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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Skinner: "Ich bin vom Comite der varpenters -uiä Homers Union aufgefordert.
Ihre Arbeiter zu benachrichtigen, daß sie kündigen müssen, so lange I. Jordan
von Ihnen beschäftigt und nicht ein Mitglied der Gesellschaft geworden ist.
Dies ist keineswegs unhöflich gegen Sie gemeint, aber durch die Vorschriften der
Union geboten und wird ausgeführt werden, falls die Sache nicht gemäß den Regeln
der Gesellschaft erledigt wird." -- Einige Tage darauf gaben die Leute ihre
Arbeit auf. Mr. Kilch verklagte Skinner wegen Einschüchterung und dieser
ward verurtheilt. aber ersterer bekam damit seine Arbeiter nicht wieder. Dies
heißt doch Strikes muthwillig herbeiführen, die Leute müssen ihre Arbeit nieder-
legen und statt ihren Lohn, mit dem sie zufrieden waren, zu verdienen, von
den Almosen der Gesellschaft leben, um einen Mann zu zwingen, Mitglied zu
werden oder ihn zu vertreiben.

Wir sind gewiß nicht für Staatscinmischung, aber hier müßte unserer An¬
sicht nach kraft des Obcraufsichterechts eingeschritten und die Regel der
Innungen corrigirt werden. Es wird wahrlich dem geschickten Arbeiter in allen
Sphären schon nicht leicht gemacht sich emporzuarbeiten, er ist immer in geringer
Zahl gegen die Masse der Mittelmäßigkeit, welche ihn durch die Routine nieder¬
zuhalten sucht und ein System sollte nicht geduldet werden, welches der In¬
dolenz eine Prämie aussetzt und dazu führen muß. daß alle Arbeit schlecht ge¬
than und theuer bezahlt wird.

Aber diese Repressiv" ist nur das negative Mittel, es müssen auch positive
angewandt werden, um den Arbeiter zu heben und ihm ein wirkliches Interesse
an seinem Weiterkommen zu geben.

Ein solches Mittel sehen wir zunächst in der allgemeinen Einführung von
Schiedsgerichten (courts ok arbitration), welche, zu gleichen Theilen aus
Meistern und Arbeitern zusammengesetzt, schon vortrefflich in manchen Orten
gewirkt haben, so z. B. in dem Töpfereidistrict. bei den Seidewebern in Mac-
clesfield. den Zimmerleuten in Sheffield. Letztere haben ein förmliches Arran¬
gement mit ihren Meistern gemacht, daß. falls einer von beiden Theilen eine
Aenderung machen will, dies zwei bis sechs Monate vorher angezeigt werden
muß und falls keine Einigung erfolgt, das Schiedsgericht entscheidet; in Notting¬
ham war bei den Webern, die einen ähnlichen ooarä ok arditrstion eingesetzt,
in sechs Jahren kein Strike vorgekommen.

Noch wirksamer hat sich das Cooperationsystem erwiesen, welches den Ar¬
beitern einen Procentsatz vom Gewinn giebt. Einer der größten Teppichfabrikanten
Englands, Sir Francis Croßlev, welcher dies eingeführt, erwähnte neulich im
Parlament, daß seit 24 Jahren bei ihm kein Strike stattgehabt, die Theilnahme
am Gewinn hat die Arbeiter in den Stand gesetzt. Krankenkassen, Bibliotheken
u. s. w. zu gründen und nichtsdestoweniger ist er selbst dabei zum reichen Mann
geworden. Dasselbe Princip haben andere Häuser für ihr Geschäft angenommen'


Skinner: „Ich bin vom Comite der varpenters -uiä Homers Union aufgefordert.
Ihre Arbeiter zu benachrichtigen, daß sie kündigen müssen, so lange I. Jordan
von Ihnen beschäftigt und nicht ein Mitglied der Gesellschaft geworden ist.
Dies ist keineswegs unhöflich gegen Sie gemeint, aber durch die Vorschriften der
Union geboten und wird ausgeführt werden, falls die Sache nicht gemäß den Regeln
der Gesellschaft erledigt wird." — Einige Tage darauf gaben die Leute ihre
Arbeit auf. Mr. Kilch verklagte Skinner wegen Einschüchterung und dieser
ward verurtheilt. aber ersterer bekam damit seine Arbeiter nicht wieder. Dies
heißt doch Strikes muthwillig herbeiführen, die Leute müssen ihre Arbeit nieder-
legen und statt ihren Lohn, mit dem sie zufrieden waren, zu verdienen, von
den Almosen der Gesellschaft leben, um einen Mann zu zwingen, Mitglied zu
werden oder ihn zu vertreiben.

Wir sind gewiß nicht für Staatscinmischung, aber hier müßte unserer An¬
sicht nach kraft des Obcraufsichterechts eingeschritten und die Regel der
Innungen corrigirt werden. Es wird wahrlich dem geschickten Arbeiter in allen
Sphären schon nicht leicht gemacht sich emporzuarbeiten, er ist immer in geringer
Zahl gegen die Masse der Mittelmäßigkeit, welche ihn durch die Routine nieder¬
zuhalten sucht und ein System sollte nicht geduldet werden, welches der In¬
dolenz eine Prämie aussetzt und dazu führen muß. daß alle Arbeit schlecht ge¬
than und theuer bezahlt wird.

