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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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so daß beim Gefecht die Feinde bequemes Zielen gerade auf die Geschähe und
ihre Mannschaft gehabt haben würden. Die "Gazelle" dagegen, welche wäh¬
rend jener Zeit zum Schutze der deutschen Handelsinteressen in Ostasien statio-
nirt gewesen war, hat ihre Bemalung mit den preußischen Farben beibehalten
rud ist so in ihre Heimath, den preußischen Hafen Kiel, zurückgekehrt.

Statten wir dem schönen Fahrzeuge einen Besuch ab, um von der Er¬
scheinung eines solchen Kriegsschiffes und Von seiner inneren Einrichtung eine
lebendige Anschauung zu bekommen -- sind ja doch alle übrigen gedeckten Cor-
vetten, von geringfügigen Einzelheiten abgesehen, genau ebenso gebaut und
ausgerüstet,, wie die "Gazelle".

Wir stehen unter den schattigen, prachtvollen Buchen und Linden des rei¬
zenden Weges, welcher von der Stadt Kiel hart am Wasser nach dem nahege¬
legenen Badeorte Düsternbrook führt. Quer vor uns zieht sich die Föhrde
hin, jener langgestreckte, slußahnlichc Meerbusen, an dessen innerem Ende dies¬
seits Kiel und Düsternbrook liegen, während jenseits freundliche Anhöhen mit
den bunt wechselnden Streifen der Kiker und mit frischgrünen Buchenknicks
dem Auge einen willkommenen heitern Abschluß bieten. Auf dem breiten Spie¬
gel der Föhrde liegt still eine Anzahl preußischer Kriegsschiffe vor Anker, eins
immer vom andern so weit entfernt, daß es bei wechselndem Winde rings um
seinen Anker schwenken kann, ohne mit den andern Schiffen zusammen zu ge¬
rathen. In der Mitte aller liegt stolz, uns die Flanke zukehrend, die "Gazelle".
Lang hingedehnt wiegt sich der elegant geformte Rumpf auf dem Wasser, wie
drohend in seinem tiefen Schwarz, von dem sich contrastirend der blendende
Schmuck der Fregatte, der breite, Weiße Battericstreifen abhebt; auf diesem
grelle" Weiß setzen sich wieder mit energischer Farbenwirkung die dreizehn vier¬
eckigen schwarzen Stückpforten mit ihren Geschützmündungen ab, und lassen
recht deutlich ins Auge springen, wie der obere Theil der Schiffswand in gra¬
ziöser Curve ein wenig nach innen geneigt liegt, um das Entern zu erschweren.
Die Fläche der Schiffswand mit ihrem Farbenwechsel begrenzen allerseits ge¬
fällige Conturen: vorn die kühn und doch äußerst gefällig geschwungene, einer
geschweiften Console ähnlich vorspringende Linie des Scheg und des Galjon,
das dem Bugspriet als Unterstützung dient; hinten der feine, elegant nachlässig
in stumpfen Winkeln gebrochene Condur von Heat, Spiegel und Steuer, der
sich um so hübscher ausnimmt, je schräger das Heat mit seinen schön geschnitzten
schwarzen Erkern nach hinten hinauslehnt. Unten begrenzt den Schiffskörper
die scharfe gerade Wasserlinie, fein gesäumt mit einer schmalen zart meergrünen
Kante -- es ist der Kupferbeschlag des Schiffsbodens, der ein wenig über das
Wasser herausschaue und von der langen Reise mit Grünspan bedeckt, nicht
mehr das glänzende röthliche Gelb zeigt, wie bei neuen Schiffen. Auch den
oberen Abschluß des Schiffskörpers bildet eine scharfe gerade Linie; denn das


so daß beim Gefecht die Feinde bequemes Zielen gerade auf die Geschähe und
ihre Mannschaft gehabt haben würden. Die „Gazelle" dagegen, welche wäh¬
rend jener Zeit zum Schutze der deutschen Handelsinteressen in Ostasien statio-
nirt gewesen war, hat ihre Bemalung mit den preußischen Farben beibehalten
rud ist so in ihre Heimath, den preußischen Hafen Kiel, zurückgekehrt.

Statten wir dem schönen Fahrzeuge einen Besuch ab, um von der Er¬
scheinung eines solchen Kriegsschiffes und Von seiner inneren Einrichtung eine
lebendige Anschauung zu bekommen — sind ja doch alle übrigen gedeckten Cor-
vetten, von geringfügigen Einzelheiten abgesehen, genau ebenso gebaut und
ausgerüstet,, wie die „Gazelle".

Wir stehen unter den schattigen, prachtvollen Buchen und Linden des rei¬
zenden Weges, welcher von der Stadt Kiel hart am Wasser nach dem nahege¬
legenen Badeorte Düsternbrook führt. Quer vor uns zieht sich die Föhrde
hin, jener langgestreckte, slußahnlichc Meerbusen, an dessen innerem Ende dies¬
seits Kiel und Düsternbrook liegen, während jenseits freundliche Anhöhen mit
den bunt wechselnden Streifen der Kiker und mit frischgrünen Buchenknicks
dem Auge einen willkommenen heitern Abschluß bieten. Auf dem breiten Spie¬
gel der Föhrde liegt still eine Anzahl preußischer Kriegsschiffe vor Anker, eins
immer vom andern so weit entfernt, daß es bei wechselndem Winde rings um
seinen Anker schwenken kann, ohne mit den andern Schiffen zusammen zu ge¬
rathen. In der Mitte aller liegt stolz, uns die Flanke zukehrend, die „Gazelle".
Lang hingedehnt wiegt sich der elegant geformte Rumpf auf dem Wasser, wie
drohend in seinem tiefen Schwarz, von dem sich contrastirend der blendende
Schmuck der Fregatte, der breite, Weiße Battericstreifen abhebt; auf diesem
grelle» Weiß setzen sich wieder mit energischer Farbenwirkung die dreizehn vier¬
eckigen schwarzen Stückpforten mit ihren Geschützmündungen ab, und lassen
recht deutlich ins Auge springen, wie der obere Theil der Schiffswand in gra¬
ziöser Curve ein wenig nach innen geneigt liegt, um das Entern zu erschweren.
Die Fläche der Schiffswand mit ihrem Farbenwechsel begrenzen allerseits ge¬
fällige Conturen: vorn die kühn und doch äußerst gefällig geschwungene, einer
geschweiften Console ähnlich vorspringende Linie des Scheg und des Galjon,
das dem Bugspriet als Unterstützung dient; hinten der feine, elegant nachlässig
in stumpfen Winkeln gebrochene Condur von Heat, Spiegel und Steuer, der
sich um so hübscher ausnimmt, je schräger das Heat mit seinen schön geschnitzten
schwarzen Erkern nach hinten hinauslehnt. Unten begrenzt den Schiffskörper
die scharfe gerade Wasserlinie, fein gesäumt mit einer schmalen zart meergrünen
Kante — es ist der Kupferbeschlag des Schiffsbodens, der ein wenig über das
Wasser herausschaue und von der langen Reise mit Grünspan bedeckt, nicht
mehr das glänzende röthliche Gelb zeigt, wie bei neuen Schiffen. Auch den
oberen Abschluß des Schiffskörpers bildet eine scharfe gerade Linie; denn das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/56>, abgerufen am 15.01.2025.