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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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und von zahlreichen eisernen Ringen gehalten) steigt der kolossale Baum kerzen¬
gerade in die Höhe, und sein erster Absatz, wo die erste Verlängerung beginnt,
und die erste mächtig lange Raa, mit ihren Enden die Breite des Schiffs weit
überragend, aufgehängt ist, liegt schon so hoch, daß wir nur mit Mühe den Kopf so
weit zurückbiegen, um dieselbe sehen zu können. Dort, dicht über der untersten
Raa laufen die starken Warten zusammen, die acht Taue, die jederseits vom
Bord "is Strickleitern nach der Spitze des Untermastes emporgespannt sind,
und dem Auge so auf den Seiten einen Abschluß gewähren, indem sie bei allen
drei Masten eine förmliche Tauwand auf jeder Seite des Schiffs bilden, ein
Eindruck, der noch durch die kolossalen Davids verstärkt wird, auswärtslehncnden
Stütze" zum Aussetzen der Boote, und wie die Plattform eines Thurmes sehen
wir hoch in der Lust den Breterboden des Mars, eine breite Platte ohne Ge¬
länder, die um den Mast wie ein Kragen liegt und den Seeleuten daraus nur
rechts und links durch die aufwärts gehenden Wandtaue einigen Schutz gegen
das Herabfallen bietet, dieselbe Platte, welche von Binnenländern mit dem
in der Seesprache nicht mehr gekannten Namen "Mastkorb" bezeichnet wird.
Gleitet der Blick vom Mast hernieder, so findet er dicht vor den Füßen des
Beschauers in der vordern Spitze des Decks wundersame Figuren, wie seltsam
verschlungene orientalische Schrift- oder Namenszüge aus Messing, die zur Ver¬
schönerung in die Deckplanken eingelassen zu sein scheinen; doch diese hiero-
glyphischen Curven haben ihre sehr praktischen Zwecke, es sind die für die
verschiedensten Richtungen berechneten Kreisschienen für das Rappert (Schiffs¬
lafette) des mächtigen gezogenen Gußstahl-24-Pfünders, der hart neben uns
steht und als Pivotgcschütz bei Verfolgungen zu dienen bestimmt ist. Sonst er¬
blicken wir keine Geschütze auf dem Oberdeck, im auffälligsten Gegensatz zu anderen
Kriegsschiffen, bei denen die Flanken des Decks stets mit Breitseitgeschützen
förmlich gespickt erscheinen. Denn das Oberdeck der gedeckten Korvette ist von
Artillerie ganz klar, und weist dem Beschauer nur Ausrüstungsstücke für den
rein nautischen Dienst. Indem wir langsam das Deck hinabwandern, finden
Wir am Fockmast die Ankerbeting, einen senkrechten Rahmen aus mächtigen
massiven Balken zum Festlegen der Ankerketten, serner die riesigen Spilln,
Wellen zum Aufwinden der Ankerketten, die von den Matrosen mittelst einge¬
steckter schwerer massiv eiserner Spaten gedreht werden. In der Mitte des
Schiffs, in den Zwischenräumen der drei Masten lagern aus dem Deck so¬
dann umgestülpte Boote, zum Theil von bedeutender Größe, deren feine For¬
men wir hier ganz in der Nähe bewundern können; dazwischen gähnen hier
und da dunkle viereckige Luken, Oeffnungen von der Größe einer Tischplatte im
Oberdeck, zum Theil mit einem Geländer eingefaßt, durch welche den Besucher
kleine, sehr zierliche, messingbeschlagene Treppen nach den unteren Räumen hin¬
abführen. Neserveausrüstungsstücke Vervollständigen das bunte Bild des Decks;


und von zahlreichen eisernen Ringen gehalten) steigt der kolossale Baum kerzen¬
gerade in die Höhe, und sein erster Absatz, wo die erste Verlängerung beginnt,
und die erste mächtig lange Raa, mit ihren Enden die Breite des Schiffs weit
überragend, aufgehängt ist, liegt schon so hoch, daß wir nur mit Mühe den Kopf so
weit zurückbiegen, um dieselbe sehen zu können. Dort, dicht über der untersten
Raa laufen die starken Warten zusammen, die acht Taue, die jederseits vom
Bord «is Strickleitern nach der Spitze des Untermastes emporgespannt sind,
und dem Auge so auf den Seiten einen Abschluß gewähren, indem sie bei allen
drei Masten eine förmliche Tauwand auf jeder Seite des Schiffs bilden, ein
Eindruck, der noch durch die kolossalen Davids verstärkt wird, auswärtslehncnden
Stütze» zum Aussetzen der Boote, und wie die Plattform eines Thurmes sehen
wir hoch in der Lust den Breterboden des Mars, eine breite Platte ohne Ge¬
länder, die um den Mast wie ein Kragen liegt und den Seeleuten daraus nur
rechts und links durch die aufwärts gehenden Wandtaue einigen Schutz gegen
das Herabfallen bietet, dieselbe Platte, welche von Binnenländern mit dem
in der Seesprache nicht mehr gekannten Namen „Mastkorb" bezeichnet wird.
Gleitet der Blick vom Mast hernieder, so findet er dicht vor den Füßen des
Beschauers in der vordern Spitze des Decks wundersame Figuren, wie seltsam
verschlungene orientalische Schrift- oder Namenszüge aus Messing, die zur Ver¬
schönerung in die Deckplanken eingelassen zu sein scheinen; doch diese hiero-
glyphischen Curven haben ihre sehr praktischen Zwecke, es sind die für die
verschiedensten Richtungen berechneten Kreisschienen für das Rappert (Schiffs¬
lafette) des mächtigen gezogenen Gußstahl-24-Pfünders, der hart neben uns
steht und als Pivotgcschütz bei Verfolgungen zu dienen bestimmt ist. Sonst er¬
blicken wir keine Geschütze auf dem Oberdeck, im auffälligsten Gegensatz zu anderen
Kriegsschiffen, bei denen die Flanken des Decks stets mit Breitseitgeschützen
förmlich gespickt erscheinen. Denn das Oberdeck der gedeckten Korvette ist von
Artillerie ganz klar, und weist dem Beschauer nur Ausrüstungsstücke für den
rein nautischen Dienst. Indem wir langsam das Deck hinabwandern, finden
Wir am Fockmast die Ankerbeting, einen senkrechten Rahmen aus mächtigen
massiven Balken zum Festlegen der Ankerketten, serner die riesigen Spilln,
Wellen zum Aufwinden der Ankerketten, die von den Matrosen mittelst einge¬
steckter schwerer massiv eiserner Spaten gedreht werden. In der Mitte des
Schiffs, in den Zwischenräumen der drei Masten lagern aus dem Deck so¬
dann umgestülpte Boote, zum Theil von bedeutender Größe, deren feine For¬
men wir hier ganz in der Nähe bewundern können; dazwischen gähnen hier
und da dunkle viereckige Luken, Oeffnungen von der Größe einer Tischplatte im
Oberdeck, zum Theil mit einem Geländer eingefaßt, durch welche den Besucher
kleine, sehr zierliche, messingbeschlagene Treppen nach den unteren Räumen hin¬
abführen. Neserveausrüstungsstücke Vervollständigen das bunte Bild des Decks;


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/62>, abgerufen am 15.01.2025.