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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Am 30. Juli 1838 kam die sogenannte dresdner Münzconvention zum
Abschluß, wonach sämmtliche Zollvereinsstaaten als Grundlage ihrer Aus¬
münzungen die bereits anerkannte kölnische Mark -- 233,0"" Gramme annah¬
men und daraus, je nachdem, im Vierzehnthaler- oder im Vierundzwanzigund-
einbalbguldenfuß auszuprägen versprachen. Nassau nahm den Guldenfuß an.
Der Thaler jedoch behauptete wiederum seine Superiorität über den Gulden
und die gemeinsam dem erwähnten Abkommen gemäß zu prägende Vereins¬
münze läßt dies auch officiell anerkennen.

Die Vereinsmünze, der Doppelthaler, läßt die Einheit des einfachen
Stückes nur doppelt erscheinen, giebt aber keine Vervielfältigung des ganzen
Gulden, sondern daneben noch einen Bruch. Aus diesem arithmetischen Ver¬
hältniß ergiebt sich schon, daß der Thaler als Münzeinheit große Ansprüche
machte und daß ihm niemand dieselben bestritt.

Die Staaten des Guldenfußes schlössen zwar bald darauf, im Jahre 1845
eine weitere Convention, wie es hieß .zur weiteren Ausbildung und Vervoll¬
ständigung des süddeutschen Münzwesens", aber sie konnten sich damit nicht
isoliren und das Bedürfniß einer Münzeinigung ließ sich nicht durch Com-
promisse befriedigen, wie sie der dresdner Vertrag bietet. Man hat sich
bald wiederum zu einer Aenderung verstehen müssen, man wird auch weiter auf
diesem Gebiete reformiren müssen und der ganze Vorgang erinnert an den thier-
freundlichen Hundebcsiper, der seinem treuen Hündchen zur Verschönerung die
Ohren stutzen lassen wollte. Um seinem Thiere acht zu wehe zu thun, ließ
er ihm die Ohren nach und nach beschneiden.

Aus der langen Zollvereinskrisis der Jahre 1852 und 1833, während
welcher Nassau sich wilder heftig gegen dieses preußische Institut sträubte, um
endlich hoffnungslos seinen Beitritt zu vollziehen, ging der Handels- und Zoll¬
vertrag zwischen dem Zollverein und Oestreich hervor, der dann auch in seinem
Art. 19 eine allgemeine Münzconvention in Aussicht stellte. Mit ihrer Aus¬
führung schließt die Geschichte der deutschen Münzverhältnisse vorläufig.

Die allgemeine Münzconvention kam unter dem 24. Januar 1857 zu Stande
und führte für Nord- und Süddeutschland wie für Oestreich das gleiche Münz-
gewicht ein. das Zollpfund ----- 500 Grammen, und verpflichtet daraus zu prägen,
die Länder des Vierzehnthalerfußes dreißig Thaler, die Länder des süddeutschen
Guldensußes zweiundfunfzig und einen halben Gulden und Oestreich, wo bis
dahin noch der Zwanzigguldenfuß gegolten, fünfundvierzig Gulden. Ganz
genau stimmte die Einheit des Dreihigthalerfußes nicht mehr mit der Einheit
des Vierzehnthalerfußes und ebensowenig der neue Gulden mit dem alten.
Der alte Thaler war einige Hunderttheile eines Grammes schwerer an Silber
als der neue und ein gleiches Verhältniß fand mit dem süddeutschen Gulden
statt, aber der neue östreichische Gulden war etwa ö°/° leichter als der frühere.


Am 30. Juli 1838 kam die sogenannte dresdner Münzconvention zum
Abschluß, wonach sämmtliche Zollvereinsstaaten als Grundlage ihrer Aus¬
münzungen die bereits anerkannte kölnische Mark — 233,0»« Gramme annah¬
men und daraus, je nachdem, im Vierzehnthaler- oder im Vierundzwanzigund-
einbalbguldenfuß auszuprägen versprachen. Nassau nahm den Guldenfuß an.
Der Thaler jedoch behauptete wiederum seine Superiorität über den Gulden
und die gemeinsam dem erwähnten Abkommen gemäß zu prägende Vereins¬
münze läßt dies auch officiell anerkennen.

Die Vereinsmünze, der Doppelthaler, läßt die Einheit des einfachen
Stückes nur doppelt erscheinen, giebt aber keine Vervielfältigung des ganzen
Gulden, sondern daneben noch einen Bruch. Aus diesem arithmetischen Ver¬
hältniß ergiebt sich schon, daß der Thaler als Münzeinheit große Ansprüche
machte und daß ihm niemand dieselben bestritt.

Die Staaten des Guldenfußes schlössen zwar bald darauf, im Jahre 1845
eine weitere Convention, wie es hieß .zur weiteren Ausbildung und Vervoll¬
ständigung des süddeutschen Münzwesens", aber sie konnten sich damit nicht
isoliren und das Bedürfniß einer Münzeinigung ließ sich nicht durch Com-
promisse befriedigen, wie sie der dresdner Vertrag bietet. Man hat sich
bald wiederum zu einer Aenderung verstehen müssen, man wird auch weiter auf
diesem Gebiete reformiren müssen und der ganze Vorgang erinnert an den thier-
freundlichen Hundebcsiper, der seinem treuen Hündchen zur Verschönerung die
Ohren stutzen lassen wollte. Um seinem Thiere acht zu wehe zu thun, ließ
er ihm die Ohren nach und nach beschneiden.

