Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Mecklenburg schließlich für die Annahme der Bundesverfassung obgleich sie damit Als nun am 1. Juni der außerordentliche Landtag wieder in Schwerin Auf Seiten der Regierungen suchte man sich das Unvermeidliche so gut Die schwerinsche Landtagsproposition sprach die zuversichtliche Erwartung Mecklenburg schließlich für die Annahme der Bundesverfassung obgleich sie damit Als nun am 1. Juni der außerordentliche Landtag wieder in Schwerin Auf Seiten der Regierungen suchte man sich das Unvermeidliche so gut Die schwerinsche Landtagsproposition sprach die zuversichtliche Erwartung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191306"/> <p xml:id="ID_171" prev="#ID_170"> Mecklenburg schließlich für die Annahme der Bundesverfassung obgleich sie damit<lb/> das demokratische Wahlgesetz und so viele andere mit dem feudalen Stände¬<lb/> wesen vollkommen unverträgliche Bestimmungen derselben guthießen.</p><lb/> <p xml:id="ID_172"> Als nun am 1. Juni der außerordentliche Landtag wieder in Schwerin<lb/> zusammentrat, um die vorbehaltene Erklärung über das vereinbarte Verfassungs»<lb/> werk abzugeben, da konnte es weder den Regierungen noch den Ständen ver¬<lb/> borgen sein, daß der mecklenburgische Feudalismus in Berlin eine entscheidende<lb/> Niederlage erlitten hatte und daß diese jetzt von den Ständen selbst besiegelt<lb/> werden sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_173"> Auf Seiten der Regierungen suchte man sich das Unvermeidliche so gut<lb/> als möglich zurechtzulegen. Man war innerlich durchaus nicht froh über das<lb/> neue Band, mit welchem man sich hatte umschlingen lassen müssen, aber man<lb/> konnte doch nicht wohl umhin, gute Miene zum bösen Spiele zu machen. Zu<lb/> dieser guten Miene gehörte es auch, daß der Landtag mit allem Glanz und<lb/> Pomp, wie er auch kleinen Höfen zu Gebote steht, durch den Großherzog Fried¬<lb/> rich Franz in Person eröffnet wurde. Diese Entfaltung äußeren Gepränges,<lb/> zu welcher die andern mit Preußen verbündeten Regierungen bei der vorliegen¬<lb/> den Gelegenheit keinen Anlaß fanden, schien andeuten zu sollen, daß das Opfer<lb/> an souverainer Macht, welches der neue Bund forderte, nicht als ein das We¬<lb/> sen der Souverainetät berührendes aufgefaßt werde und daß mit demselben noch<lb/> ein starkes Selbstbewußtsein sich recht wohl vertrage. Zugleich wurde dadurch<lb/> zu erkennen gegeben, wieviel Gewicht der Großherzog auf eine zustimmende<lb/> Erklärung der Stände lege.</p><lb/> <p xml:id="ID_174" next="#ID_175"> Die schwerinsche Landtagsproposition sprach die zuversichtliche Erwartung<lb/> aus, daß die Stände die vertrauensvolle Haltung, welche sie bisher in dieser<lb/> Angelegenheit bewiesen hätten, auch jetzt nicht verläugnen würden, nachdem sich<lb/> schließlich herausgestellt habe, daß die ständischen Desiderien, wie es mit einer<lb/> euphemistischen Wendung hieß, „nicht in allen Punkten haben zur Geltung ge¬<lb/> bracht werden können." Es sei von der Regierung das Möglichste geschehen,<lb/> um diejenigen Wünsche der Stände, deren Verwirklichung dem Interesse Deutsch¬<lb/> lands und Mecklenburgs entsprochen haben würde, zur Geltung zu bringen.<lb/> Wenn sie aber auch .in manchen Punkten" habe nachgeben müssen, so erblicke<lb/> sie dennoch in der vereinbarten Verfassung ein Werk, welches die im öffentlichen<lb/> Rechte Deutschlands entstandene Lücke ausfüllend, die Hoffnung der Nation be¬<lb/> gründe, daß die neue Rechtsordnung, von der starken Hand des Königs von<lb/> Preußen weise gehandhabt, einen kräftigen Schutz zunächst nach außen, dann<lb/> aber auch gegen die „inneren Gefahren" bilden werde, „womit die destructi¬<lb/> ven Zeitströmungen alle wahre Freiheit bedrohen." Damit diese Hoffnung<lb/> sich erfülle, bedürfe es der „aufrichtigen Mitwirkung aller politisch gesunden Ele-<lb/> mente in den bestehenden deutschen Staaten." Der Großherzog nehme „den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0076]
Mecklenburg schließlich für die Annahme der Bundesverfassung obgleich sie damit
das demokratische Wahlgesetz und so viele andere mit dem feudalen Stände¬
wesen vollkommen unverträgliche Bestimmungen derselben guthießen.
