Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.wiesen, wird die national-liberale Gruppe diese Compromisfe da schließen müssen, Ziehen wir die Summe, um uns weiter in den außerpreußischen und neu¬ Seit die norddeutsche Bundesverfassung in Kraft getreten, bleibt der Partei, Aehnlich verhält es sich mit der Opposition in den außerpreußischen, be¬ wiesen, wird die national-liberale Gruppe diese Compromisfe da schließen müssen, Ziehen wir die Summe, um uns weiter in den außerpreußischen und neu¬ Seit die norddeutsche Bundesverfassung in Kraft getreten, bleibt der Partei, Aehnlich verhält es sich mit der Opposition in den außerpreußischen, be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191318"/> <p xml:id="ID_212" prev="#ID_211"> wiesen, wird die national-liberale Gruppe diese Compromisfe da schließen müssen,<lb/> wo sie überhaupt möglich sind. d. h. mit dcnConservativen, mit denen sie trotz<lb/> vielfacher Differenzen durch den Willen zur Behauptung des gewonnenen Bodens<lb/> verbunden ist. Ob dieses Verhältniß den Wünschen der Demokratie entsprechen<lb/> und der Entwickelung der Bundeslegislative „im freiheitlichen Sinn" zu Gute<lb/> kommen wird, mögen unsre „Idealpolitiker" sich selbst sagen. In welcher Weise<lb/> dasselbe verändert werden soll, so lange die Demokratie auf der reinen Negation<lb/> fußt und eine Ordnung nicht gelten läßt, welche einmal da ist und welche aus-<lb/> zustreichen niemand weder die Negierung noch die Opposition — die Macht<lb/> hat, läßt sich für Leute, welche mit benannten Zahlen zu rechnen gewohnt sind,<lb/> absolut nicht verstehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_213"> Ziehen wir die Summe, um uns weiter in den außerpreußischen und neu¬<lb/> preußischen Ländern des Bundes zu orientiren.</p><lb/> <p xml:id="ID_214"> Seit die norddeutsche Bundesverfassung in Kraft getreten, bleibt der Partei,<lb/> deren preußische Glieder sie bisher bekämpften, nichts übrig, als auf dem Boden<lb/> derselben Position zu nehmen oder aber bis zur Auflösung derselben mit den Gro߬<lb/> deutschen Hand in Hand zu gehen, d. h. eine Ordnung abzuwarten, deren Her¬<lb/> stellung sie, die preußische Demokratie, wiederum in eine Negation bringen würde,<lb/> weil von dem Siege der Particulanstcn für die Volksfreiheit absolut nichts zu<lb/> erwarten wäre. Im erstem Falle — dem der Verständigung mit zur Zeit unab¬<lb/> änderlichen Thatsachen — wäre der preußischen Demokratie die Möglichkeit geboten,<lb/> wenigstens einzelne ihrer Wünsche zur Geltung zu bringen und Männern, welche sie<lb/> bisher für ihrer Gemeinschaft würdig gehalten, zur Theilnahme an der Negie¬<lb/> rung zu verhelfen — im letzteren Falle (dem der Rechnung auf einen gewalt¬<lb/> samen Umschwung) würde die preußische Regierung durch die Demokratie ge¬<lb/> zwungen, zunächst den Wünschen der Conservativen Rechnung zu tragen und<lb/> mit diesen, als der stärksten unter den Parteien, welche die neue Verfassung<lb/> acceptirt haben, zu regieren. Beharrt die preußische Demokratie auf ihrer ge¬<lb/> genwärtigen ablehnenden Stellung zu der Bundesverfassung, so erzwingt sie<lb/> mithin das Gegentheil von dem, was sie eigentlich wünscht, d. h. die Perpetui-<lb/> rung des conservativen Parteiregiments und die Interpretation und Weiterent¬<lb/> wickelung dieser Verfassung im illiberalen Sinne.</p><lb/> <p xml:id="ID_215"> Aehnlich verhält es sich mit der Opposition in den außerpreußischen, be¬<lb/> ziehungsweise den neupreußischen Ländern. Die Voraussetzungen, von denen<lb/> hier auszugehen ist. sind allerdings andere. Während in Preußen zufolge<lb/> einer Kette von Umständen, der nicht weiter nachgegangen zu werden braucht,<lb/> die alten Parteien ihre Stellung zu der gegenwärtigen Form deutscher Einigung<lb/> grade umgekehrt genommen haben, als siel) nach deren Antecedentien hätte er¬<lb/> warten lassen, ist es außerhalb der früheren Grenzen dieses Staats, in Sachsen,<lb/> Thüringen, Hannover, Nassau u. s. w., in Bezug auf die Parteiverhältnisse<lb/> wesentlich beim Alten geblieben. Mit dem großdeutschen Radicalismus wie von<lb/> Alters her verbündet, stemmen die kieinstaatlichen Konservativen sich mit aller<lb/> Kraft gegen die Unterordnung unter den neuen bundesstaatlichen Organismus,<lb/> angeblich um ihre „Stammeseigenthümlichkeit" zu wahren, thatsächlich aus<lb/> Gründen sehr viel praktischerer Natur. In diesen Ländern stützt sich die preußische<lb/> Regierung — oder wie es seit dem I.Juli beißen muß, die Bundesregierung — auf<lb/> dieselben' liberalen Elemente, die seit Jahren die Nothwendigkeit einer Be¬<lb/> schränkung der Kleinstaaterei zu Gunsten der preußischen Hegemonie vertreten<lb/> haben. Ihr Verhältniß zur preußischen Regierung ist im Großen und Ganzen<lb/> dem analog, welches die preußische konservative Partei einnimmt, nur mit<lb/> dem Unterschiede, daß das Maß ihres Einflusses auf die Regierung, mit dem<lb/> jener Fraction verglichen, ein sehr geringes ist.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0088]
