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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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oder sonstiger wissenschaftlicher Fragen abliefern, dech wurde nur darauf
geachtet, daß die Ablieferungstermine richtig eingehalten wurden, und es kam
vor, daß einige geschickte Unteroffiziere die Aufgaben sämmtlicher Offiziere des
Regiments verfertigen mußten, um größere Gleichförmigkeit zu erzielen.

Endlich erschien vor einigen Wochen das lang erwartete und besprochene
Avancementsgcsetz. Ein Lieutenantspatent darf dem Aspiranten nicht vor voll¬
streckten! 18., ein Hauptmannspatent in der Regel nicht vor dem 24. Lebens¬
jahre ertheilt werden. Jeder Offiziers- und Stabsofsiziersaspirant muß eine
Prüfung abgelegt haben. Zwei Stellen werden nach der Anciennetät, die dritte
außer der Tour für besonders hervorragende Leistungen, die vierte durch den
Zögling einer Akademie besetzt. Oberstlieutenants und Oberste dürfen nur
nachdem sie durch eine bestimmte Zeit als Regiments- oder Brigadechefs fungirt
haben befördert werden. Hauptleute, welche das 80., Oberste, welche das S8.
und Generale, welche das 62. Jahr erreicht haben, dürfen nicht weiter befördert
werden. Subaltcrnvffiziere, welche 54, Oberste, welche 60, Generalmajore, welche
62 und Feldmarschalllieutenants, welche 66 Jahre alt sind, werden, wofern
nicht ganz besondere Umstände für ihre Beibehaltung sprechen, pensionirt. Doch
wird bei jenen, welche eine sogenannte Friedensanstellung, z. B. bei der Ad¬
ministration oder bei einem Festungscommando bekleiden, dieser Termin um
einige Jahre verlängert. Eine vorzugsweise Beförderung darf erst nach vier
Jahren zum zweiten Male erfolgen. Nur bei Auszeichnungen auf dem Schlacht¬
felde darf eine Ausnahme gemacht werden. Bei der Artillerie, den Ingenieuren
und Pionieren werden Unteroffiziere nur ausnahmsweise zu Offizieren befördert,
indem die meisten Stellen aus den Akademien und Schulen besetzt werden,
doch findet auch hier in den höheren Graden eine vorzugsweise Beförderung
statt, und es können Genie- und Artillcriegenerale auch als Brigadiere und
Divisionäre bei der Infanterie eingetheilt werden. Endlich müssen die in den
Militärschulen angestellten Offiziere vor der Beförderung zum Major oder Oberst
durch einige Zeit bei ihrem Regiment zur Dienstleistung einrücken oder auf die
Beförderung Verzicht leisten.

Wenn die Bestimmungen dieser Avancementsvorschrift mit Energie durch¬
geführt werden, so dürfte die Qualität des östreichischen Offiziercorps wesentlich
verbessert werden, doch läßt sich nicht übersehen, daß der Willkür und dem Nepo¬
tismus nicht alle Wege verschlossen sind, ja unter Umständen unfähige Sub¬
jecte noch leichter als bisher in die Höhe gebracht werden können. Die über¬
strengen Bestimmungen über die Zeit des Dienstantrittes haben wenig für
sich. Wenn auch der größere Theil der Menschen nach dem 60. Lebensjahre
an Energie und physischer Kraft nachläßt, so finden sich grade unter den alten
durch Strapazen abgehärteten Militärs viele Männer, welche bis in das höchste
Alter ihre volle Körper- und Geistesfrische behalten. Zudem sind die Physischen


oder sonstiger wissenschaftlicher Fragen abliefern, dech wurde nur darauf
geachtet, daß die Ablieferungstermine richtig eingehalten wurden, und es kam
vor, daß einige geschickte Unteroffiziere die Aufgaben sämmtlicher Offiziere des
Regiments verfertigen mußten, um größere Gleichförmigkeit zu erzielen.

Endlich erschien vor einigen Wochen das lang erwartete und besprochene
Avancementsgcsetz. Ein Lieutenantspatent darf dem Aspiranten nicht vor voll¬
streckten! 18., ein Hauptmannspatent in der Regel nicht vor dem 24. Lebens¬
jahre ertheilt werden. Jeder Offiziers- und Stabsofsiziersaspirant muß eine
Prüfung abgelegt haben. Zwei Stellen werden nach der Anciennetät, die dritte
außer der Tour für besonders hervorragende Leistungen, die vierte durch den
Zögling einer Akademie besetzt. Oberstlieutenants und Oberste dürfen nur
nachdem sie durch eine bestimmte Zeit als Regiments- oder Brigadechefs fungirt
haben befördert werden. Hauptleute, welche das 80., Oberste, welche das S8.
und Generale, welche das 62. Jahr erreicht haben, dürfen nicht weiter befördert
werden. Subaltcrnvffiziere, welche 54, Oberste, welche 60, Generalmajore, welche
62 und Feldmarschalllieutenants, welche 66 Jahre alt sind, werden, wofern
nicht ganz besondere Umstände für ihre Beibehaltung sprechen, pensionirt. Doch
wird bei jenen, welche eine sogenannte Friedensanstellung, z. B. bei der Ad¬
ministration oder bei einem Festungscommando bekleiden, dieser Termin um
einige Jahre verlängert. Eine vorzugsweise Beförderung darf erst nach vier
Jahren zum zweiten Male erfolgen. Nur bei Auszeichnungen auf dem Schlacht¬
felde darf eine Ausnahme gemacht werden. Bei der Artillerie, den Ingenieuren
und Pionieren werden Unteroffiziere nur ausnahmsweise zu Offizieren befördert,
indem die meisten Stellen aus den Akademien und Schulen besetzt werden,
doch findet auch hier in den höheren Graden eine vorzugsweise Beförderung
statt, und es können Genie- und Artillcriegenerale auch als Brigadiere und
Divisionäre bei der Infanterie eingetheilt werden. Endlich müssen die in den
Militärschulen angestellten Offiziere vor der Beförderung zum Major oder Oberst
durch einige Zeit bei ihrem Regiment zur Dienstleistung einrücken oder auf die
Beförderung Verzicht leisten.

Wenn die Bestimmungen dieser Avancementsvorschrift mit Energie durch¬
geführt werden, so dürfte die Qualität des östreichischen Offiziercorps wesentlich
verbessert werden, doch läßt sich nicht übersehen, daß der Willkür und dem Nepo¬
tismus nicht alle Wege verschlossen sind, ja unter Umständen unfähige Sub¬
jecte noch leichter als bisher in die Höhe gebracht werden können. Die über¬
strengen Bestimmungen über die Zeit des Dienstantrittes haben wenig für
sich. Wenn auch der größere Theil der Menschen nach dem 60. Lebensjahre
an Energie und physischer Kraft nachläßt, so finden sich grade unter den alten
durch Strapazen abgehärteten Militärs viele Männer, welche bis in das höchste
Alter ihre volle Körper- und Geistesfrische behalten. Zudem sind die Physischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/339>, abgerufen am 22.07.2024.