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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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kriegerischen Thaten vollbracht, die geeignetsten Männer seien, eine Regierungs¬
voringe Vorurtheilslos zu prüfen und mit guten Gründen und überzeugender
Beredsamkeit parlamentarisch zu vertheidigen, läßt sich schwer behaupten. Die,
welche sich vom Auftreten von Männern dieser hervorragenden Stellung in
Reichs- und Landtagsversammlungen einen durchgreifenden Erfolg versprechen,
begründen diese Hoffnung auch wohl mehr auf die bei der Gesammtheit der
Mitglieder vorausgesetzte Pietät und auf die imponirenden oder Ehrfurcht er¬
weckenden Persönlichkeiten. Daß aber unbeschadet der erlern Stimmung das
alles nicht hinreicht, um anders denkende Versammlungen zu den Meinuu,er
und Anschauungen der letztern herüberzulenken, haben wir bei dieser Gelegenheit
wieder erfahren. Es entstand freilich wohl eine lebhafte Bewegung im Hause,
als der berühmte "Denker der Schlachten". Freiherr v. Moltke. die Tribüne be-
- trat; und mit einer fast andächtigen Aufmerksamkeit lauschte man seinem ruhigen,
klaren Vortrag, in welchem er die Nothwendigkeit der dreijährigen Präsenzzeit
und später seine Amendements begründete, welche die fortdauernde Gel¬
tung der zur Ewigkeit für das Bundeskriegswesen erhobenen preußischen
Militäreinrichtungen, den Aushebungssatz von 1 Procent und die Zahlung von
225 Thaler pro Mann bis zum Erlaß eines Bundesgesetzes ohne dessen
Termin zu bestimmen, wahren will. Es blieb auch die frische und kriege¬
risch muntere "ol'g.dio pro äomo" des tapfern Führers der Mainarmee mit
ihrem offen bekannten Kriegsdurst nicht ohne lebhaft geäußerte freundliche Aus¬
nahme. Und selbst General v. Steinmetz hatte sich außer einer oft" nicht zu
unterdrückenden Heiterkeit, welche seine Kochst eigenthümlichen ökonomischen An¬
schauungen über die Natur der "produktiven Ausgaben" erwecken mußten, über
keine Kundgebung derjenigen Stimmung zu beschweren, welche seine hier völlig
unmotivirten Beschuldigungen der Gesinnung seiner parlamentarischen Gegner
bei diesen wohl hätten provociren können. Aber Respect und Wohlwollen haben
auf die Abstimmungen über die bezüglichen Paragraphen und Amendements
keinen Einfluß geübt. Herrn v. Forkenbeck war es gelungen, in den von ihm
zu Artikel 86, S7 und S8 gestellte" Amendements die Formel zu finden, welche
von den Männern der verschiedenen liberalen und oppositionellen Parteischat-
tirungen eine genügende Anzahl zu einem Votum vereinigte, das einen Sieg
mit freilich jedes Mal nur 8--10 Stimmen Majorität darstellt. Den bestimmten
Termin, welchen die moltkeschen Amendements.dem Belieben der Bundesregie¬
rung anheimgestellt wissen wollen, setzten die forkenbeckschen auf den 31. Decem¬
ber 1871 fest. Nach diesem soll die Präsidialmacht gehalten sein, die künftig gel¬
tenden Militäreinrichtungen, Aushebung. Kosten :c., "auf dem Wege der Bundes-
a/setzgebung" zu ordnen. Das Zugeständnis; des begehrten Pauschquantums
an Menschen und Geld mit Verzichtleistung auf jene alljährliche Controle,


kriegerischen Thaten vollbracht, die geeignetsten Männer seien, eine Regierungs¬
voringe Vorurtheilslos zu prüfen und mit guten Gründen und überzeugender
Beredsamkeit parlamentarisch zu vertheidigen, läßt sich schwer behaupten. Die,
welche sich vom Auftreten von Männern dieser hervorragenden Stellung in
Reichs- und Landtagsversammlungen einen durchgreifenden Erfolg versprechen,
begründen diese Hoffnung auch wohl mehr auf die bei der Gesammtheit der
Mitglieder vorausgesetzte Pietät und auf die imponirenden oder Ehrfurcht er¬
weckenden Persönlichkeiten. Daß aber unbeschadet der erlern Stimmung das
alles nicht hinreicht, um anders denkende Versammlungen zu den Meinuu,er
und Anschauungen der letztern herüberzulenken, haben wir bei dieser Gelegenheit
wieder erfahren. Es entstand freilich wohl eine lebhafte Bewegung im Hause,
als der berühmte „Denker der Schlachten". Freiherr v. Moltke. die Tribüne be-
- trat; und mit einer fast andächtigen Aufmerksamkeit lauschte man seinem ruhigen,
klaren Vortrag, in welchem er die Nothwendigkeit der dreijährigen Präsenzzeit
und später seine Amendements begründete, welche die fortdauernde Gel¬
tung der zur Ewigkeit für das Bundeskriegswesen erhobenen preußischen
Militäreinrichtungen, den Aushebungssatz von 1 Procent und die Zahlung von
225 Thaler pro Mann bis zum Erlaß eines Bundesgesetzes ohne dessen
Termin zu bestimmen, wahren will. Es blieb auch die frische und kriege¬
risch muntere „ol'g.dio pro äomo" des tapfern Führers der Mainarmee mit
ihrem offen bekannten Kriegsdurst nicht ohne lebhaft geäußerte freundliche Aus¬
nahme. Und selbst General v. Steinmetz hatte sich außer einer oft" nicht zu
unterdrückenden Heiterkeit, welche seine Kochst eigenthümlichen ökonomischen An¬
schauungen über die Natur der „produktiven Ausgaben" erwecken mußten, über
keine Kundgebung derjenigen Stimmung zu beschweren, welche seine hier völlig
unmotivirten Beschuldigungen der Gesinnung seiner parlamentarischen Gegner
bei diesen wohl hätten provociren können. Aber Respect und Wohlwollen haben
auf die Abstimmungen über die bezüglichen Paragraphen und Amendements
keinen Einfluß geübt. Herrn v. Forkenbeck war es gelungen, in den von ihm
zu Artikel 86, S7 und S8 gestellte» Amendements die Formel zu finden, welche
von den Männern der verschiedenen liberalen und oppositionellen Parteischat-
tirungen eine genügende Anzahl zu einem Votum vereinigte, das einen Sieg
mit freilich jedes Mal nur 8—10 Stimmen Majorität darstellt. Den bestimmten
Termin, welchen die moltkeschen Amendements.dem Belieben der Bundesregie¬
rung anheimgestellt wissen wollen, setzten die forkenbeckschen auf den 31. Decem¬
ber 1871 fest. Nach diesem soll die Präsidialmacht gehalten sein, die künftig gel¬
tenden Militäreinrichtungen, Aushebung. Kosten :c., „auf dem Wege der Bundes-
a/setzgebung" zu ordnen. Das Zugeständnis; des begehrten Pauschquantums
an Menschen und Geld mit Verzichtleistung auf jene alljährliche Controle,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/123>, abgerufen am 22.07.2024.