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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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pro 18"/°. 5Z2 667 Thlr. Pr. oder 1,331.417'/" Mk., wozu Von den holstei-
nischen adligen Gütern und Klöstern mit 2660'/, Pflügen ca. 288.000 Mk., von
den scdleswigschen ca. 125.000 Mk. gezahlt wird. Die holsteinischen adligen
Güter allein zahlen von 2194 Pflügen an Contribution ca. 238.000 Mk.; wir
berechnen für die Hoffelder der letzteren den jährlichen Belauf der jetzigen Be¬
freiung auf 65--70.000 Mk.

Unter der Herrschaft des preußischen Grundsteuersystems kann von solchen
Steuerfreiheiten selbstverständlich keine Rede sein, mag auch im Allgemeinen
künftig die Belastung des Grundes und Bodens in Schleswig-Holstein ermäßigt
gegen bisher werden. Es fragt sich aber, ob die Wohlthaten des preußischen
Gesetzes vom 21. Mai 1861, betr. die Entschädigung für die Aufhebung der
Grundsteuerbcfreiungcn und Bevorzugungen auch aus unsere Gutsbesitzer zur
Anwendung zu bringen sein werden. An und für sich würde, da einmal in
Preußen jene Entschädigung beliebt worden ist. auch in der neuen Provinz
solche nicht zu umgehen sein, wenn nicht Prälaten und Ritterschaft in Verbin¬
dung mit den übrigen Gutsbesitzern durch feierliche Erklärung vom 26. April
1816 aller an die Steuerfreiheit sich knüpfenden Bevorzugung schon entsagt
hätten: Prälaten und Ritterschaft u. f. w. seien nicht gewillt, in
der künftigen Grundsteuer, nach welchem Maßstabe diese auch
verfassungsmäßig angeordnet werden und durch Bewilligung
der Stände zu der hergebrachten ordinären Contribution hinzu¬
kommen möchte, irgendeine Bevorzugung vor dem übrigen
Lande zu begehren. Dieser denkwürdige Verzicht stand in Zusammenhang
mit den derzeitigen Bemühungen der Ritterschaft, den Herzogthümern eine land¬
ständische Verfassung zu verschaffen, daher jene Clausel einer "verfassungs¬
mäßigen" Bewilligung. Wenn nun die damals freilich beschränkteren Wünsche
der Ritterschaft durch die Ausdehnung der constitutionellen Freiheiten Preußens
auf die Herzogtümer mit dem 1. October d. I. in Erfüllung gehen werden
und zwar in unendlich reicherem Maße, als je der Schleswig-holsteinische Adel
nur ahnen mochte, so ist es schwer denkbar, daß die Ritterschaft in der Ein¬
führung der preußischen Verfassung mit Herren- und Abgeordnetenhaus nicht
die Erfüllung der von ihr selbst früher gestellten Bedingung jenes Verzichtes
sehen sollte. Oder wäre es möglich, daß die Schleswig.holsteinische Ritterschaft,
weil die preußischen directen Steuern nunmehr unter Suspension der Verfassung
blos durch königliche Verordnung eingeführt sind, die "Verfassungsmäßigkeit"
dieser neuen Steuergesetzgebung anzweifeln möchte?

Was ferner die persönliche Freiheit der Mitglieder der Ritterschaft vom
Gebrauche des Stempelpapieres betrifft, so dürste eine Entschädigung für
die Aushebung dieser Steuerexemlion ebenfalls schwer zu rechtfertigen sein.
Denn diese Befreiung beruht keineswegs aus einem ausdrücklich ertheilten Pri-


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pro 18"/°. 5Z2 667 Thlr. Pr. oder 1,331.417'/« Mk., wozu Von den holstei-
nischen adligen Gütern und Klöstern mit 2660'/, Pflügen ca. 288.000 Mk., von
den scdleswigschen ca. 125.000 Mk. gezahlt wird. Die holsteinischen adligen
Güter allein zahlen von 2194 Pflügen an Contribution ca. 238.000 Mk.; wir
berechnen für die Hoffelder der letzteren den jährlichen Belauf der jetzigen Be¬
freiung auf 65—70.000 Mk.

Unter der Herrschaft des preußischen Grundsteuersystems kann von solchen
Steuerfreiheiten selbstverständlich keine Rede sein, mag auch im Allgemeinen
künftig die Belastung des Grundes und Bodens in Schleswig-Holstein ermäßigt
gegen bisher werden. Es fragt sich aber, ob die Wohlthaten des preußischen
Gesetzes vom 21. Mai 1861, betr. die Entschädigung für die Aufhebung der
Grundsteuerbcfreiungcn und Bevorzugungen auch aus unsere Gutsbesitzer zur
Anwendung zu bringen sein werden. An und für sich würde, da einmal in
Preußen jene Entschädigung beliebt worden ist. auch in der neuen Provinz
solche nicht zu umgehen sein, wenn nicht Prälaten und Ritterschaft in Verbin¬
dung mit den übrigen Gutsbesitzern durch feierliche Erklärung vom 26. April
1816 aller an die Steuerfreiheit sich knüpfenden Bevorzugung schon entsagt
hätten: Prälaten und Ritterschaft u. f. w. seien nicht gewillt, in
der künftigen Grundsteuer, nach welchem Maßstabe diese auch
verfassungsmäßig angeordnet werden und durch Bewilligung
der Stände zu der hergebrachten ordinären Contribution hinzu¬
kommen möchte, irgendeine Bevorzugung vor dem übrigen
Lande zu begehren. Dieser denkwürdige Verzicht stand in Zusammenhang
mit den derzeitigen Bemühungen der Ritterschaft, den Herzogthümern eine land¬
ständische Verfassung zu verschaffen, daher jene Clausel einer „verfassungs¬
mäßigen" Bewilligung. Wenn nun die damals freilich beschränkteren Wünsche
der Ritterschaft durch die Ausdehnung der constitutionellen Freiheiten Preußens
auf die Herzogtümer mit dem 1. October d. I. in Erfüllung gehen werden
und zwar in unendlich reicherem Maße, als je der Schleswig-holsteinische Adel
nur ahnen mochte, so ist es schwer denkbar, daß die Ritterschaft in der Ein¬
führung der preußischen Verfassung mit Herren- und Abgeordnetenhaus nicht
die Erfüllung der von ihr selbst früher gestellten Bedingung jenes Verzichtes
sehen sollte. Oder wäre es möglich, daß die Schleswig.holsteinische Ritterschaft,
weil die preußischen directen Steuern nunmehr unter Suspension der Verfassung
blos durch königliche Verordnung eingeführt sind, die „Verfassungsmäßigkeit"
dieser neuen Steuergesetzgebung anzweifeln möchte?

Was ferner die persönliche Freiheit der Mitglieder der Ritterschaft vom
Gebrauche des Stempelpapieres betrifft, so dürste eine Entschädigung für
die Aushebung dieser Steuerexemlion ebenfalls schwer zu rechtfertigen sein.
Denn diese Befreiung beruht keineswegs aus einem ausdrücklich ertheilten Pri-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/434>, abgerufen am 24.08.2024.