Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Bugspriet sich natürlich die Klüver befinden, so heißt das Schiff bei den nor¬
dischen Seevölkcrn ein Schooner und bei den romanischen Seevölkern eine
Goelctte; hat aber das Schiff außer den eben angegebenen Segeln am
Hintermasi noch Raaen, so daß also jeder der beiden Masten mehre (drei bis
Vier oder auch fünf) Naasegel über einander führt, so heißt es in der nordischen
Seesprache eine Brigg, in der romanischen eine Brigantine. Von kleinen
/Variationen der Takelage und der Nomenclatur dürfen wir hier absehen. Die
Schooner, meist mit einer Tragfähigkeit von etwa 180--300 Tons (zu 20 Cent¬
ner), und namentlich die Briggs, gewöhnlich von etwa 260--300 Tons Lästig¬
keit, bilden der Zahl nach den größten Bestandtheil unserer Handelsmarine; sie
sind schon Hochseeschiffe, Schiffe, welche die Fahrten nach den entferntesten
Gewässern machen. Als Kriegsschiffe dagegen finden sich beide Classen wenig
mehr benutzt, während sie, im Anfang dieses Jahrhunderts die gewöhnlichsten
Kriegsschiffe niederen Ranges waren; doch werden Segelbriggs noch heutzutage
in manchen Flotten, so namentlich in der englischen und unserer preußischen
Marine, als Ucbungsschiffc zur Ausbildung der Mannschaft im Manövriren mit
der Takelage benutzt, und die kleineren Avisodampfer sind namentlich in der
französischen Marine fast durchgängig als Schooner oder als Briggs getakelt.

Seeschiffe größter Art sind endlich diejenigen, welche drei Masten führen.
Hat bei einem Schiff dieser Art blos der vorderste Mast Naasegel, die beiden
Hinteren . Masten dagegen Gaffelsegel, während vorn natürlich die Klüver
nicht fehlen, so heißt das Fahrzeug ein D r e im a se scho o n er; haben der vor"
berste und der mittlere Mast Naasegel und der Hintere blos ein Gaffelsegel,
wobei natürlich vorn auch die Klüver vorhanden sind, so heißt das Schiff eine
Bark (englisch dg-i-que, französisch troismKts-lMi-eme); führt endlich auch der
hinterste Mast außer seinem Gaffelsegel noch Naasegel, so daß also neben den
Klüvern und dem Hinteren Gaffelsegel alle drei Masten je vier bis fünf Naa¬
segel führen, so heißt das Schiff ein Vollschiff (englisch einfach stip, seltner
kulIriAgsä stip, d. h. voll getakeltes Schiff, französisch tioismats carre) und
bei sehr scharfem, für schnelle Fahrten besonders berechnetem Bau des Rumpfes
ein Klipper (englisch elipxsr oder dipper-stip, französisch auch elixper). Von
den genannten drei Hauptarten der dreimastigen Schiffe -- der Ausdruck "Drei¬
master" wird von den Seeleuten kaum gebraucht -- sind die Dreimastschooner die
seltensten; in der Handelsmarine sind sie als Segelschiffe etwa von gleichem
Tonnengehalt wie die Briggs, nur bei einigen englischen und auch bei ham¬
burgischen Rhedern für den Handel mit Südamerika und mit China beliebt;
sehr häufig dagegen ist diese Takelage bei den Dampfern der Handelsmarine
und ebenso in den Kriegsflotten nicht selten für die neuen Schraubenkanonen¬
boote größerer Art und auch für manche Panzerschiffe.

Weit häufiger sind in der Handelsmarine die Barth und die Vollschisse,


Bugspriet sich natürlich die Klüver befinden, so heißt das Schiff bei den nor¬
dischen Seevölkcrn ein Schooner und bei den romanischen Seevölkern eine
Goelctte; hat aber das Schiff außer den eben angegebenen Segeln am
Hintermasi noch Raaen, so daß also jeder der beiden Masten mehre (drei bis
Vier oder auch fünf) Naasegel über einander führt, so heißt es in der nordischen
Seesprache eine Brigg, in der romanischen eine Brigantine. Von kleinen
/Variationen der Takelage und der Nomenclatur dürfen wir hier absehen. Die
Schooner, meist mit einer Tragfähigkeit von etwa 180—300 Tons (zu 20 Cent¬
ner), und namentlich die Briggs, gewöhnlich von etwa 260—300 Tons Lästig¬
keit, bilden der Zahl nach den größten Bestandtheil unserer Handelsmarine; sie
sind schon Hochseeschiffe, Schiffe, welche die Fahrten nach den entferntesten
Gewässern machen. Als Kriegsschiffe dagegen finden sich beide Classen wenig
mehr benutzt, während sie, im Anfang dieses Jahrhunderts die gewöhnlichsten
Kriegsschiffe niederen Ranges waren; doch werden Segelbriggs noch heutzutage
in manchen Flotten, so namentlich in der englischen und unserer preußischen
Marine, als Ucbungsschiffc zur Ausbildung der Mannschaft im Manövriren mit
der Takelage benutzt, und die kleineren Avisodampfer sind namentlich in der
französischen Marine fast durchgängig als Schooner oder als Briggs getakelt.

