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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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raturen gründlich nur in europäischen Häfen ausführen können. Auch läßt sich
dem Uebelstande bei ungepanzerten Schraubcnschiffcn, daß die hölzernen Wände
für feindliche Sprenggeschosse verwundbar sind, wenigstens bis zu einem gewissen
Grade durch eine Vorkehrung abhelfen, welche die Unionsschraubensloop
"Kcarsarge" in ihrem Kampfe mit dem Confödcrationskaper "Alabama" aus
der Höhe von Cherbourg zuerst zur Anwendung gebracht hat, und die auch
nachher von den östreichischen Holzschiffen in der Seeschlacht bei Lissa angewandt
worden ist. Diese Schiffe hatten nämlich in der Gegend der Wasserlinie, der¬
jenigen Stelle, wo Verletzungen am gefährlichsten sind, weil das Wasser durch
das Leck sofort stromweise eindringt und das Schiff sinken macht, ihre schweren
Ankerkettcn horizontal in mehren Lagen über einander um den Schiffskörper
herumgelegt, dieselben durch eingeschlagne kleine Bolzen befestigt und außen mit
einer Planke verkleidet, und sich dadurch für gewöhnliche Schüsse, wenn auch
nicht für Stahlgeschvsse, unverwundbar gemacht. Vor der Gefahr allerdings,
daß Sprenggeschosse den obern Theil der Schiffswand in Brand stecken oder
viele Mannschaft an den Geschützen todten konnten, waren sie nicht geschützt,
während gut construirte Panzerschiffe vor dieser Eventualität vollkommen sicher
sind. Ein anderer Vorzug der Holzschiffc gegenüber den Panzerschiffen ist serner
ihre weit größere Leichtigkeit und die daraus folgende Seetüchtigkeit, da sie sich
von den Wellen leicht heben lassen, während bei den schwerfälligerem Panzer¬
schiffen die Seen über das Deck brechen; endlich folgt aus der größeren Leich¬
tigkeit der Holzschiffc auch die Fähigkeit, reichere oder schwerere Geschützausrüstung
zu führen oder schwerere und stärkere Maschinen zu tragen, wodurch die Schnellig¬
keit bedeutend wächst. So ist trotz der entscheidenden Bedeutung der Panzer-
schiffe für das heutige Seegefecht dennoch den ungepanzerten Schraubenschiffen
durchaus nicht aller Werth abzusprechen, dieselben haben vielmehr eine Anzahl
ganz wesentlicher Vortheile vor jenen eisernen Ungethümen voraus. Sie sind
speciell für die Stärke Preußens zur See von einer keineswegs zu unterschätzen¬
den Bedeutung, um so mehr als auch bei allen andern und besonders denjenigen
kleineren Mariner, welche als Gegner Preußens auftreten könnten, der größte
Theil ihrer zur Action befähigten Flotte aus derartigen Schiffen besteht.

Wie fast alle Kriegsmächte zweiten und dritten Ranges, so hat auch die
preußische Negierung bei der Gründung ihrer Schraubenflotte mit dem Bau
von Schiffen mittlerer Größe begonnen. Wir haben keine Schraubenlinienschiffe,
weder Dreidecker noch Zweidecker: und daß diese nicht vorhanden sind, ist kein
Nachtheil mehr. Denn die Linienschiffe dürfen trotz ihrer großen Batteriestärke,
mit der sie jedes andre Holzschiff zerschmettern können, dennoch nicht wagen,
tüchtigen Panzerschiffen in Schlachtlinie gegenüberzutreten, sie sind deshalb
seit dem Aufkommen der letztern veraltet, und werden in andern Mariner, soweit
es möglich ist, in Panzerschiffe umgewandelt. Wir besitzen aber in der preußi-


raturen gründlich nur in europäischen Häfen ausführen können. Auch läßt sich
dem Uebelstande bei ungepanzerten Schraubcnschiffcn, daß die hölzernen Wände
für feindliche Sprenggeschosse verwundbar sind, wenigstens bis zu einem gewissen
Grade durch eine Vorkehrung abhelfen, welche die Unionsschraubensloop
„Kcarsarge" in ihrem Kampfe mit dem Confödcrationskaper „Alabama" aus
der Höhe von Cherbourg zuerst zur Anwendung gebracht hat, und die auch
nachher von den östreichischen Holzschiffen in der Seeschlacht bei Lissa angewandt
worden ist. Diese Schiffe hatten nämlich in der Gegend der Wasserlinie, der¬
jenigen Stelle, wo Verletzungen am gefährlichsten sind, weil das Wasser durch
das Leck sofort stromweise eindringt und das Schiff sinken macht, ihre schweren
Ankerkettcn horizontal in mehren Lagen über einander um den Schiffskörper
herumgelegt, dieselben durch eingeschlagne kleine Bolzen befestigt und außen mit
einer Planke verkleidet, und sich dadurch für gewöhnliche Schüsse, wenn auch
nicht für Stahlgeschvsse, unverwundbar gemacht. Vor der Gefahr allerdings,
daß Sprenggeschosse den obern Theil der Schiffswand in Brand stecken oder
viele Mannschaft an den Geschützen todten konnten, waren sie nicht geschützt,
während gut construirte Panzerschiffe vor dieser Eventualität vollkommen sicher
sind. Ein anderer Vorzug der Holzschiffc gegenüber den Panzerschiffen ist serner
ihre weit größere Leichtigkeit und die daraus folgende Seetüchtigkeit, da sie sich
von den Wellen leicht heben lassen, während bei den schwerfälligerem Panzer¬
schiffen die Seen über das Deck brechen; endlich folgt aus der größeren Leich¬
tigkeit der Holzschiffc auch die Fähigkeit, reichere oder schwerere Geschützausrüstung
zu führen oder schwerere und stärkere Maschinen zu tragen, wodurch die Schnellig¬
keit bedeutend wächst. So ist trotz der entscheidenden Bedeutung der Panzer-
schiffe für das heutige Seegefecht dennoch den ungepanzerten Schraubenschiffen
durchaus nicht aller Werth abzusprechen, dieselben haben vielmehr eine Anzahl
ganz wesentlicher Vortheile vor jenen eisernen Ungethümen voraus. Sie sind
speciell für die Stärke Preußens zur See von einer keineswegs zu unterschätzen¬
den Bedeutung, um so mehr als auch bei allen andern und besonders denjenigen
kleineren Mariner, welche als Gegner Preußens auftreten könnten, der größte
Theil ihrer zur Action befähigten Flotte aus derartigen Schiffen besteht.

Wie fast alle Kriegsmächte zweiten und dritten Ranges, so hat auch die
preußische Negierung bei der Gründung ihrer Schraubenflotte mit dem Bau
von Schiffen mittlerer Größe begonnen. Wir haben keine Schraubenlinienschiffe,
weder Dreidecker noch Zweidecker: und daß diese nicht vorhanden sind, ist kein
Nachtheil mehr. Denn die Linienschiffe dürfen trotz ihrer großen Batteriestärke,
mit der sie jedes andre Holzschiff zerschmettern können, dennoch nicht wagen,
tüchtigen Panzerschiffen in Schlachtlinie gegenüberzutreten, sie sind deshalb
seit dem Aufkommen der letztern veraltet, und werden in andern Mariner, soweit
es möglich ist, in Panzerschiffe umgewandelt. Wir besitzen aber in der preußi-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/52>, abgerufen am 15.01.2025.