Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.ftstungtn Mainz. Koblenz. Köln, Wesel liegt jetzt von Luxemburg bis Antwerpen So wird in militänscher Hinsicht das Aufgeben Luxemburgs uns wahr¬ Und wir merken, daß in Frankreich die Politik deS Kaisers im Grunde 56*
ftstungtn Mainz. Koblenz. Köln, Wesel liegt jetzt von Luxemburg bis Antwerpen So wird in militänscher Hinsicht das Aufgeben Luxemburgs uns wahr¬ Und wir merken, daß in Frankreich die Politik deS Kaisers im Grunde 56*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0287" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190981"/> <p xml:id="ID_907" prev="#ID_906"> ftstungtn Mainz. Koblenz. Köln, Wesel liegt jetzt von Luxemburg bis Antwerpen<lb/> ein dem Angriff verbotenes Land, dasselbe verschließt deutschen Heeren den kür-<lb/> zesten Weg auf Paris und französischen Heeren den Unterrhein. Es macht<lb/> politische Operationen an dem unteren Theile der Westgrenze Deutschlands ab¬<lb/> hängig von Bündnissen, welche einem der Gegner Nichtachtung großer inter-<lb/> nationaler Verträge möglich machen, also von einem allgemeinen Kriegsbrande<lb/> in Europa, und verlegt einen Kampf zwischen Frankreich und Deutschland allein<lb/> in den Süden des Main. Dort liegt allerdings zur Zeit unsere militärische<lb/> Schwäche, aber dieser Umstand sowohl als der Vortheil, daß fast das gesammte<lb/> Terrain deS bisherigen norddeutschen Bundes gegen einen Landangnss Frank¬<lb/> reichs isolirt ist, legen uns auch Pflicht und Möglichkeit näher, die Stärkung<lb/> der süddeutschen Wehrkraft energisch zu betreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_908"> So wird in militänscher Hinsicht das Aufgeben Luxemburgs uns wahr¬<lb/> scheinlich nicht schlechter stellen. — Aber dieser Gedanke vermag nicht ganz die<lb/> bittere Empfindung zu bändigen, daß wir, denen nicht die geringste Provokation<lb/> gegen Frankreich schuld ge^eben werden kann, die wir ruhig auf Verträgen<lb/> standen, welche vor mehr als SO Jahren durch alle Großmächte Europas ge¬<lb/> wollt oder bestätigt worden sind, daß wir jetzt durch eine unmotivirte Kriegs¬<lb/> laune unserer Nachbarn, durch diplomatische Intriguen und ihren Lärm in<lb/> Europa genöthigt worden sind, unsere Truppen aus einem Grenzland deutschen<lb/> Stammes zurückzuziehen. Ov eS ein großes oder kleines Opfer war, als ein<lb/> Opfer wird es in ganz Deutschland beurtheilt, nicht am wenigsten in dem Heere<lb/> des deutschen Bundes. Wohl, wir haben mit Selbstüberwindung den Wünschen<lb/> der Großmächte nachgegeben, um einen Krieg mit Frankreich zu vermeiden; wir<lb/> haben Von jetzt auch ein Recht, zu verlangen, daß man außerhalb Deutschlands<lb/> sich dieses Opfers erinnere. Alle FriedenSadressen, welche zwischen Deutschen<lb/> und Franzosen hin- und herflattern, vermögen nicht, uns gegenüber den Nach¬<lb/> barn den frühern Gleichmut!) wiederzugeben. Wir werden an Luxemburg denken,<lb/> sobald von Frankreich irgendeine Einmischung in unsere Angelegenheiten ver¬<lb/> sucht wird. Wir können auch die Ansicht nicht unterdrücken, daß der Kaiser<lb/> nicht weise gehandelt hat, durch Aufregung eines Handels, der ihm doch nur<lb/> zweifelhaften Vortheil gebracht hat, die achtungsvolle Courtoisie zu zerstören,<lb/> welche im Ganzen zwischen ihm und der deutschen Nation bis jetzt bestanden<lb/> hat. Er hat den deutschen Stolz verletzt, und er sowohl als die Bundes¬<lb/> regierung werden diesem Umstände in der nächsten Zukunft Rechnung tragen<lb/> müssen. Er wird keine günstige Aufnahme in Deutschland finden, wenn er daS<lb/> nächste Mal unsere Interessen nach seinen Wünschen beeinflussen will.</p><lb/> <p xml:id="ID_909" next="#ID_910"> Und wir merken, daß in Frankreich die Politik deS Kaisers im Grunde<lb/> nicht anders beurtheilt wird. Das FriedenSbedürfniß ist dort nicht geringer als<lb/> bei uns, wenigstens diesen Sommer will eine große Majorität ruhigen Verkehr,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 56*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0287]
