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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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und umsichtig auftretende Toryministerium -- sich zum Neubau von Kanonen¬
booten genöthigt gesehen hat. Man unterschied schon bisher in England die klei¬
nere Classe der Zurr doats (2--3 Kanonen, 60 Pferdekraft und meist 230 Tons)
und die größere Classe der Zur vessels, "Kanonenfahrzeuge" (gewöhnlich 4--5
Kanonen, 80 Pferdekraft und etwa 400 Tons). Die neuen Kanonenboote sollen
nun sämmtlich ebenso groß oder noch etwas größer als die letzteren werden
(400--600 Tons), sie sollen das innere Gerippe von Eisen und blos die äußere
Verplankung von Holz bekommen -- "eoirixositö dass" -- und endlich sollen
sie Zwillingsschrauben erhalten, deren Einrichtung wie die der hydraulischen
Reactionsmaschinen wir später genauer erklären werden, sämmtlich Verbesse¬
rungen, in denen unsere Marine der englischen wird nachfolgen müssen, wobei
ein Hauptgewicht auf größere Schnelligkeit als bisher zu legen sein wird.

So sind denn die Kanonenboote factisch als kleinste Gattung der activen
Schraubenkriegsschiffe zu betrachten; als nächstgrößere Classe kämen dann die
Avisos, dann die Schraubensloops der englischen und der amerikanischen Marine,
bis endlich die als Vollschiffe getakelten und darum in England officiell immer
als H. N. sriip bezeichneten größeren Classen, die Schraubencorvettcn, die
Schraubenfrcgatten und zuletzt, als Schiffe höchsten Ranges, die Schranben-
linienschiffe -- Schraubenzweidecker wie Schraubendreidccker den Abschluß
machen, wenn wir die Panzerschiffe hier nicht mit in Rechnung ziehen. Nur
diese Schraubenschiffe sind es eigentlich, welche gegenwärtig als kriegstüchtigcr
Theil einer Flotte gerechnet werden können.

Schließlich wären an dieser Stelle, unter den ungepanzerten Schrauben¬
schiffen der Flotten, noch die Transportschiffe -- englisch troop sdips, fran¬
zösisch ti-anspoi'es -- zu erwähnen, die wir bisher nicht berücksichtigt haben,
weil sie nicht unmittelbar im Gefecht mitzuwirken haben. Sie sind hauptsächlich
zu Truppentransporten für Landungen und im Colonialdienst bestimmt, während
Vorräthe von Munition oder Proviant gewöhnlich durch gemiethete Schiffe der
Handelsmarine, Kohlcnvorräthe aber häufiger in England durch einen t<zM"r,
ein besonders dazu beordertes kleineres Fahrzeug der Kriegsmarine dem Ge¬
schwader nachgeführt werden. Die eigentlichen Transportschiffe, von denen
namentlich Frankreich, England und Italien eine große Anzahl besitzen, sind
Dampfer und zwar fast immer Schraubendampfer, die sich äußerlich von den
größeren Passagierdampscrn wenig unterscheiden und im Inneren für bequeme und
gesunde Unterbringung von Truppen eingerichtet sind. Gewöhnlich sind sie aus
Holz, seltner aus Eisen gebaut, dann mit dünnen, höchstens ^ Zoll dicken,
nie mit starken Eisenplatten bekleidet wie die Panzerschiffe; sie führen meistens
eine Dreimastschovncr- oder eine Barktarelage, und haben ebenso wie die Avisos
eine ganz schwache Armirung, um sich gegen kleine feindliche Kriegsschiffe oder
Kaper wenigstens einigermaßen wehren zu können.


und umsichtig auftretende Toryministerium — sich zum Neubau von Kanonen¬
booten genöthigt gesehen hat. Man unterschied schon bisher in England die klei¬
nere Classe der Zurr doats (2—3 Kanonen, 60 Pferdekraft und meist 230 Tons)
und die größere Classe der Zur vessels, „Kanonenfahrzeuge" (gewöhnlich 4—5
Kanonen, 80 Pferdekraft und etwa 400 Tons). Die neuen Kanonenboote sollen
nun sämmtlich ebenso groß oder noch etwas größer als die letzteren werden
(400—600 Tons), sie sollen das innere Gerippe von Eisen und blos die äußere
Verplankung von Holz bekommen — „eoirixositö dass" — und endlich sollen
sie Zwillingsschrauben erhalten, deren Einrichtung wie die der hydraulischen
Reactionsmaschinen wir später genauer erklären werden, sämmtlich Verbesse¬
rungen, in denen unsere Marine der englischen wird nachfolgen müssen, wobei
ein Hauptgewicht auf größere Schnelligkeit als bisher zu legen sein wird.

So sind denn die Kanonenboote factisch als kleinste Gattung der activen
Schraubenkriegsschiffe zu betrachten; als nächstgrößere Classe kämen dann die
Avisos, dann die Schraubensloops der englischen und der amerikanischen Marine,
bis endlich die als Vollschiffe getakelten und darum in England officiell immer
als H. N. sriip bezeichneten größeren Classen, die Schraubencorvettcn, die
Schraubenfrcgatten und zuletzt, als Schiffe höchsten Ranges, die Schranben-
linienschiffe — Schraubenzweidecker wie Schraubendreidccker den Abschluß
machen, wenn wir die Panzerschiffe hier nicht mit in Rechnung ziehen. Nur
diese Schraubenschiffe sind es eigentlich, welche gegenwärtig als kriegstüchtigcr
Theil einer Flotte gerechnet werden können.

