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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Unter Führung des bekannten Capitän Werner. Die Thetis führte ein kleines
wirkliches Dampfb o vt mit sich, den 34 Fuß langen. 6 Fuß breiten Schrauben¬
dampfer "Vesta" von 3 Pferdekraft, der vor Abgang der Expedition in
Portsmouth einige Verwunderung erregte und sich namentlich in der Tropenhitze,
wo Rudern die Mannschaft zu sehr anstrengt, vortrefflich bewährt und eine
Schnelligkeit von 7 englischen Meilen in der Stunde gezeigt hat. Gegenwärtig
führt übngens jedes größere englische oder französische Kriegsschiff unter seinen
Booten solche Ltoam l^nuet. Nachdem die "Thetis" von der Expedition
zurückgekehrt war, ist sie verschiedne Male als Hafcnwachtschiff oder als Artillerie-
schulschiff für die Schießübungen ebenso wie die "Gesion" verwandt worden.
Diese Schießübungen finden gegen große hölzerne Wände statt, die, genau von
der Höhe und Breite eines Schiffs und ebenso wie die Flanke eines Kriegs¬
schiffs bemalt, an der Küste aufgestellt werden, früher gewöhnlich am "Nordpeerd",
einem Vorgebirge an der Ostseite von Rügen, unweit des schönen Jagdschlosses
Granitz. Die "Bestückung" der Fregatten aber, wie man in früheren Jahr¬
hunderten mit sehr gutem Ausdruck die Armirung mit Geschützen "Stücken",
nannte, ist bei solchen Uebungen meistens sehr ungleichmäßig und bunt, es
befinden sich Geschütze der verschiedensten Kaliber und Systeme, die überhaupt
in der Marine gebräuchlich sind, an Bord, um die Mannschaft an denselben aus¬
zubilden-, neben den glatten Geschützen schweren Kalibers lenken gezogene
12-Pfünder und besonders die gezogenen Gußstahl-24-Pfünder, welche K8psündige
Langgeschosse schleudern, theilweise mit dem älteren Kotbenverschluß, theilweise
mit dem neueren, wahrhaft vollkommen zu nennenden Keilverschluß für Hinter
ladung die Aufmerksamkeit des Kenners auf sich.

Beide Schiffe, die "Thetis" wie die "Gesion" unterscheiden sich übrigens
von den Schraubenschiffen etwa gleicher Größe, wie "Gazelle", die auch fast genau
das Aeußere einer Fregatte haben, schon beim ersten Anblick nicht unwesentlich,
auch wenn man davon absieht, daß sie nicht wie die sah>andersch>sse wegen
der Maschine den Schornstein und den Ausschnitt am Steuer für die Schraube
zeigen. Denn der ganze Bau der Scgelfregatten ist gedrungener, kürzer und ver¬
hältnißmäßig breiter, der Körper scheint deshalb etwas höher und burgartiger
aus dem Wasser zu ragen, die Masten sind zwar kaum höher als bei jenen,
aber sie stehn wegen der geringeren Länge des Schiffs viel dichter an einander,
ähnlich wie bei Handelsschiffen, und das Gewirr der Takelage erscheint künst¬
licher und mannigfaltiger, weil es nicht durch große Zwischenräume zwischen
den Masten in die Länge gezogen ist. Da es wirklich zu bedauern ist, daß
die beiden Fregatten als Segelschiffe für Gefechtszwecke nicht mehr zu brauchen
sind, so ist schon der Vorschlag gemacht worden, in beide Schiffe eine Schrauben¬
maschine von geringer Kraft einzusetzen, die vielleicht nicht im Stande ist, wäh¬
rend des Gefechts dem Schiffe volle Manövrirtüchtigkeit zu geben, aber dasselbe


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Unter Führung des bekannten Capitän Werner. Die Thetis führte ein kleines
wirkliches Dampfb o vt mit sich, den 34 Fuß langen. 6 Fuß breiten Schrauben¬
dampfer „Vesta" von 3 Pferdekraft, der vor Abgang der Expedition in
Portsmouth einige Verwunderung erregte und sich namentlich in der Tropenhitze,
wo Rudern die Mannschaft zu sehr anstrengt, vortrefflich bewährt und eine
Schnelligkeit von 7 englischen Meilen in der Stunde gezeigt hat. Gegenwärtig
führt übngens jedes größere englische oder französische Kriegsschiff unter seinen
Booten solche Ltoam l^nuet. Nachdem die „Thetis" von der Expedition
zurückgekehrt war, ist sie verschiedne Male als Hafcnwachtschiff oder als Artillerie-
schulschiff für die Schießübungen ebenso wie die „Gesion" verwandt worden.
Diese Schießübungen finden gegen große hölzerne Wände statt, die, genau von
der Höhe und Breite eines Schiffs und ebenso wie die Flanke eines Kriegs¬
schiffs bemalt, an der Küste aufgestellt werden, früher gewöhnlich am „Nordpeerd",
einem Vorgebirge an der Ostseite von Rügen, unweit des schönen Jagdschlosses
Granitz. Die „Bestückung" der Fregatten aber, wie man in früheren Jahr¬
hunderten mit sehr gutem Ausdruck die Armirung mit Geschützen „Stücken",
nannte, ist bei solchen Uebungen meistens sehr ungleichmäßig und bunt, es
befinden sich Geschütze der verschiedensten Kaliber und Systeme, die überhaupt
in der Marine gebräuchlich sind, an Bord, um die Mannschaft an denselben aus¬
zubilden-, neben den glatten Geschützen schweren Kalibers lenken gezogene
12-Pfünder und besonders die gezogenen Gußstahl-24-Pfünder, welche K8psündige
Langgeschosse schleudern, theilweise mit dem älteren Kotbenverschluß, theilweise
mit dem neueren, wahrhaft vollkommen zu nennenden Keilverschluß für Hinter
ladung die Aufmerksamkeit des Kenners auf sich.

Beide Schiffe, die „Thetis" wie die „Gesion" unterscheiden sich übrigens
von den Schraubenschiffen etwa gleicher Größe, wie „Gazelle", die auch fast genau
das Aeußere einer Fregatte haben, schon beim ersten Anblick nicht unwesentlich,
auch wenn man davon absieht, daß sie nicht wie die sah>andersch>sse wegen
der Maschine den Schornstein und den Ausschnitt am Steuer für die Schraube
zeigen. Denn der ganze Bau der Scgelfregatten ist gedrungener, kürzer und ver¬
hältnißmäßig breiter, der Körper scheint deshalb etwas höher und burgartiger
aus dem Wasser zu ragen, die Masten sind zwar kaum höher als bei jenen,
aber sie stehn wegen der geringeren Länge des Schiffs viel dichter an einander,
ähnlich wie bei Handelsschiffen, und das Gewirr der Takelage erscheint künst¬
licher und mannigfaltiger, weil es nicht durch große Zwischenräume zwischen
den Masten in die Länge gezogen ist. Da es wirklich zu bedauern ist, daß
die beiden Fregatten als Segelschiffe für Gefechtszwecke nicht mehr zu brauchen
sind, so ist schon der Vorschlag gemacht worden, in beide Schiffe eine Schrauben¬
maschine von geringer Kraft einzusetzen, die vielleicht nicht im Stande ist, wäh¬
rend des Gefechts dem Schiffe volle Manövrirtüchtigkeit zu geben, aber dasselbe


Vttnjboten II. 18S7. S3
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/417>, abgerufen am 24.08.2024.