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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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beim Vorangehen wieder mit sich, um es bei neuen Gefechten benutzen zu
können. Der Lazarethdirector hat auf die leichten Lazarethe keinen Einfluß, zu
seiner Fürsorge für die von denselben abgesetzten und verbundenen Verwundeten
durch die Corpslazarethe erhält er aber seine Jnstructionen aus dem Haupt¬
quartier. Er soll keine Zwischenbehörde bilden, darf also auch die Initiative
nicht ergreifen, Befehle nicht selbständig ertheilen, die drei Corpslazarethe durch
seine drei Ordonnanzen zum Dienste nicht herbeiziehen. -- Außerdem kann
das Depot mit der Abgabe seiner Verwundeten an ein Corpslazareth nicht bis
zu dessen Ankunft warten; denn dieses ist, wenn es auch auf dem Marsche
nicht abgedrängt wurde, zufolge seiner Organisation stets einige Tagemarsche
zurück. Zuweilen bleibt es in Unkenntniß über die Richtung, welche das Corps
beim Marsche genommen hat, und vermag auch der Etavpencvmmandeur hier¬
über nicht Auskunft zu geben. Auch treffen die vom Hauptquartier abgeschickten
Ordonnanzen nicht immer das Corpslazareth oder den Lazarethdirector an.
Bei Absenkung von Befehlen durch die Feldpost wird der Zweck in der Regel
noch weniger erreicht; denn erfahrungsgemäß kamen dieselben erst nach acht
Tagen an den Adressaten. -- Durch die Ausrüstung mit nur einem Reit.
Pferde wird der Lazarethdirector außerdem verhindert, eine erforderliche Wirk¬
samkeit entwickeln zu können. Auch ist nicht zu übersehen, daß die Erthei-
lung der erforderlichen Befehle über die Verwendung der Lazarethe zuweilen
von den betreffenden Commandeuren bei der Ausübung ihrer anderweitigen
Berufspflichten, man möchte sagen in der Hitze des Gefechtes, ebenso vergessen
wird, als die Anlegung eines Verbandplatzes und die Verwendung der Truppen¬
ärzte auf demselben. -- Die Chefärzte mancher Corpslazarethe irrten dann mit
ihrem Personal und Material umher, ohne zur Entwickelung einer Thätigkeit
zu kommen, so groß auch oft die Noth war. Daher läßt sich erklären, daß
solche erst nach den Schlachten bei der Cholera Verwendung fanden, daß von
den drei leichten Lazarethen der Mainarmee bei Langensalza keins gegen¬
wärtig war, und drei leichte Lazarethe in Prag ankamen, ohne irgendeine
Thätigkeit bei den Gefechten und bei Königsgrätz entwickelt zu haben, wodurch
der absolute Mangel an Aerzten noch mehr vergrößert wurde.

Den aus diesen Zuständen resultirendcn Kalamitäten wird in der Folge
vorgebeugt werden können, wenn die Bestimmungen über die Verwendung der
Feldlazarethe nicht mehr an das Generalcommando eines Armeecorps, sondern
an eine kleinere tactische Einheit, an die Division gekettet, und unabhängig von
allem anderweitig zu erwartenden, den Anordnungen des Kommandos derselben
gemäß, in eine sachverständige Hand, also in die eines Arztes gelegt werden.
-- Die für den vierjährigen Krieg in Nordamerika getroffenen Einrichtungen
und deren günstige Erfolge können der alten Welt als Vorbild dienen, respec-
tive zur Nacheiferung anregen. Die Negierung hatte die Feldsanitätsrcglemcnts


beim Vorangehen wieder mit sich, um es bei neuen Gefechten benutzen zu
können. Der Lazarethdirector hat auf die leichten Lazarethe keinen Einfluß, zu
seiner Fürsorge für die von denselben abgesetzten und verbundenen Verwundeten
durch die Corpslazarethe erhält er aber seine Jnstructionen aus dem Haupt¬
quartier. Er soll keine Zwischenbehörde bilden, darf also auch die Initiative
nicht ergreifen, Befehle nicht selbständig ertheilen, die drei Corpslazarethe durch
seine drei Ordonnanzen zum Dienste nicht herbeiziehen. — Außerdem kann
das Depot mit der Abgabe seiner Verwundeten an ein Corpslazareth nicht bis
zu dessen Ankunft warten; denn dieses ist, wenn es auch auf dem Marsche
nicht abgedrängt wurde, zufolge seiner Organisation stets einige Tagemarsche
zurück. Zuweilen bleibt es in Unkenntniß über die Richtung, welche das Corps
beim Marsche genommen hat, und vermag auch der Etavpencvmmandeur hier¬
über nicht Auskunft zu geben. Auch treffen die vom Hauptquartier abgeschickten
Ordonnanzen nicht immer das Corpslazareth oder den Lazarethdirector an.
Bei Absenkung von Befehlen durch die Feldpost wird der Zweck in der Regel
noch weniger erreicht; denn erfahrungsgemäß kamen dieselben erst nach acht
Tagen an den Adressaten. — Durch die Ausrüstung mit nur einem Reit.
Pferde wird der Lazarethdirector außerdem verhindert, eine erforderliche Wirk¬
samkeit entwickeln zu können. Auch ist nicht zu übersehen, daß die Erthei-
lung der erforderlichen Befehle über die Verwendung der Lazarethe zuweilen
von den betreffenden Commandeuren bei der Ausübung ihrer anderweitigen
Berufspflichten, man möchte sagen in der Hitze des Gefechtes, ebenso vergessen
wird, als die Anlegung eines Verbandplatzes und die Verwendung der Truppen¬
ärzte auf demselben. — Die Chefärzte mancher Corpslazarethe irrten dann mit
ihrem Personal und Material umher, ohne zur Entwickelung einer Thätigkeit
zu kommen, so groß auch oft die Noth war. Daher läßt sich erklären, daß
solche erst nach den Schlachten bei der Cholera Verwendung fanden, daß von
den drei leichten Lazarethen der Mainarmee bei Langensalza keins gegen¬
wärtig war, und drei leichte Lazarethe in Prag ankamen, ohne irgendeine
Thätigkeit bei den Gefechten und bei Königsgrätz entwickelt zu haben, wodurch
der absolute Mangel an Aerzten noch mehr vergrößert wurde.