Aber diese Repressiv« ist nur das negative Mittel, es müssen auch positive
angewandt werden, um den Arbeiter zu heben und ihm ein wirkliches Interesse
an seinem Weiterkommen zu geben.

Ein solches Mittel sehen wir zunächst in der allgemeinen Einführung von
Schiedsgerichten (courts ok arbitration), welche, zu gleichen Theilen aus
Meistern und Arbeitern zusammengesetzt, schon vortrefflich in manchen Orten
gewirkt haben, so z. B. in dem Töpfereidistrict. bei den Seidewebern in Mac-
clesfield. den Zimmerleuten in Sheffield. Letztere haben ein förmliches Arran¬
gement mit ihren Meistern gemacht, daß. falls einer von beiden Theilen eine
Aenderung machen will, dies zwei bis sechs Monate vorher angezeigt werden
muß und falls keine Einigung erfolgt, das Schiedsgericht entscheidet; in Notting¬
ham war bei den Webern, die einen ähnlichen ooarä ok arditrstion eingesetzt,
in sechs Jahren kein Strike vorgekommen.

Noch wirksamer hat sich das Cooperationsystem erwiesen, welches den Ar¬
beitern einen Procentsatz vom Gewinn giebt. Einer der größten Teppichfabrikanten
Englands, Sir Francis Croßlev, welcher dies eingeführt, erwähnte neulich im
Parlament, daß seit 24 Jahren bei ihm kein Strike stattgehabt, die Theilnahme
am Gewinn hat die Arbeiter in den Stand gesetzt. Krankenkassen, Bibliotheken
u. s. w. zu gründen und nichtsdestoweniger ist er selbst dabei zum reichen Mann
geworden. Dasselbe Princip haben andere Häuser für ihr Geschäft angenommen'


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[0430] Skinner: „Ich bin vom Comite der varpenters -uiä Homers Union aufgefordert. Ihre Arbeiter zu benachrichtigen, daß sie kündigen müssen, so lange I. Jordan von Ihnen beschäftigt und nicht ein Mitglied der Gesellschaft geworden ist. Dies ist keineswegs unhöflich gegen Sie gemeint, aber durch die Vorschriften der Union geboten und wird ausgeführt werden, falls die Sache nicht gemäß den Regeln der Gesellschaft erledigt wird." — Einige Tage darauf gaben die Leute ihre Arbeit auf. Mr. Kilch verklagte Skinner wegen Einschüchterung und dieser ward verurtheilt. aber ersterer bekam damit seine Arbeiter nicht wieder. Dies heißt doch Strikes muthwillig herbeiführen, die Leute müssen ihre Arbeit nieder- legen und statt ihren Lohn, mit dem sie zufrieden waren, zu verdienen, von den Almosen der Gesellschaft leben, um einen Mann zu zwingen, Mitglied zu werden oder ihn zu vertreiben. Wir sind gewiß nicht für Staatscinmischung, aber hier müßte unserer An¬ sicht nach kraft des Obcraufsichterechts eingeschritten und die Regel der Innungen corrigirt werden. Es wird wahrlich dem geschickten Arbeiter in allen Sphären schon nicht leicht gemacht sich emporzuarbeiten, er ist immer in geringer Zahl gegen die Masse der Mittelmäßigkeit, welche ihn durch die Routine nieder¬ zuhalten sucht und ein System sollte nicht geduldet werden, welches der In¬ dolenz eine Prämie aussetzt und dazu führen muß. daß alle Arbeit schlecht ge¬ than und theuer bezahlt wird. Aber diese Repressiv« ist nur das negative Mittel, es müssen auch positive angewandt werden, um den Arbeiter zu heben und ihm ein wirkliches Interesse an seinem Weiterkommen zu geben. Ein solches Mittel sehen wir zunächst in der allgemeinen Einführung von Schiedsgerichten (courts ok arbitration), welche, zu gleichen Theilen aus Meistern und Arbeitern zusammengesetzt, schon vortrefflich in manchen Orten gewirkt haben, so z. B. in dem Töpfereidistrict. bei den Seidewebern in Mac- clesfield. den Zimmerleuten in Sheffield. Letztere haben ein förmliches Arran¬ gement mit ihren Meistern gemacht, daß. falls einer von beiden Theilen eine Aenderung machen will, dies zwei bis sechs Monate vorher angezeigt werden muß und falls keine Einigung erfolgt, das Schiedsgericht entscheidet; in Notting¬ ham war bei den Webern, die einen ähnlichen ooarä ok arditrstion eingesetzt, in sechs Jahren kein Strike vorgekommen. Noch wirksamer hat sich das Cooperationsystem erwiesen, welches den Ar¬ beitern einen Procentsatz vom Gewinn giebt. Einer der größten Teppichfabrikanten Englands, Sir Francis Croßlev, welcher dies eingeführt, erwähnte neulich im Parlament, daß seit 24 Jahren bei ihm kein Strike stattgehabt, die Theilnahme am Gewinn hat die Arbeiter in den Stand gesetzt. Krankenkassen, Bibliotheken u. s. w. zu gründen und nichtsdestoweniger ist er selbst dabei zum reichen Mann geworden. Dasselbe Princip haben andere Häuser für ihr Geschäft angenommen'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/430>, abgerufen am 02.10.2024.