Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.wahrhaft deutschen umsichtigen Geist" in Anspruch, der die Entschließungen der AehnUch, nur mit noch etwas stärkerer Betonung des Bedauerns, daß auf wich, Auf dem Landtage gab es allerdings eine kleine Partei, welche auf jede Unter den Gegnern der Bundesverfassung machte sich in der Discussion g.
wahrhaft deutschen umsichtigen Geist" in Anspruch, der die Entschließungen der AehnUch, nur mit noch etwas stärkerer Betonung des Bedauerns, daß auf wich, Auf dem Landtage gab es allerdings eine kleine Partei, welche auf jede Unter den Gegnern der Bundesverfassung machte sich in der Discussion g.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0077" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191307"/> <p xml:id="ID_175" prev="#ID_174"> wahrhaft deutschen umsichtigen Geist" in Anspruch, der die Entschließungen der<lb/> Stände bei wichtigen Entscheidungen stets geleitet habe, und richte an dieselben<lb/> die Aufforderung, „absehend von etwaigen ferneren Bedingungen oder Wünschen"<lb/> zur Publication der vereinbarten Verfassung ihre Zustimmung ju erklären.</p><lb/> <p xml:id="ID_176"> AehnUch, nur mit noch etwas stärkerer Betonung des Bedauerns, daß auf wich,<lb/> tige und gerechte Wünsche habe verzichtet werden müssen, sprach sich die stre-<lb/> litzische Landtagsproposition aus. Sie glaubte jedoch damit den Ausdruck des<lb/> Vertrauens verbinden zu können, daß der bewährten Landesverfassung nicht blos<lb/> die „vertragsmäßige Anerkennung", sondern auch „ihre unter eingreifenden Ver¬<lb/> änderungen doppelt wichtige Wirksamkeit gesichert" bleibe. Was der Concipient<lb/> der Proposuion sich unter der „vertragsmäßigen Anerkennung" der Verfassung<lb/> gedacht habe, ist nicht recht klar; es scheint, daß der den mecklenburgischen Re¬<lb/> gierungen bei Abschluß des Bündnisvertrages von Preußen zugestandene Vor,<lb/> behalt der Einholung der ständischen Zustimmung als Anerkennung der feudalen<lb/> Landesverfassung gedeutet worden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_177"> Auf dem Landtage gab es allerdings eine kleine Partei, welche auf jede<lb/> Gefahr hin, auch selbst wenn die Annexion Mecklenburgs an Preußen daraus<lb/> hervorgehen sollte, die Ablehnung der Bundesverfassung wollte. Sie bildete<lb/> jedoch nur eine unbedeutende Minderheit und brachte es nicht einmal zu gemein¬<lb/> samen Kundgebungen, sondern nur zu einigen vereinzelten Aeußerungen des Mi߬<lb/> fallens und des Bedauerns. Sie hatte so geringen Einfluß, daß sie selbst auf<lb/> die Vorberathung der Frage in einer Commission verzichten mußte, obgleich sie<lb/> bei dem hierauf gerichteten Antrage von vielen Ständemitgliedern unterstützt<lb/> wurde, welche nicht für Ablehnung der Vorlage waren. Die Mehrheit entschied<lb/> für Schlußberathung im Plenum.</p><lb/> <p xml:id="ID_178"> Unter den Gegnern der Bundesverfassung machte sich in der Discussion<lb/> besonders ein Ritter aus dem Lande Stargard, Herr v. Oerhen-Lübberstor s<lb/> bemerklich. Derselbe erinnerte an die glücklichen und geordneten Zustände des<lb/> Landes, welche jetzt geopfert werden sollten. Mecklenburg, so rühmte er, genieße<lb/> eines allgemeinen Wohlstandes, die Gefängnisse leckten sich, das Criminalgericht<lb/> habe keine Arbeit, Polizei kenne man kaum und sie incommodire selten jemand.<lb/> Wie es in Preußen mit allen diesen Dingen stehe und weiche Armuth dort<lb/> herrsche, das sei hinlänglich bekannt. Die Gewerbefreiheit, welche mit der Bun¬<lb/> desverfassung nach Mecklenburg kommen werde, sei der Ruin des Handwerker-<lb/> Standes, durch die Freizügigkeit werde eine Ablagerung für alle Vagabunden in<lb/> den Städten hergestellt werden, der Zollverband werde die geringeren Classen<lb/> mit Steuern überbürden. Das Schlimmste aber sei, daß die Landesherren das<lb/> Opfer ihrer Souveränität darbringen sollten. Denn darüber werde man sich<lb/> nicht täuschen können, daß dieselben durch die Bundesverfassung in der That<lb/> mediatisilt würden.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> g.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0077]
wahrhaft deutschen umsichtigen Geist" in Anspruch, der die Entschließungen der
Stände bei wichtigen Entscheidungen stets geleitet habe, und richte an dieselben
die Aufforderung, „absehend von etwaigen ferneren Bedingungen oder Wünschen"
zur Publication der vereinbarten Verfassung ihre Zustimmung ju erklären.