Den aus diesen Zuständen resultirendcn Kalamitäten wird in der Folge
vorgebeugt werden können, wenn die Bestimmungen über die Verwendung der
Feldlazarethe nicht mehr an das Generalcommando eines Armeecorps, sondern
an eine kleinere tactische Einheit, an die Division gekettet, und unabhängig von
allem anderweitig zu erwartenden, den Anordnungen des Kommandos derselben
gemäß, in eine sachverständige Hand, also in die eines Arztes gelegt werden.
— Die für den vierjährigen Krieg in Nordamerika getroffenen Einrichtungen
und deren günstige Erfolge können der alten Welt als Vorbild dienen, respec-
tive zur Nacheiferung anregen. Die Negierung hatte die Feldsanitätsrcglemcnts


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[0134] beim Vorangehen wieder mit sich, um es bei neuen Gefechten benutzen zu können. Der Lazarethdirector hat auf die leichten Lazarethe keinen Einfluß, zu seiner Fürsorge für die von denselben abgesetzten und verbundenen Verwundeten durch die Corpslazarethe erhält er aber seine Jnstructionen aus dem Haupt¬ quartier. Er soll keine Zwischenbehörde bilden, darf also auch die Initiative nicht ergreifen, Befehle nicht selbständig ertheilen, die drei Corpslazarethe durch seine drei Ordonnanzen zum Dienste nicht herbeiziehen. — Außerdem kann das Depot mit der Abgabe seiner Verwundeten an ein Corpslazareth nicht bis zu dessen Ankunft warten; denn dieses ist, wenn es auch auf dem Marsche nicht abgedrängt wurde, zufolge seiner Organisation stets einige Tagemarsche zurück. Zuweilen bleibt es in Unkenntniß über die Richtung, welche das Corps beim Marsche genommen hat, und vermag auch der Etavpencvmmandeur hier¬ über nicht Auskunft zu geben. Auch treffen die vom Hauptquartier abgeschickten Ordonnanzen nicht immer das Corpslazareth oder den Lazarethdirector an. Bei Absenkung von Befehlen durch die Feldpost wird der Zweck in der Regel noch weniger erreicht; denn erfahrungsgemäß kamen dieselben erst nach acht Tagen an den Adressaten. — Durch die Ausrüstung mit nur einem Reit. Pferde wird der Lazarethdirector außerdem verhindert, eine erforderliche Wirk¬ samkeit entwickeln zu können. Auch ist nicht zu übersehen, daß die Erthei- lung der erforderlichen Befehle über die Verwendung der Lazarethe zuweilen von den betreffenden Commandeuren bei der Ausübung ihrer anderweitigen Berufspflichten, man möchte sagen in der Hitze des Gefechtes, ebenso vergessen wird, als die Anlegung eines Verbandplatzes und die Verwendung der Truppen¬ ärzte auf demselben. — Die Chefärzte mancher Corpslazarethe irrten dann mit ihrem Personal und Material umher, ohne zur Entwickelung einer Thätigkeit zu kommen, so groß auch oft die Noth war. Daher läßt sich erklären, daß solche erst nach den Schlachten bei der Cholera Verwendung fanden, daß von den drei leichten Lazarethen der Mainarmee bei Langensalza keins gegen¬ wärtig war, und drei leichte Lazarethe in Prag ankamen, ohne irgendeine Thätigkeit bei den Gefechten und bei Königsgrätz entwickelt zu haben, wodurch der absolute Mangel an Aerzten noch mehr vergrößert wurde. Den aus diesen Zuständen resultirendcn Kalamitäten wird in der Folge vorgebeugt werden können, wenn die Bestimmungen über die Verwendung der Feldlazarethe nicht mehr an das Generalcommando eines Armeecorps, sondern an eine kleinere tactische Einheit, an die Division gekettet, und unabhängig von allem anderweitig zu erwartenden, den Anordnungen des Kommandos derselben gemäß, in eine sachverständige Hand, also in die eines Arztes gelegt werden. — Die für den vierjährigen Krieg in Nordamerika getroffenen Einrichtungen und deren günstige Erfolge können der alten Welt als Vorbild dienen, respec- tive zur Nacheiferung anregen. Die Negierung hatte die Feldsanitätsrcglemcnts

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/134>, abgerufen am 22.07.2024.