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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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spiel gegenüber den oben hervorgehobenen Nachtheilen doch nicht maßgebend
sein, besonders da jene Schiffe hauptsächlich zum Dienst im Frieden bestimmt,
(wie überhaupt sclavische Nachahmung der englischen Einrichtungen zu vermeiden
ist) und außerdem als Experiment gebaut worden sind > und da ferner der eng¬
lischen Admiralität viele kleineren, als Avisos verwendbare Schraubendampfer
zur Verfügung stehen, sodaß sie. wo der Aviso irgend Gefahr läuft, auf feind¬
liche Schiffe zu stoßen, ein andres vor Schüssen gesichertes Schiff zu verwenden
vermag. Bei der preußischen Marine dagegen, mit ihrer beschränkten Auswahl,
müssen alle Avisos im Stande sein, ohne allzugroße Gefährdung auch da ihre
Fahrten zu machen, wo ein Zusammenstoß mit feindlichen Kriegsschiffen möglich
ist. Da man sicher darauf rechnen darf, daß im Kriege, wo ja aller Ver¬
kehr stockt, eine genügende Anzahl Dampfer der Handelsmarine zum Avisodienst
zu erlangen sein wird (die allerdings in der allerersten Zeit während ihrer Ar-
nmung noch nicht disponibel sein würden), so mag, wie schon oben gesagt, auch
für die erweiterte preußische Flotte die Zahl von v Avisos vorläufig genügen
und die pecuniären Mittel lieber auf Beschaffung von mehr Gefechtsschiffen
verwandt werden. --

Ueberblicken wir nun den gegenwärtigen Bestand der preußischen Kriegs¬
flotte an ""gepanzerten Schiffen im Vergleich mit der Stärke, weiche die preu¬
ßische Marine noch vor 12 Jahre" hatte, -- 1 Segelfregatte. 1 Segelcorvctte,
3 kleinere Segelschiffe, S Raddampfer und die schon damals halb unbrauchbaren
Ruderkanonenboote, aber kein einziges Schraubenschiff -- so ist ein bedeutender
Fortschritt zu constatiren. Und für den Fall, daß in nächster Zeit ein Krieg
ausbrechen sollte, ist noch der Umstand nicht zu übersehen, daß sämmtliche
Schiffe, mit Ausnahme der noch im Bau befindlichen "Elisabeth" und der nach
Ostasien detachirten "Vineta" in heimischen Häfen sind und sofort zur Dispo¬
sition stehen. Allerdings kann man bei dieser Betrachtung das Bedauern nicht
unterdrücken, daß wir gerade eins der allerstärksten und besten Schiffe wie die
"Vineta" im Kriegsfall entbehren müßten, und es wird dabei aufs neue der
Wunsch in uns rege, daß man doch statt der betreffenden gedeckten Korvette,
die dann recht gut als Artillcrieschiff zu verwenden wäre, lieber abwechselnd die
beiden größeren Segelregatten "Gesion" und "Thetis" in Ostasien stationiren
Möge, entweder als Segelschiffe wie sie jetzt sind, oder aber besser, wenn es ir¬
gend ausführbar ist. mit eingesetzter Hilfsschraube von 200--250 Pferdekraft.
Zwar ist. wie wir bereits oben bemerkten, das Einsetzen einer Hilfsschraube
gewöhnlich nicht von dem Erfolge begleitet, daß man ein sehr schnelles, neuen
Schiffen ebenbürtiges Schlachtschiff gewinnt; aber für den Handelsschutz auch
im fernsten Osten wird es immerhin mehr als genügen, und der Vortheil, ein
Schiff mehr von der Vortrefflichkeit unserer "Vineta" zu Hause zur Verfügung
ZU habe", würde die Kosten der Einsetzung einer Hilfsmaschine reichlich aufwie-


spiel gegenüber den oben hervorgehobenen Nachtheilen doch nicht maßgebend
sein, besonders da jene Schiffe hauptsächlich zum Dienst im Frieden bestimmt,
(wie überhaupt sclavische Nachahmung der englischen Einrichtungen zu vermeiden
ist) und außerdem als Experiment gebaut worden sind > und da ferner der eng¬
lischen Admiralität viele kleineren, als Avisos verwendbare Schraubendampfer
zur Verfügung stehen, sodaß sie. wo der Aviso irgend Gefahr läuft, auf feind¬
liche Schiffe zu stoßen, ein andres vor Schüssen gesichertes Schiff zu verwenden
vermag. Bei der preußischen Marine dagegen, mit ihrer beschränkten Auswahl,
müssen alle Avisos im Stande sein, ohne allzugroße Gefährdung auch da ihre
Fahrten zu machen, wo ein Zusammenstoß mit feindlichen Kriegsschiffen möglich
ist. Da man sicher darauf rechnen darf, daß im Kriege, wo ja aller Ver¬
kehr stockt, eine genügende Anzahl Dampfer der Handelsmarine zum Avisodienst
zu erlangen sein wird (die allerdings in der allerersten Zeit während ihrer Ar-
nmung noch nicht disponibel sein würden), so mag, wie schon oben gesagt, auch
für die erweiterte preußische Flotte die Zahl von v Avisos vorläufig genügen
und die pecuniären Mittel lieber auf Beschaffung von mehr Gefechtsschiffen
verwandt werden. —