AehnUch, nur mit noch etwas stärkerer Betonung des Bedauerns, daß auf wich,
tige und gerechte Wünsche habe verzichtet werden müssen, sprach sich die stre-
litzische Landtagsproposition aus. Sie glaubte jedoch damit den Ausdruck des
Vertrauens verbinden zu können, daß der bewährten Landesverfassung nicht blos
die „vertragsmäßige Anerkennung", sondern auch „ihre unter eingreifenden Ver¬
änderungen doppelt wichtige Wirksamkeit gesichert" bleibe. Was der Concipient
der Proposuion sich unter der „vertragsmäßigen Anerkennung" der Verfassung
gedacht habe, ist nicht recht klar; es scheint, daß der den mecklenburgischen Re¬
gierungen bei Abschluß des Bündnisvertrages von Preußen zugestandene Vor,
behalt der Einholung der ständischen Zustimmung als Anerkennung der feudalen
Landesverfassung gedeutet worden ist.
Auf dem Landtage gab es allerdings eine kleine Partei, welche auf jede
Gefahr hin, auch selbst wenn die Annexion Mecklenburgs an Preußen daraus
hervorgehen sollte, die Ablehnung der Bundesverfassung wollte. Sie bildete
jedoch nur eine unbedeutende Minderheit und brachte es nicht einmal zu gemein¬
samen Kundgebungen, sondern nur zu einigen vereinzelten Aeußerungen des Mi߬
fallens und des Bedauerns. Sie hatte so geringen Einfluß, daß sie selbst auf
die Vorberathung der Frage in einer Commission verzichten mußte, obgleich sie
bei dem hierauf gerichteten Antrage von vielen Ständemitgliedern unterstützt
wurde, welche nicht für Ablehnung der Vorlage waren. Die Mehrheit entschied
für Schlußberathung im Plenum.
Unter den Gegnern der Bundesverfassung machte sich in der Discussion
besonders ein Ritter aus dem Lande Stargard, Herr v. Oerhen-Lübberstor s
bemerklich. Derselbe erinnerte an die glücklichen und geordneten Zustände des
Landes, welche jetzt geopfert werden sollten. Mecklenburg, so rühmte er, genieße
eines allgemeinen Wohlstandes, die Gefängnisse leckten sich, das Criminalgericht
habe keine Arbeit, Polizei kenne man kaum und sie incommodire selten jemand.
Wie es in Preußen mit allen diesen Dingen stehe und weiche Armuth dort
herrsche, das sei hinlänglich bekannt. Die Gewerbefreiheit, welche mit der Bun¬
desverfassung nach Mecklenburg kommen werde, sei der Ruin des Handwerker-
Standes, durch die Freizügigkeit werde eine Ablagerung für alle Vagabunden in
den Städten hergestellt werden, der Zollverband werde die geringeren Classen
mit Steuern überbürden. Das Schlimmste aber sei, daß die Landesherren das
Opfer ihrer Souveränität darbringen sollten. Denn darüber werde man sich
nicht täuschen können, daß dieselben durch die Bundesverfassung in der That
mediatisilt würden.
g.
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