Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.heit durch die Presse auslief. Die Rostocker sammt den Bremern, welche ihnen Hier aber stellte sich alsbald ein streitbarer Gegner in den Weg. Die Es war offenbar, daß sich die Ostseezeitung hier von einer zuweitgchendcn Nichtsdestoweniger wünschten wir, die Urheber der Agitation für eine 7*
heit durch die Presse auslief. Die Rostocker sammt den Bremern, welche ihnen Hier aber stellte sich alsbald ein streitbarer Gegner in den Weg. Die Es war offenbar, daß sich die Ostseezeitung hier von einer zuweitgchendcn Nichtsdestoweniger wünschten wir, die Urheber der Agitation für eine 7*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0055" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190749"/> <p xml:id="ID_172" prev="#ID_171"> heit durch die Presse auslief. Die Rostocker sammt den Bremern, welche ihnen<lb/> die Hand reichien, pflanzten vor allem die nationale Flagge aus. Ihrer Ansicht<lb/> nach handelte es sich nur um eine wirthschaftliche Fortsetzung des Unabhängig-<lb/> kcitslampfes, welchen Lessing im vorigen Jahrhunderte auf literarischem, und<lb/> das Volk von Nordd^utschland in den Jahren 1813 bis Is auf politischem<lb/> Gebiete gegen die Franzosen durchgeführt hatte, wenn man jetzt zur Befreiung<lb/> unseres Schiffsbaus und unserer Rhcderei von dem nach Weltherrschaft streben¬<lb/> den oder die Weltherrschaft schon ausübenden französischen Institute aufrief.<lb/> Wie konnte man annehmen, daß eine fremde und vollends eine französische<lb/> Anstalt den Leistungen des deutschen Schiffsbaugewerbes Gerechtigkeit erweisen<lb/> werde? Lagen doch auch schon Fälle genug vor, waren doch Vorschriften genug<lb/> von Paris her ertheilt, die den deutlichen Beweis lieferten, daß diese Bevor¬<lb/> mundung nicht blos unwürdig, sondern auch im höchsten Grade nachtheilig sei;<lb/> Deutschland beeilte sich also, den Vorsprung anderer Nationen in der Emanci¬<lb/> pation von französischer Aussicht einzuholen.</p><lb/> <p xml:id="ID_173"> Hier aber stellte sich alsbald ein streitbarer Gegner in den Weg. Die<lb/> Ostseezeitung in Stettin, das älteste und unbedingteste Organ der Freihandels-<lb/> lehre in der deutschen Presse, und in den maritimen Kreisen Altpreußens von<lb/> bedeutendem Einfluß, trat principiell sowohl wie praktisch als Vertheidigerin<lb/> der Veritas auf. Sie kehrte sich vor allem gegen die Behauptung, daß Deutsch¬<lb/> land ein nationales Schiffsbesichtigungsinstitut haben müsse. Grade die kosmo¬<lb/> politische Ausdehnung sei der Hauptvorzug der Veritas, nationales Pathos<lb/> sei in solchen Dingen am verkehrten Orte. Die Classification von Kauffahrern<lb/> sei nicht eine nationale, sondern eine rein geschäftliche Angelegenheit, und je<lb/> umfassender, je freier von Rücksichten auf nationale Besonderheiten und Gegen¬<lb/> sätze sie behandelt werde, desto besser für die Betheiligten.</p><lb/> <p xml:id="ID_174"> Es war offenbar, daß sich die Ostseezeitung hier von einer zuweitgchendcn<lb/> Befürchtung leiten ließ. Sie witterte mit den scharfen Sinnen, welche ihr eigen<lb/> sind, einen Rückfall in die alte listsche Methode, gewisse rein wirthschaftliche<lb/> oder geschäftliche Interessen durch falsche nationale Verbrämung zu fördern.