Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Satyriker und einen poetischen "Prometheus" gehalten wurde (diese Ausdrücke So finden wir die Kreise der genaueren Freunde und Anhänger der drei Satyriker und einen poetischen „Prometheus" gehalten wurde (diese Ausdrücke So finden wir die Kreise der genaueren Freunde und Anhänger der drei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0436" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191666"/> <p xml:id="ID_1257" prev="#ID_1256"> Satyriker und einen poetischen „Prometheus" gehalten wurde (diese Ausdrücke<lb/> sind in einem böttigerschen Brief gebraucht und stützen sich auf die Autorität<lb/> Wielands), berichtet, flößt wenig Vertrauen zu dessen sittlichem Charakter und zu<lb/> der Aufrichtigkeit seines späteren Goethe-Enthusiasmus ein. Fakel war Ursprung'<lb/> lich Perrückenmacher gewesen, hatte dann zu studiren begonnen und war plötzlich<lb/> — während einer Fieberkrankheit hatte er den Juvenal kennen gelernt — zum<lb/> Poeten geworden. Durch Wielands excentrisches Lob ermuthigt, beschloß er die<lb/> Satyre zum „bürgerlichen Lebensberuf" zu wählen und jährlich ein satyrisches (mit<lb/> 600 Thlr. bezahltes) Taschenbuch herauszugeben. Schon der zweite Jahrgang<lb/> desselben wies sich als durchaus verfehlt aus, er enthielt eine Parodie auf die<lb/> berliner Charils, für deren Ausfälle in der Folge dritte Personen, die der<lb/> ängstlich gewordene Poet Preis gab, verantwortlich gemacht wurden. Schlie߬<lb/> lich brach auch M. mit dem Satyriker, der in seinem Taschenbuch eine schänd¬<lb/> liche Caricaiur der körperlichen Mißgestalt Schleiermachers veröffentlicht hatte,<lb/> welche Merkel — obgleich mit Schleiermacher persönlich verfeindet, — in einer<lb/> seiner Recensionen als „Gemeinheit" verurtheilte. — Einen nahezu komischen<lb/> Eindruck macht endlich der letzte Brief unserer Serie, in welchem Merkel als<lb/> „Lessing reäivivus" gefeiert wird. Er stammt aus der Feder C. F, Kramers.<lb/> des excentrischen Ex-Hainbündlers, der seiner Zeit durch das Buch „Klopstock.<lb/> Er und über ihn", bekannt war und ist für die Feindseligkeit bezeichnend, welche<lb/> die engeren Genossen und ausschließlichen Verehrer Klopstocks gegen den wach¬<lb/> senden Ruhm der Weimarer Dioskuren nährten, nachdem diese sich von dem<lb/> Meister ihrer Clique abgewandt hatten. Kramer, der Sohn jenes Johann An¬<lb/> dreas K., der als Theilnehmer der „Bremer Beiträge" in der Literaturgeschichte<lb/> genannt wird, war seiner Zeit Mitglied des Hainbundes gewesen, und hatte<lb/> als solches durch seine „wild-genialischer Sitten" bei Freund und Feind viel¬<lb/> fach Anstoß gegeben; dann war er nach Paris gegangen, wo er als begeisterter<lb/> Anhänger der Revolution seinen Wohnsitz dauernd nahm und vielfach mit<lb/> sispes verkehrte. In Deutschland war er als Uebersetzer und Herausgeber<lb/> verschiedener Bücher über die neu-französischen Zustände (Das neue Paris 1799<lb/> — Paris die Hauptstadt des französischen Kaiserthums) bekannt, sein Haus,<lb/> eine Zeit lang als literarischer Mittelpunkt für Deutsche und Franzosen geschätzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1258" next="#ID_1259"> So finden wir die Kreise der genaueren Freunde und Anhänger der drei<lb/> älteren classischen Dichter Deutschlands (Herders, Wielands und Klopstocks)<lb/> unter den „Unzufriedenen der Schiller-Goethe-Zeit") fast sämmtlich vertreten,<lb/> und im Bunde mit Merkel, den sie zu seinen kritischen Excentricitäten anstachelten,<lb/> um später alles Odium derselben auf ihm sitzen zu lassen. Und doch war<lb/> Merkel ein von diesen seinen Freunden grundverschiedener Mensch, haben<lb/> die Motive, welche ihn bei dem Kampf gegen den Weimarer Musenhof leiteten,<lb/> mit denen der alten Schule wenig gemein. Er sah in dem einseitigen Jdealis-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0436]