Als nun am 1. Juni der außerordentliche Landtag wieder in Schwerin
zusammentrat, um die vorbehaltene Erklärung über das vereinbarte Verfassungs»
werk abzugeben, da konnte es weder den Regierungen noch den Ständen ver¬
borgen sein, daß der mecklenburgische Feudalismus in Berlin eine entscheidende
Niederlage erlitten hatte und daß diese jetzt von den Ständen selbst besiegelt
werden sollte.
Auf Seiten der Regierungen suchte man sich das Unvermeidliche so gut
als möglich zurechtzulegen. Man war innerlich durchaus nicht froh über das
neue Band, mit welchem man sich hatte umschlingen lassen müssen, aber man
konnte doch nicht wohl umhin, gute Miene zum bösen Spiele zu machen. Zu
dieser guten Miene gehörte es auch, daß der Landtag mit allem Glanz und
Pomp, wie er auch kleinen Höfen zu Gebote steht, durch den Großherzog Fried¬
rich Franz in Person eröffnet wurde. Diese Entfaltung äußeren Gepränges,
zu welcher die andern mit Preußen verbündeten Regierungen bei der vorliegen¬
den Gelegenheit keinen Anlaß fanden, schien andeuten zu sollen, daß das Opfer
an souverainer Macht, welches der neue Bund forderte, nicht als ein das We¬
sen der Souverainetät berührendes aufgefaßt werde und daß mit demselben noch
ein starkes Selbstbewußtsein sich recht wohl vertrage. Zugleich wurde dadurch
zu erkennen gegeben, wieviel Gewicht der Großherzog auf eine zustimmende
Erklärung der Stände lege.
Die schwerinsche Landtagsproposition sprach die zuversichtliche Erwartung
aus, daß die Stände die vertrauensvolle Haltung, welche sie bisher in dieser
Angelegenheit bewiesen hätten, auch jetzt nicht verläugnen würden, nachdem sich
schließlich herausgestellt habe, daß die ständischen Desiderien, wie es mit einer
euphemistischen Wendung hieß, „nicht in allen Punkten haben zur Geltung ge¬
bracht werden können." Es sei von der Regierung das Möglichste geschehen,
um diejenigen Wünsche der Stände, deren Verwirklichung dem Interesse Deutsch¬
lands und Mecklenburgs entsprochen haben würde, zur Geltung zu bringen.
Wenn sie aber auch .in manchen Punkten" habe nachgeben müssen, so erblicke
sie dennoch in der vereinbarten Verfassung ein Werk, welches die im öffentlichen
Rechte Deutschlands entstandene Lücke ausfüllend, die Hoffnung der Nation be¬
gründe, daß die neue Rechtsordnung, von der starken Hand des Königs von
Preußen weise gehandhabt, einen kräftigen Schutz zunächst nach außen, dann
aber auch gegen die „inneren Gefahren" bilden werde, „womit die destructi¬
ven Zeitströmungen alle wahre Freiheit bedrohen." Damit diese Hoffnung
sich erfülle, bedürfe es der „aufrichtigen Mitwirkung aller politisch gesunden Ele-
mente in den bestehenden deutschen Staaten." Der Großherzog nehme „den
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