ftstungtn Mainz. Koblenz. Köln, Wesel liegt jetzt von Luxemburg bis Antwerpen
ein dem Angriff verbotenes Land, dasselbe verschließt deutschen Heeren den kür-
zesten Weg auf Paris und französischen Heeren den Unterrhein. Es macht
politische Operationen an dem unteren Theile der Westgrenze Deutschlands ab¬
hängig von Bündnissen, welche einem der Gegner Nichtachtung großer inter-
nationaler Verträge möglich machen, also von einem allgemeinen Kriegsbrande
in Europa, und verlegt einen Kampf zwischen Frankreich und Deutschland allein
in den Süden des Main. Dort liegt allerdings zur Zeit unsere militärische
Schwäche, aber dieser Umstand sowohl als der Vortheil, daß fast das gesammte
Terrain deS bisherigen norddeutschen Bundes gegen einen Landangnss Frank¬
reichs isolirt ist, legen uns auch Pflicht und Möglichkeit näher, die Stärkung
der süddeutschen Wehrkraft energisch zu betreiben.
So wird in militänscher Hinsicht das Aufgeben Luxemburgs uns wahr¬
scheinlich nicht schlechter stellen. — Aber dieser Gedanke vermag nicht ganz die
bittere Empfindung zu bändigen, daß wir, denen nicht die geringste Provokation
gegen Frankreich schuld ge^eben werden kann, die wir ruhig auf Verträgen
standen, welche vor mehr als SO Jahren durch alle Großmächte Europas ge¬
wollt oder bestätigt worden sind, daß wir jetzt durch eine unmotivirte Kriegs¬
laune unserer Nachbarn, durch diplomatische Intriguen und ihren Lärm in
Europa genöthigt worden sind, unsere Truppen aus einem Grenzland deutschen
Stammes zurückzuziehen. Ov eS ein großes oder kleines Opfer war, als ein
Opfer wird es in ganz Deutschland beurtheilt, nicht am wenigsten in dem Heere
des deutschen Bundes. Wohl, wir haben mit Selbstüberwindung den Wünschen
der Großmächte nachgegeben, um einen Krieg mit Frankreich zu vermeiden; wir
haben Von jetzt auch ein Recht, zu verlangen, daß man außerhalb Deutschlands
sich dieses Opfers erinnere. Alle FriedenSadressen, welche zwischen Deutschen
und Franzosen hin- und herflattern, vermögen nicht, uns gegenüber den Nach¬
barn den frühern Gleichmut!) wiederzugeben. Wir werden an Luxemburg denken,
sobald von Frankreich irgendeine Einmischung in unsere Angelegenheiten ver¬
sucht wird. Wir können auch die Ansicht nicht unterdrücken, daß der Kaiser
nicht weise gehandelt hat, durch Aufregung eines Handels, der ihm doch nur
zweifelhaften Vortheil gebracht hat, die achtungsvolle Courtoisie zu zerstören,
welche im Ganzen zwischen ihm und der deutschen Nation bis jetzt bestanden
hat. Er hat den deutschen Stolz verletzt, und er sowohl als die Bundes¬
regierung werden diesem Umstände in der nächsten Zukunft Rechnung tragen
müssen. Er wird keine günstige Aufnahme in Deutschland finden, wenn er daS
nächste Mal unsere Interessen nach seinen Wünschen beeinflussen will.
Und wir merken, daß in Frankreich die Politik deS Kaisers im Grunde
nicht anders beurtheilt wird. Das FriedenSbedürfniß ist dort nicht geringer als
bei uns, wenigstens diesen Sommer will eine große Majorität ruhigen Verkehr,
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