Seeschiffe größter Art sind endlich diejenigen, welche drei Masten führen.
Hat bei einem Schiff dieser Art blos der vorderste Mast Naasegel, die beiden
Hinteren . Masten dagegen Gaffelsegel, während vorn natürlich die Klüver
nicht fehlen, so heißt das Fahrzeug ein D r e im a se scho o n er; haben der vor«
berste und der mittlere Mast Naasegel und der Hintere blos ein Gaffelsegel,
wobei natürlich vorn auch die Klüver vorhanden sind, so heißt das Schiff eine
Bark (englisch dg-i-que, französisch troismKts-lMi-eme); führt endlich auch der
hinterste Mast außer seinem Gaffelsegel noch Naasegel, so daß also neben den
Klüvern und dem Hinteren Gaffelsegel alle drei Masten je vier bis fünf Naa¬
segel führen, so heißt das Schiff ein Vollschiff (englisch einfach stip, seltner
kulIriAgsä stip, d. h. voll getakeltes Schiff, französisch tioismats carre) und
bei sehr scharfem, für schnelle Fahrten besonders berechnetem Bau des Rumpfes
ein Klipper (englisch elipxsr oder dipper-stip, französisch auch elixper). Von
den genannten drei Hauptarten der dreimastigen Schiffe — der Ausdruck „Drei¬
master" wird von den Seeleuten kaum gebraucht — sind die Dreimastschooner die
seltensten; in der Handelsmarine sind sie als Segelschiffe etwa von gleichem
Tonnengehalt wie die Briggs, nur bei einigen englischen und auch bei ham¬
burgischen Rhedern für den Handel mit Südamerika und mit China beliebt;
sehr häufig dagegen ist diese Takelage bei den Dampfern der Handelsmarine
und ebenso in den Kriegsflotten nicht selten für die neuen Schraubenkanonen¬
boote größerer Art und auch für manche Panzerschiffe.