Ueberblicken wir nun den gegenwärtigen Bestand der preußischen Kriegs¬
flotte an »«gepanzerten Schiffen im Vergleich mit der Stärke, weiche die preu¬
ßische Marine noch vor 12 Jahre» hatte, — 1 Segelfregatte. 1 Segelcorvctte,
3 kleinere Segelschiffe, S Raddampfer und die schon damals halb unbrauchbaren
Ruderkanonenboote, aber kein einziges Schraubenschiff — so ist ein bedeutender
Fortschritt zu constatiren. Und für den Fall, daß in nächster Zeit ein Krieg
ausbrechen sollte, ist noch der Umstand nicht zu übersehen, daß sämmtliche
Schiffe, mit Ausnahme der noch im Bau befindlichen „Elisabeth" und der nach
Ostasien detachirten „Vineta" in heimischen Häfen sind und sofort zur Dispo¬
sition stehen. Allerdings kann man bei dieser Betrachtung das Bedauern nicht
unterdrücken, daß wir gerade eins der allerstärksten und besten Schiffe wie die
„Vineta" im Kriegsfall entbehren müßten, und es wird dabei aufs neue der
Wunsch in uns rege, daß man doch statt der betreffenden gedeckten Korvette,
die dann recht gut als Artillcrieschiff zu verwenden wäre, lieber abwechselnd die
beiden größeren Segelregatten „Gesion" und „Thetis" in Ostasien stationiren
Möge, entweder als Segelschiffe wie sie jetzt sind, oder aber besser, wenn es ir¬
gend ausführbar ist. mit eingesetzter Hilfsschraube von 200—250 Pferdekraft.
Zwar ist. wie wir bereits oben bemerkten, das Einsetzen einer Hilfsschraube
gewöhnlich nicht von dem Erfolge begleitet, daß man ein sehr schnelles, neuen
Schiffen ebenbürtiges Schlachtschiff gewinnt; aber für den Handelsschutz auch
im fernsten Osten wird es immerhin mehr als genügen, und der Vortheil, ein
Schiff mehr von der Vortrefflichkeit unserer „Vineta" zu Hause zur Verfügung
ZU habe», würde die Kosten der Einsetzung einer Hilfsmaschine reichlich aufwie-


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[0105] spiel gegenüber den oben hervorgehobenen Nachtheilen doch nicht maßgebend sein, besonders da jene Schiffe hauptsächlich zum Dienst im Frieden bestimmt, (wie überhaupt sclavische Nachahmung der englischen Einrichtungen zu vermeiden ist) und außerdem als Experiment gebaut worden sind > und da ferner der eng¬ lischen Admiralität viele kleineren, als Avisos verwendbare Schraubendampfer zur Verfügung stehen, sodaß sie. wo der Aviso irgend Gefahr läuft, auf feind¬ liche Schiffe zu stoßen, ein andres vor Schüssen gesichertes Schiff zu verwenden vermag. Bei der preußischen Marine dagegen, mit ihrer beschränkten Auswahl, müssen alle Avisos im Stande sein, ohne allzugroße Gefährdung auch da ihre Fahrten zu machen, wo ein Zusammenstoß mit feindlichen Kriegsschiffen möglich ist. Da man sicher darauf rechnen darf, daß im Kriege, wo ja aller Ver¬ kehr stockt, eine genügende Anzahl Dampfer der Handelsmarine zum Avisodienst zu erlangen sein wird (die allerdings in der allerersten Zeit während ihrer Ar- nmung noch nicht disponibel sein würden), so mag, wie schon oben gesagt, auch für die erweiterte preußische Flotte die Zahl von v Avisos vorläufig genügen und die pecuniären Mittel lieber auf Beschaffung von mehr Gefechtsschiffen verwandt werden. — Ueberblicken wir nun den gegenwärtigen Bestand der preußischen Kriegs¬ flotte an »«gepanzerten Schiffen im Vergleich mit der Stärke, weiche die preu¬ ßische Marine noch vor 12 Jahre» hatte, — 1 Segelfregatte. 1 Segelcorvctte, 3 kleinere Segelschiffe, S Raddampfer und die schon damals halb unbrauchbaren Ruderkanonenboote, aber kein einziges Schraubenschiff — so ist ein bedeutender Fortschritt zu constatiren. Und für den Fall, daß in nächster Zeit ein Krieg ausbrechen sollte, ist noch der Umstand nicht zu übersehen, daß sämmtliche Schiffe, mit Ausnahme der noch im Bau befindlichen „Elisabeth" und der nach Ostasien detachirten „Vineta" in heimischen Häfen sind und sofort zur Dispo¬ sition stehen. Allerdings kann man bei dieser Betrachtung das Bedauern nicht unterdrücken, daß wir gerade eins der allerstärksten und besten Schiffe wie die „Vineta" im Kriegsfall entbehren müßten, und es wird dabei aufs neue der Wunsch in uns rege, daß man doch statt der betreffenden gedeckten Korvette, die dann recht gut als Artillcrieschiff zu verwenden wäre, lieber abwechselnd die beiden größeren Segelregatten „Gesion" und „Thetis" in Ostasien stationiren Möge, entweder als Segelschiffe wie sie jetzt sind, oder aber besser, wenn es ir¬ gend ausführbar ist. mit eingesetzter Hilfsschraube von 200—250 Pferdekraft. Zwar ist. wie wir bereits oben bemerkten, das Einsetzen einer Hilfsschraube gewöhnlich nicht von dem Erfolge begleitet, daß man ein sehr schnelles, neuen Schiffen ebenbürtiges Schlachtschiff gewinnt; aber für den Handelsschutz auch im fernsten Osten wird es immerhin mehr als genügen, und der Vortheil, ein Schiff mehr von der Vortrefflichkeit unserer „Vineta" zu Hause zur Verfügung ZU habe», würde die Kosten der Einsetzung einer Hilfsmaschine reichlich aufwie-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/105>, abgerufen am 27.09.2024.