Aus der langen Zollvereinskrisis der Jahre 1852 und 1833, während
welcher Nassau sich wilder heftig gegen dieses preußische Institut sträubte, um
endlich hoffnungslos seinen Beitritt zu vollziehen, ging der Handels- und Zoll¬
vertrag zwischen dem Zollverein und Oestreich hervor, der dann auch in seinem
Art. 19 eine allgemeine Münzconvention in Aussicht stellte. Mit ihrer Aus¬
führung schließt die Geschichte der deutschen Münzverhältnisse vorläufig.

Die allgemeine Münzconvention kam unter dem 24. Januar 1857 zu Stande
und führte für Nord- und Süddeutschland wie für Oestreich das gleiche Münz-
gewicht ein. das Zollpfund ----- 500 Grammen, und verpflichtet daraus zu prägen,
die Länder des Vierzehnthalerfußes dreißig Thaler, die Länder des süddeutschen
Guldensußes zweiundfunfzig und einen halben Gulden und Oestreich, wo bis
dahin noch der Zwanzigguldenfuß gegolten, fünfundvierzig Gulden. Ganz
genau stimmte die Einheit des Dreihigthalerfußes nicht mehr mit der Einheit
des Vierzehnthalerfußes und ebensowenig der neue Gulden mit dem alten.
Der alte Thaler war einige Hunderttheile eines Grammes schwerer an Silber
als der neue und ein gleiches Verhältniß fand mit dem süddeutschen Gulden
statt, aber der neue östreichische Gulden war etwa ö°/° leichter als der frühere.


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[0476] Am 30. Juli 1838 kam die sogenannte dresdner Münzconvention zum Abschluß, wonach sämmtliche Zollvereinsstaaten als Grundlage ihrer Aus¬ münzungen die bereits anerkannte kölnische Mark — 233,0»« Gramme annah¬ men und daraus, je nachdem, im Vierzehnthaler- oder im Vierundzwanzigund- einbalbguldenfuß auszuprägen versprachen. Nassau nahm den Guldenfuß an. Der Thaler jedoch behauptete wiederum seine Superiorität über den Gulden und die gemeinsam dem erwähnten Abkommen gemäß zu prägende Vereins¬ münze läßt dies auch officiell anerkennen. Die Vereinsmünze, der Doppelthaler, läßt die Einheit des einfachen Stückes nur doppelt erscheinen, giebt aber keine Vervielfältigung des ganzen Gulden, sondern daneben noch einen Bruch. Aus diesem arithmetischen Ver¬ hältniß ergiebt sich schon, daß der Thaler als Münzeinheit große Ansprüche machte und daß ihm niemand dieselben bestritt. Die Staaten des Guldenfußes schlössen zwar bald darauf, im Jahre 1845 eine weitere Convention, wie es hieß .zur weiteren Ausbildung und Vervoll¬ ständigung des süddeutschen Münzwesens", aber sie konnten sich damit nicht isoliren und das Bedürfniß einer Münzeinigung ließ sich nicht durch Com- promisse befriedigen, wie sie der dresdner Vertrag bietet. Man hat sich bald wiederum zu einer Aenderung verstehen müssen, man wird auch weiter auf diesem Gebiete reformiren müssen und der ganze Vorgang erinnert an den thier- freundlichen Hundebcsiper, der seinem treuen Hündchen zur Verschönerung die Ohren stutzen lassen wollte. Um seinem Thiere acht zu wehe zu thun, ließ er ihm die Ohren nach und nach beschneiden. Aus der langen Zollvereinskrisis der Jahre 1852 und 1833, während welcher Nassau sich wilder heftig gegen dieses preußische Institut sträubte, um endlich hoffnungslos seinen Beitritt zu vollziehen, ging der Handels- und Zoll¬ vertrag zwischen dem Zollverein und Oestreich hervor, der dann auch in seinem Art. 19 eine allgemeine Münzconvention in Aussicht stellte. Mit ihrer Aus¬ führung schließt die Geschichte der deutschen Münzverhältnisse vorläufig. Die allgemeine Münzconvention kam unter dem 24. Januar 1857 zu Stande und führte für Nord- und Süddeutschland wie für Oestreich das gleiche Münz- gewicht ein. das Zollpfund ----- 500 Grammen, und verpflichtet daraus zu prägen, die Länder des Vierzehnthalerfußes dreißig Thaler, die Länder des süddeutschen Guldensußes zweiundfunfzig und einen halben Gulden und Oestreich, wo bis dahin noch der Zwanzigguldenfuß gegolten, fünfundvierzig Gulden. Ganz genau stimmte die Einheit des Dreihigthalerfußes nicht mehr mit der Einheit des Vierzehnthalerfußes und ebensowenig der neue Gulden mit dem alten. Der alte Thaler war einige Hunderttheile eines Grammes schwerer an Silber als der neue und ein gleiches Verhältniß fand mit dem süddeutschen Gulden statt, aber der neue östreichische Gulden war etwa ö°/° leichter als der frühere.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/476>, abgerufen am 15.01.2025.