Weit häufiger sind in der Handelsmarine die Barth und die Vollschisse,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0257" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190951"/>
            <p xml:id="ID_837" prev="#ID_836"> Bugspriet sich natürlich die Klüver befinden, so heißt das Schiff bei den nor¬<lb/>
dischen Seevölkcrn ein Schooner und bei den romanischen Seevölkern eine<lb/>
Goelctte; hat aber das Schiff außer den eben angegebenen Segeln am<lb/>
Hintermasi noch Raaen, so daß also jeder der beiden Masten mehre (drei bis<lb/>
Vier oder auch fünf) Naasegel über einander führt, so heißt es in der nordischen<lb/>
Seesprache eine Brigg, in der romanischen eine Brigantine. Von kleinen<lb/>
/Variationen der Takelage und der Nomenclatur dürfen wir hier absehen. Die<lb/>
Schooner, meist mit einer Tragfähigkeit von etwa 180&#x2014;300 Tons (zu 20 Cent¬<lb/>
ner), und namentlich die Briggs, gewöhnlich von etwa 260&#x2014;300 Tons Lästig¬<lb/>
keit, bilden der Zahl nach den größten Bestandtheil unserer Handelsmarine; sie<lb/>
sind schon Hochseeschiffe, Schiffe, welche die Fahrten nach den entferntesten<lb/>
Gewässern machen. Als Kriegsschiffe dagegen finden sich beide Classen wenig<lb/>
mehr benutzt, während sie, im Anfang dieses Jahrhunderts die gewöhnlichsten<lb/>
Kriegsschiffe niederen Ranges waren; doch werden Segelbriggs noch heutzutage<lb/>
in manchen Flotten, so namentlich in der englischen und unserer preußischen<lb/>
Marine, als Ucbungsschiffc zur Ausbildung der Mannschaft im Manövriren mit<lb/>
der Takelage benutzt, und die kleineren Avisodampfer sind namentlich in der<lb/>
französischen Marine fast durchgängig als Schooner oder als Briggs getakelt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_838"> Seeschiffe größter Art sind endlich diejenigen, welche drei Masten führen.<lb/>
Hat bei einem Schiff dieser Art blos der vorderste Mast Naasegel, die beiden<lb/>
Hinteren . Masten dagegen Gaffelsegel, während vorn natürlich die Klüver<lb/>
nicht fehlen, so heißt das Fahrzeug ein D r e im a se scho o n er; haben der vor«<lb/>
berste und der mittlere Mast Naasegel und der Hintere blos ein Gaffelsegel,<lb/>
wobei natürlich vorn auch die Klüver vorhanden sind, so heißt das Schiff eine<lb/>
Bark (englisch dg-i-que, französisch troismKts-lMi-eme); führt endlich auch der<lb/>
hinterste Mast außer seinem Gaffelsegel noch Naasegel, so daß also neben den<lb/>
Klüvern und dem Hinteren Gaffelsegel alle drei Masten je vier bis fünf Naa¬<lb/>
segel führen, so heißt das Schiff ein Vollschiff (englisch einfach stip, seltner<lb/>
kulIriAgsä stip, d. h. voll getakeltes Schiff, französisch tioismats carre) und<lb/>
bei sehr scharfem, für schnelle Fahrten besonders berechnetem Bau des Rumpfes<lb/>
ein Klipper (englisch elipxsr oder dipper-stip, französisch auch elixper). Von<lb/>
den genannten drei Hauptarten der dreimastigen Schiffe &#x2014; der Ausdruck &#x201E;Drei¬<lb/>
master" wird von den Seeleuten kaum gebraucht &#x2014; sind die Dreimastschooner die<lb/>
seltensten; in der Handelsmarine sind sie als Segelschiffe etwa von gleichem<lb/>
Tonnengehalt wie die Briggs, nur bei einigen englischen und auch bei ham¬<lb/>
burgischen Rhedern für den Handel mit Südamerika und mit China beliebt;<lb/>
sehr häufig dagegen ist diese Takelage bei den Dampfern der Handelsmarine<lb/>
und ebenso in den Kriegsflotten nicht selten für die neuen Schraubenkanonen¬<lb/>
boote größerer Art und auch für manche Panzerschiffe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_839" next="#ID_840"> Weit häufiger sind in der Handelsmarine die Barth und die Vollschisse,</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0257] Bugspriet sich natürlich die Klüver befinden, so heißt das Schiff bei den nor¬ dischen Seevölkcrn ein Schooner und bei den romanischen Seevölkern eine Goelctte; hat aber das Schiff außer den eben angegebenen Segeln am Hintermasi noch Raaen, so daß also jeder der beiden Masten mehre (drei bis Vier oder auch fünf) Naasegel über einander führt, so heißt es in der nordischen Seesprache eine Brigg, in der romanischen eine Brigantine. Von kleinen /Variationen der Takelage und der Nomenclatur dürfen wir hier absehen. Die Schooner, meist mit einer Tragfähigkeit von etwa 180—300 Tons (zu 20 Cent¬ ner), und namentlich die Briggs, gewöhnlich von etwa 260—300 Tons Lästig¬ keit, bilden der Zahl nach den größten Bestandtheil unserer Handelsmarine; sie sind schon Hochseeschiffe, Schiffe, welche die Fahrten nach den entferntesten Gewässern machen. Als Kriegsschiffe dagegen finden sich beide Classen wenig mehr benutzt, während sie, im Anfang dieses Jahrhunderts die gewöhnlichsten Kriegsschiffe niederen Ranges waren; doch werden Segelbriggs noch heutzutage in manchen Flotten, so namentlich in der englischen und unserer preußischen Marine, als Ucbungsschiffc zur Ausbildung der Mannschaft im Manövriren mit der Takelage benutzt, und die kleineren Avisodampfer sind namentlich in der französischen Marine fast durchgängig als Schooner oder als Briggs getakelt. Seeschiffe größter Art sind endlich diejenigen, welche drei Masten führen. Hat bei einem Schiff dieser Art blos der vorderste Mast Naasegel, die beiden Hinteren . Masten dagegen Gaffelsegel, während vorn natürlich die Klüver nicht fehlen, so heißt das Fahrzeug ein D r e im a se scho o n er; haben der vor« berste und der mittlere Mast Naasegel und der Hintere blos ein Gaffelsegel, wobei natürlich vorn auch die Klüver vorhanden sind, so heißt das Schiff eine Bark (englisch dg-i-que, französisch troismKts-lMi-eme); führt endlich auch der hinterste Mast außer seinem Gaffelsegel noch Naasegel, so daß also neben den Klüvern und dem Hinteren Gaffelsegel alle drei Masten je vier bis fünf Naa¬ segel führen, so heißt das Schiff ein Vollschiff (englisch einfach stip, seltner kulIriAgsä stip, d. h. voll getakeltes Schiff, französisch tioismats carre) und bei sehr scharfem, für schnelle Fahrten besonders berechnetem Bau des Rumpfes ein Klipper (englisch elipxsr oder dipper-stip, französisch auch elixper). Von den genannten drei Hauptarten der dreimastigen Schiffe — der Ausdruck „Drei¬ master" wird von den Seeleuten kaum gebraucht — sind die Dreimastschooner die seltensten; in der Handelsmarine sind sie als Segelschiffe etwa von gleichem Tonnengehalt wie die Briggs, nur bei einigen englischen und auch bei ham¬ burgischen Rhedern für den Handel mit Südamerika und mit China beliebt; sehr häufig dagegen ist diese Takelage bei den Dampfern der Handelsmarine und ebenso in den Kriegsflotten nicht selten für die neuen Schraubenkanonen¬ boote größerer Art und auch für manche Panzerschiffe. Weit häufiger sind in der Handelsmarine die Barth und die Vollschisse,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/257
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/257>, abgerufen am 22.07.2024.