Rechte, frei, außerdem soll aber auch dem Vater und eventuell der Mutter dasselbe Recht ohne Zahlung des tapu zustehen. Die weiteren Verwandten müssen den wxu zahlen, der durch Conventionen festgesetzt werden soll. In Betreff dieser

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/131>, abgerufen am 19.10.2024.