Schließlich wären an dieser Stelle, unter den ungepanzerten Schrauben¬
schiffen der Flotten, noch die Transportschiffe — englisch troop sdips, fran¬
zösisch ti-anspoi'es — zu erwähnen, die wir bisher nicht berücksichtigt haben,
weil sie nicht unmittelbar im Gefecht mitzuwirken haben. Sie sind hauptsächlich
zu Truppentransporten für Landungen und im Colonialdienst bestimmt, während
Vorräthe von Munition oder Proviant gewöhnlich durch gemiethete Schiffe der
Handelsmarine, Kohlcnvorräthe aber häufiger in England durch einen t<zM«r,
ein besonders dazu beordertes kleineres Fahrzeug der Kriegsmarine dem Ge¬
schwader nachgeführt werden. Die eigentlichen Transportschiffe, von denen
namentlich Frankreich, England und Italien eine große Anzahl besitzen, sind
Dampfer und zwar fast immer Schraubendampfer, die sich äußerlich von den
größeren Passagierdampscrn wenig unterscheiden und im Inneren für bequeme und
gesunde Unterbringung von Truppen eingerichtet sind. Gewöhnlich sind sie aus
Holz, seltner aus Eisen gebaut, dann mit dünnen, höchstens ^ Zoll dicken,
nie mit starken Eisenplatten bekleidet wie die Panzerschiffe; sie führen meistens
eine Dreimastschovncr- oder eine Barktarelage, und haben ebenso wie die Avisos
eine ganz schwache Armirung, um sich gegen kleine feindliche Kriegsschiffe oder
Kaper wenigstens einigermaßen wehren zu können.


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[0268] und umsichtig auftretende Toryministerium — sich zum Neubau von Kanonen¬ booten genöthigt gesehen hat. Man unterschied schon bisher in England die klei¬ nere Classe der Zurr doats (2—3 Kanonen, 60 Pferdekraft und meist 230 Tons) und die größere Classe der Zur vessels, „Kanonenfahrzeuge" (gewöhnlich 4—5 Kanonen, 80 Pferdekraft und etwa 400 Tons). Die neuen Kanonenboote sollen nun sämmtlich ebenso groß oder noch etwas größer als die letzteren werden (400—600 Tons), sie sollen das innere Gerippe von Eisen und blos die äußere Verplankung von Holz bekommen — „eoirixositö dass" — und endlich sollen sie Zwillingsschrauben erhalten, deren Einrichtung wie die der hydraulischen Reactionsmaschinen wir später genauer erklären werden, sämmtlich Verbesse¬ rungen, in denen unsere Marine der englischen wird nachfolgen müssen, wobei ein Hauptgewicht auf größere Schnelligkeit als bisher zu legen sein wird. So sind denn die Kanonenboote factisch als kleinste Gattung der activen Schraubenkriegsschiffe zu betrachten; als nächstgrößere Classe kämen dann die Avisos, dann die Schraubensloops der englischen und der amerikanischen Marine, bis endlich die als Vollschiffe getakelten und darum in England officiell immer als H. N. sriip bezeichneten größeren Classen, die Schraubencorvettcn, die Schraubenfrcgatten und zuletzt, als Schiffe höchsten Ranges, die Schranben- linienschiffe — Schraubenzweidecker wie Schraubendreidccker den Abschluß machen, wenn wir die Panzerschiffe hier nicht mit in Rechnung ziehen. Nur diese Schraubenschiffe sind es eigentlich, welche gegenwärtig als kriegstüchtigcr Theil einer Flotte gerechnet werden können. Schließlich wären an dieser Stelle, unter den ungepanzerten Schrauben¬ schiffen der Flotten, noch die Transportschiffe — englisch troop sdips, fran¬ zösisch ti-anspoi'es — zu erwähnen, die wir bisher nicht berücksichtigt haben, weil sie nicht unmittelbar im Gefecht mitzuwirken haben. Sie sind hauptsächlich zu Truppentransporten für Landungen und im Colonialdienst bestimmt, während Vorräthe von Munition oder Proviant gewöhnlich durch gemiethete Schiffe der Handelsmarine, Kohlcnvorräthe aber häufiger in England durch einen t<zM«r, ein besonders dazu beordertes kleineres Fahrzeug der Kriegsmarine dem Ge¬ schwader nachgeführt werden. Die eigentlichen Transportschiffe, von denen namentlich Frankreich, England und Italien eine große Anzahl besitzen, sind Dampfer und zwar fast immer Schraubendampfer, die sich äußerlich von den größeren Passagierdampscrn wenig unterscheiden und im Inneren für bequeme und gesunde Unterbringung von Truppen eingerichtet sind. Gewöhnlich sind sie aus Holz, seltner aus Eisen gebaut, dann mit dünnen, höchstens ^ Zoll dicken, nie mit starken Eisenplatten bekleidet wie die Panzerschiffe; sie führen meistens eine Dreimastschovncr- oder eine Barktarelage, und haben ebenso wie die Avisos eine ganz schwache Armirung, um sich gegen kleine feindliche Kriegsschiffe oder Kaper wenigstens einigermaßen wehren zu können.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/268>, abgerufen am 22.07.2024.