<lb/> Wenn diese Methode zur Empfehlung eines sogenannten Zollschutzes benutzt<lb/> wird, den die Masse der Konsumenten einer zurückgebliebenen Industrie zu Liebe<lb/> bezahlen soll, so kann man sie gewiß nicht ernstlich genug bekämpfen. Aber<lb/> wenn, wie doch wohl im vorliegenden Falle, damit nur eine gewisse allgemeine<lb/> Aufmerksamkeit erreicht, einem an sich materiellen Streben ein etwas vornehme¬<lb/> res und nobleres Gepräge aufgedrückt werden soll, so ist das Verfahren aller¬<lb/> mindestens harmlos. Und insofern die vorgebundene Maske auf die Haltung<lb/> ihres Trägers zurückzuwirken verspricht, kann es sogar positiven Werth ent¬<lb/> wickeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_175" next="#ID_176"> Nichtsdestoweniger wünschten wir, die Urheber der Agitation für eine</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 7*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
heit durch die Presse auslief. Die Rostocker sammt den Bremern, welche ihnen
die Hand reichien, pflanzten vor allem die nationale Flagge aus. Ihrer Ansicht
nach handelte es sich nur um eine wirthschaftliche Fortsetzung des Unabhängig-
kcitslampfes, welchen Lessing im vorigen Jahrhunderte auf literarischem, und
das Volk von Nordd^utschland in den Jahren 1813 bis Is auf politischem
Gebiete gegen die Franzosen durchgeführt hatte, wenn man jetzt zur Befreiung
unseres Schiffsbaus und unserer Rhcderei von dem nach Weltherrschaft streben¬
den oder die Weltherrschaft schon ausübenden französischen Institute aufrief.
Wie konnte man annehmen, daß eine fremde und vollends eine französische
Anstalt den Leistungen des deutschen Schiffsbaugewerbes Gerechtigkeit erweisen
werde? Lagen doch auch schon Fälle genug vor, waren doch Vorschriften genug
von Paris her ertheilt, die den deutlichen Beweis lieferten, daß diese Bevor¬
mundung nicht blos unwürdig, sondern auch im höchsten Grade nachtheilig sei;
Deutschland beeilte sich also, den Vorsprung anderer Nationen in der Emanci¬
pation von französischer Aussicht einzuholen.
Hier aber stellte sich alsbald ein streitbarer Gegner in den Weg. Die
Ostseezeitung in Stettin, das älteste und unbedingteste Organ der Freihandels-
lehre in der deutschen Presse, und in den maritimen Kreisen Altpreußens von
bedeutendem Einfluß, trat principiell sowohl wie praktisch als Vertheidigerin
der Veritas auf. Sie kehrte sich vor allem gegen die Behauptung, daß Deutsch¬
land ein nationales Schiffsbesichtigungsinstitut haben müsse. Grade die kosmo¬
politische Ausdehnung sei der Hauptvorzug der Veritas, nationales Pathos
sei in solchen Dingen am verkehrten Orte. Die Classification von Kauffahrern
sei nicht eine nationale, sondern eine rein geschäftliche Angelegenheit, und je
umfassender, je freier von Rücksichten auf nationale Besonderheiten und Gegen¬
sätze sie behandelt werde, desto besser für die Betheiligten.
Es war offenbar, daß sich die Ostseezeitung hier von einer zuweitgchendcn
Befürchtung leiten ließ. Sie witterte mit den scharfen Sinnen, welche ihr eigen
sind, einen Rückfall in die alte listsche Methode, gewisse rein wirthschaftliche
oder geschäftliche Interessen durch falsche nationale Verbrämung zu fördern.
Wenn diese Methode zur Empfehlung eines sogenannten Zollschutzes benutzt
wird, den die Masse der Konsumenten einer zurückgebliebenen Industrie zu Liebe
bezahlen soll, so kann man sie gewiß nicht ernstlich genug bekämpfen. Aber
wenn, wie doch wohl im vorliegenden Falle, damit nur eine gewisse allgemeine
Aufmerksamkeit erreicht, einem an sich materiellen Streben ein etwas vornehme¬
res und nobleres Gepräge aufgedrückt werden soll, so ist das Verfahren aller¬
mindestens harmlos. Und insofern die vorgebundene Maske auf die Haltung
ihres Trägers zurückzuwirken verspricht, kann es sogar positiven Werth ent¬
wickeln.
Nichtsdestoweniger wünschten wir, die Urheber der Agitation für eine
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