Satyriker und einen poetischen „Prometheus" gehalten wurde (diese Ausdrücke
sind in einem böttigerschen Brief gebraucht und stützen sich auf die Autorität
Wielands), berichtet, flößt wenig Vertrauen zu dessen sittlichem Charakter und zu
der Aufrichtigkeit seines späteren Goethe-Enthusiasmus ein. Fakel war Ursprung'
lich Perrückenmacher gewesen, hatte dann zu studiren begonnen und war plötzlich
— während einer Fieberkrankheit hatte er den Juvenal kennen gelernt — zum
Poeten geworden. Durch Wielands excentrisches Lob ermuthigt, beschloß er die
Satyre zum „bürgerlichen Lebensberuf" zu wählen und jährlich ein satyrisches (mit
600 Thlr. bezahltes) Taschenbuch herauszugeben. Schon der zweite Jahrgang
desselben wies sich als durchaus verfehlt aus, er enthielt eine Parodie auf die
berliner Charils, für deren Ausfälle in der Folge dritte Personen, die der
ängstlich gewordene Poet Preis gab, verantwortlich gemacht wurden. Schlie߬
lich brach auch M. mit dem Satyriker, der in seinem Taschenbuch eine schänd¬
liche Caricaiur der körperlichen Mißgestalt Schleiermachers veröffentlicht hatte,
welche Merkel — obgleich mit Schleiermacher persönlich verfeindet, — in einer
seiner Recensionen als „Gemeinheit" verurtheilte. — Einen nahezu komischen
Eindruck macht endlich der letzte Brief unserer Serie, in welchem Merkel als
„Lessing reäivivus" gefeiert wird. Er stammt aus der Feder C. F, Kramers.
des excentrischen Ex-Hainbündlers, der seiner Zeit durch das Buch „Klopstock.
Er und über ihn", bekannt war und ist für die Feindseligkeit bezeichnend, welche
die engeren Genossen und ausschließlichen Verehrer Klopstocks gegen den wach¬
senden Ruhm der Weimarer Dioskuren nährten, nachdem diese sich von dem
Meister ihrer Clique abgewandt hatten. Kramer, der Sohn jenes Johann An¬
dreas K., der als Theilnehmer der „Bremer Beiträge" in der Literaturgeschichte
genannt wird, war seiner Zeit Mitglied des Hainbundes gewesen, und hatte
als solches durch seine „wild-genialischer Sitten" bei Freund und Feind viel¬
fach Anstoß gegeben; dann war er nach Paris gegangen, wo er als begeisterter
Anhänger der Revolution seinen Wohnsitz dauernd nahm und vielfach mit
sispes verkehrte. In Deutschland war er als Uebersetzer und Herausgeber
verschiedener Bücher über die neu-französischen Zustände (Das neue Paris 1799
— Paris die Hauptstadt des französischen Kaiserthums) bekannt, sein Haus,
eine Zeit lang als literarischer Mittelpunkt für Deutsche und Franzosen geschätzt.
So finden wir die Kreise der genaueren Freunde und Anhänger der drei
älteren classischen Dichter Deutschlands (Herders, Wielands und Klopstocks)
unter den „Unzufriedenen der Schiller-Goethe-Zeit") fast sämmtlich vertreten,
und im Bunde mit Merkel, den sie zu seinen kritischen Excentricitäten anstachelten,
um später alles Odium derselben auf ihm sitzen zu lassen. Und doch war
Merkel ein von diesen seinen Freunden grundverschiedener Mensch, haben
die Motive, welche ihn bei dem Kampf gegen den Weimarer Musenhof leiteten,
mit denen der alten Schule wenig gemein. Er sah in dem einseitigen Jdealis-
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