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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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geschähen noch drei Batterien und zeichnen sich also äußerlich durch drei weiße
Streifen an der Schiffswand und ihre Vollschifftcikclage aus: es sind dies die
Dreidecker (englisch ttiroe-ävelcer, französisch viüsss^u ii. trois xour-s),^die
unter den Schiffen älterer Construction schon nicht häusig, unter den Schiffen
neuerer Construction aber gradezu selten sind. Es werden nun die Dreidecker
und die Zweidecker gewöhnlich zusammen unter dem gemeinschaftlichen Namen
der Linienschiffe begriffen (englisch line-ok-battlö Mxs, französisch einfach
vaiLSLaux, seltner vaisLeaux av ligno), weil sie in den großen Seeschlachten
die Schlachtlinie zu bilden bestimmt waren. Unter allen den genannten Schiffs¬
arten ist der Liebling des Seemanns zu jeder Zeit die Fregatte gewesen, ein
großes Schiff mit Lollschifflakclage, bei dem der obere Theil des Rumpfes nicht
mit Geschützen überladen ist, und das daber die größte Tüchtigkeit und Schnel¬
ligkeit im Segeln hat. Und in der That erscheint die Fregatte auch dem Auge
als leicht und graziös: der lang hingestreckte schlanke Rumpf mit seiner weißen
Batterie, aus deren scharf abgezeichneten Pforten die Geschützmündungen drohend
hervorschauen, liegt nicht so übermäßig niedrig über dem Wasser, wie bei
kleineren Schiffsclassen, und doch wieder niedrig genug, um die schlanke
Takelage, in den Augen des Seemanns das Wichtigste, als Hauptstück erscheinen
zu lassen. Aber während bei der Fregatte die Bcmasiung Hauptsache scheint und
der Schiffskörper zurücktritt, findet doch eine harmonische Ausgleichung beider
Elemente erst beim Zweidecker statt; uns wenigstens ist der Anblick eines Zwei¬
deckers stets als das schönste und vollkommenste Bild eines Schiffs erschienen,
das sich denken läßt. Die doppelte weiße Batterie, überragt von der stolzen
hohen Takelage, die letztere eine wundervolle Krönung des schlanken, scharf
weiß und schwarz gezeichneten Rumpfs, der trotz seiner Höhe doch nicht zu
massig ragt, sondern nur als wirkungsvoller Gegensatz zu dem schlanken
und luftigen Ausbau der Masten, Rciacn und Spieren -- es ist wirklich ein
herzeifreuendes Bild, eine Gestaltung, um welche die beflügelte Phantasie wie
ein Seevogel fröhlich ihre Kreise zieht. -- Beim Dreidecker dagegen mit seinem
kolossal hohen Schiffskörper, wie er durch die dreifache weiße Batterie bedingt
ist, tritt die Takelage in den Hintergrund, wie Nebensache des schwerfälligen
Rumpfes, und vermag daher nicht entfernt den harmonischen Eindruck hervor¬
zurufen, wie die prachtvolle und doch elegante Erscheinung des stolzen Zwei¬
deckers.

Wir bemerkten bereits, daß die Eintheilung der Kriegsschiffe nach Take¬
lage und Batterienzahl ursprünglich für die Segelschiffe galt, welche noch im
ersten Drittel unsres Jahrhunderts ausschließlich die Kriegsflotten bildeten. Seit
der Anwendung der Dampfkraft aus die Fortbewegung, welche das Kriegsschiff
von den Zufälligkeiten des Wetters unabhängiger machte, schien anfänglich eine
Aenderung einzutreten. Die Form, in welcher die Dampfkraft zunächst ihre


geschähen noch drei Batterien und zeichnen sich also äußerlich durch drei weiße
Streifen an der Schiffswand und ihre Vollschifftcikclage aus: es sind dies die
Dreidecker (englisch ttiroe-ävelcer, französisch viüsss^u ii. trois xour-s),^die
unter den Schiffen älterer Construction schon nicht häusig, unter den Schiffen
neuerer Construction aber gradezu selten sind. Es werden nun die Dreidecker
und die Zweidecker gewöhnlich zusammen unter dem gemeinschaftlichen Namen
der Linienschiffe begriffen (englisch line-ok-battlö Mxs, französisch einfach
vaiLSLaux, seltner vaisLeaux av ligno), weil sie in den großen Seeschlachten
die Schlachtlinie zu bilden bestimmt waren. Unter allen den genannten Schiffs¬
arten ist der Liebling des Seemanns zu jeder Zeit die Fregatte gewesen, ein
großes Schiff mit Lollschifflakclage, bei dem der obere Theil des Rumpfes nicht
mit Geschützen überladen ist, und das daber die größte Tüchtigkeit und Schnel¬
ligkeit im Segeln hat. Und in der That erscheint die Fregatte auch dem Auge
als leicht und graziös: der lang hingestreckte schlanke Rumpf mit seiner weißen
Batterie, aus deren scharf abgezeichneten Pforten die Geschützmündungen drohend
hervorschauen, liegt nicht so übermäßig niedrig über dem Wasser, wie bei
kleineren Schiffsclassen, und doch wieder niedrig genug, um die schlanke
Takelage, in den Augen des Seemanns das Wichtigste, als Hauptstück erscheinen
zu lassen. Aber während bei der Fregatte die Bcmasiung Hauptsache scheint und
der Schiffskörper zurücktritt, findet doch eine harmonische Ausgleichung beider
Elemente erst beim Zweidecker statt; uns wenigstens ist der Anblick eines Zwei¬
deckers stets als das schönste und vollkommenste Bild eines Schiffs erschienen,
das sich denken läßt. Die doppelte weiße Batterie, überragt von der stolzen
hohen Takelage, die letztere eine wundervolle Krönung des schlanken, scharf
weiß und schwarz gezeichneten Rumpfs, der trotz seiner Höhe doch nicht zu
massig ragt, sondern nur als wirkungsvoller Gegensatz zu dem schlanken
und luftigen Ausbau der Masten, Rciacn und Spieren — es ist wirklich ein
herzeifreuendes Bild, eine Gestaltung, um welche die beflügelte Phantasie wie
ein Seevogel fröhlich ihre Kreise zieht. — Beim Dreidecker dagegen mit seinem
kolossal hohen Schiffskörper, wie er durch die dreifache weiße Batterie bedingt
ist, tritt die Takelage in den Hintergrund, wie Nebensache des schwerfälligen
Rumpfes, und vermag daher nicht entfernt den harmonischen Eindruck hervor¬
zurufen, wie die prachtvolle und doch elegante Erscheinung des stolzen Zwei¬
deckers.

Wir bemerkten bereits, daß die Eintheilung der Kriegsschiffe nach Take¬
lage und Batterienzahl ursprünglich für die Segelschiffe galt, welche noch im
ersten Drittel unsres Jahrhunderts ausschließlich die Kriegsflotten bildeten. Seit
der Anwendung der Dampfkraft aus die Fortbewegung, welche das Kriegsschiff
von den Zufälligkeiten des Wetters unabhängiger machte, schien anfänglich eine
Aenderung einzutreten. Die Form, in welcher die Dampfkraft zunächst ihre


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/260>, abgerufen am 22.07.2024.