wiesen, wird die national-liberale Gruppe diese Compromisfe da schließen müssen,
wo sie überhaupt möglich sind. d. h. mit dcnConservativen, mit denen sie trotz
vielfacher Differenzen durch den Willen zur Behauptung des gewonnenen Bodens
verbunden ist. Ob dieses Verhältniß den Wünschen der Demokratie entsprechen
und der Entwickelung der Bundeslegislative „im freiheitlichen Sinn" zu Gute
kommen wird, mögen unsre „Idealpolitiker" sich selbst sagen. In welcher Weise
dasselbe verändert werden soll, so lange die Demokratie auf der reinen Negation
fußt und eine Ordnung nicht gelten läßt, welche einmal da ist und welche aus-
zustreichen niemand weder die Negierung noch die Opposition — die Macht
hat, läßt sich für Leute, welche mit benannten Zahlen zu rechnen gewohnt sind,
absolut nicht verstehen.
Ziehen wir die Summe, um uns weiter in den außerpreußischen und neu¬
preußischen Ländern des Bundes zu orientiren.
Seit die norddeutsche Bundesverfassung in Kraft getreten, bleibt der Partei,
deren preußische Glieder sie bisher bekämpften, nichts übrig, als auf dem Boden
derselben Position zu nehmen oder aber bis zur Auflösung derselben mit den Gro߬
deutschen Hand in Hand zu gehen, d. h. eine Ordnung abzuwarten, deren Her¬
stellung sie, die preußische Demokratie, wiederum in eine Negation bringen würde,
weil von dem Siege der Particulanstcn für die Volksfreiheit absolut nichts zu
erwarten wäre. Im erstem Falle — dem der Verständigung mit zur Zeit unab¬
änderlichen Thatsachen — wäre der preußischen Demokratie die Möglichkeit geboten,
wenigstens einzelne ihrer Wünsche zur Geltung zu bringen und Männern, welche sie
bisher für ihrer Gemeinschaft würdig gehalten, zur Theilnahme an der Negie¬
rung zu verhelfen — im letzteren Falle (dem der Rechnung auf einen gewalt¬
samen Umschwung) würde die preußische Regierung durch die Demokratie ge¬
zwungen, zunächst den Wünschen der Conservativen Rechnung zu tragen und
mit diesen, als der stärksten unter den Parteien, welche die neue Verfassung
acceptirt haben, zu regieren. Beharrt die preußische Demokratie auf ihrer ge¬
genwärtigen ablehnenden Stellung zu der Bundesverfassung, so erzwingt sie
mithin das Gegentheil von dem, was sie eigentlich wünscht, d. h. die Perpetui-
rung des conservativen Parteiregiments und die Interpretation und Weiterent¬
wickelung dieser Verfassung im illiberalen Sinne.
Aehnlich verhält es sich mit der Opposition in den außerpreußischen, be¬
ziehungsweise den neupreußischen Ländern. Die Voraussetzungen, von denen
hier auszugehen ist. sind allerdings andere. Während in Preußen zufolge
einer Kette von Umständen, der nicht weiter nachgegangen zu werden braucht,
die alten Parteien ihre Stellung zu der gegenwärtigen Form deutscher Einigung
grade umgekehrt genommen haben, als siel) nach deren Antecedentien hätte er¬
warten lassen, ist es außerhalb der früheren Grenzen dieses Staats, in Sachsen,
Thüringen, Hannover, Nassau u. s. w., in Bezug auf die Parteiverhältnisse
wesentlich beim Alten geblieben. Mit dem großdeutschen Radicalismus wie von
Alters her verbündet, stemmen die kieinstaatlichen Konservativen sich mit aller
Kraft gegen die Unterordnung unter den neuen bundesstaatlichen Organismus,
angeblich um ihre „Stammeseigenthümlichkeit" zu wahren, thatsächlich aus
Gründen sehr viel praktischerer Natur. In diesen Ländern stützt sich die preußische
Regierung — oder wie es seit dem I.Juli beißen muß, die Bundesregierung — auf
dieselben' liberalen Elemente, die seit Jahren die Nothwendigkeit einer Be¬
schränkung der Kleinstaaterei zu Gunsten der preußischen Hegemonie vertreten
haben. Ihr Verhältniß zur preußischen Regierung ist im Großen und Ganzen
dem analog, welches die preußische konservative Partei einnimmt, nur mit
dem Unterschiede, daß das Maß ihres Einflusses auf die Regierung, mit dem
jener Fraction verglichen, ein sehr geringes ist.
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