Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.auf diese Weise in panslawistischem Sinne gegen Nußland zu agitiren. Ver¬ So hat der einzige energisch und mit Kenntniß der gegebenen Verhältnisse an¬ auf diese Weise in panslawistischem Sinne gegen Nußland zu agitiren. Ver¬ So hat der einzige energisch und mit Kenntniß der gegebenen Verhältnisse an¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0404" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191634"/> <p xml:id="ID_1177" prev="#ID_1176"> auf diese Weise in panslawistischem Sinne gegen Nußland zu agitiren. Ver¬<lb/> gebens hatte Kelssiew, einer der hervorragendsten Leiter des londoner Revolu¬<lb/> tionsbundes, seinen Wohnsitz in die Türkei verlegt, eine Druckerei und ein jour¬<lb/> nalistisches Bureau zur Bekämpfung des russischen Einflusses anzulegen versucht,<lb/> das ihm anhaftende Odium ketzerisch-unchristlicher Gesinnung brachte ihn von<lb/> vorn herein um die Möglichkeit gedeihlichen Wirkens und er mußte es erleben,<lb/> daß selbst die Nekrassowkosaken, welche die Leibgarde der polnischen, gegen Ru߬<lb/> land gerichteten Umtriebe bildeten, heimliche Verhandlungen mit dem Peters¬<lb/> burger Cabinet anknüpften und ernstlich Miene machten, in die von ihren Ahn¬<lb/> herren aufgegebene Heimath, die heilige „Rossia", zurückzukehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1178" next="#ID_1179"> So hat der einzige energisch und mit Kenntniß der gegebenen Verhältnisse an¬<lb/> gestellte Versuch zur Bekämpfung des gegen Süden und Westen vordringenden rus¬<lb/> sischen Panslawismus zur Niederlage derer geführt, welche ihn unternahmen. Der<lb/> Gedanke, welchen die polnische Emigration bei Begründung des Metropolitan¬<lb/> sitzes von Bjelokrinitz verfolgte, war ein von ihrem Standpunkte aus durchaus<lb/> glücklicher; die Kirchenspaltung, welche Millionen russischer Unterthanen, und<lb/> unter, diesen einen großen Theil des kriegerischen Kosakenstammes, zu Gegnern<lb/> der Regierung machte, war, namentlich zu den Zeiten des intoleranten alten<lb/> Regime eine der wundesten Stellen des russischen Staatslebens und hier die<lb/> Hebel einer Agitation zur Verlegung des kirchlichen und politischen Schwer¬<lb/> punkts der slawischen Welt an die untere Donau anzusetzen, ein nichts weniger<lb/> als aussichtsloses Unternehmen. Ist das russische Kirchenschisma doch eine der<lb/> eigenthümlichsten und bedeutungsvollsten Erscheinungen des slawisch-nationalen<lb/> Lebens, gleichsam die Jncarnation der volkstümlichen Abneigung gegen den<lb/> Cäsaropapismus und die durch Peter den Großen importirte westeuropäische<lb/> Cultur gewesen; in ihrer Beschränkung auf die untersten, für alle Gründe des<lb/> Verstandes und der Bildung unzugänglichen Classen lag grade ihre Kraft und<lb/> es schien durchaus wahrscheinlich, daß die Ideenverwirrung der von ihr be¬<lb/> herrschten Kreise zu politisch-revolutionären Zwecken ausgebeutet werden könne.<lb/> Daß es bei bloßen Versuchen geblieben ist, daß dieses weitaussehende Unter¬<lb/> nehmen nur dazu gedient hat, den russischen Einfluß zu kräftigen und eine<lb/> Versöhnung der Regierung mit einem bis dahin gefährlichen. Feinde herbeizu¬<lb/> führen, hat die Reihe Skizzen, welche sich mit den vorliegenden Blättern ab¬<lb/> schließt, zu zeigen und zu erklären versucht. — Diese Erklärung ist, unserer<lb/> Anschauung nach in zwei Umständen zu suchen: einmal in der Hilflosigkeit der<lb/> außerrussischen Slawen, die, so oft sie Versuche machten sich mit occidentalen<lb/> Interessen auseinanderzusetzen, damit nicht zu Strich kamen, in der Regel ver¬<lb/> schlossene Thüren fanden und schließlich zu dem großen Reich des Ostens zurück¬<lb/> kehrten, und zweitens in der Thatsache, daß man in Rußland über die west¬<lb/> europäischen Verhältnisse sehr viel besser und genauer unterrichtet ist, als um-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0404]
auf diese Weise in panslawistischem Sinne gegen Nußland zu agitiren. Ver¬
gebens hatte Kelssiew, einer der hervorragendsten Leiter des londoner Revolu¬
tionsbundes, seinen Wohnsitz in die Türkei verlegt, eine Druckerei und ein jour¬
nalistisches Bureau zur Bekämpfung des russischen Einflusses anzulegen versucht,
das ihm anhaftende Odium ketzerisch-unchristlicher Gesinnung brachte ihn von
vorn herein um die Möglichkeit gedeihlichen Wirkens und er mußte es erleben,
daß selbst die Nekrassowkosaken, welche die Leibgarde der polnischen, gegen Ru߬
land gerichteten Umtriebe bildeten, heimliche Verhandlungen mit dem Peters¬
burger Cabinet anknüpften und ernstlich Miene machten, in die von ihren Ahn¬
herren aufgegebene Heimath, die heilige „Rossia", zurückzukehren.
So hat der einzige energisch und mit Kenntniß der gegebenen Verhältnisse an¬
gestellte Versuch zur Bekämpfung des gegen Süden und Westen vordringenden rus¬
sischen Panslawismus zur Niederlage derer geführt, welche ihn unternahmen. Der
Gedanke, welchen die polnische Emigration bei Begründung des Metropolitan¬
sitzes von Bjelokrinitz verfolgte, war ein von ihrem Standpunkte aus durchaus
glücklicher; die Kirchenspaltung, welche Millionen russischer Unterthanen, und
unter, diesen einen großen Theil des kriegerischen Kosakenstammes, zu Gegnern
der Regierung machte, war, namentlich zu den Zeiten des intoleranten alten
Regime eine der wundesten Stellen des russischen Staatslebens und hier die
Hebel einer Agitation zur Verlegung des kirchlichen und politischen Schwer¬
punkts der slawischen Welt an die untere Donau anzusetzen, ein nichts weniger
als aussichtsloses Unternehmen. Ist das russische Kirchenschisma doch eine der
eigenthümlichsten und bedeutungsvollsten Erscheinungen des slawisch-nationalen
Lebens, gleichsam die Jncarnation der volkstümlichen Abneigung gegen den
Cäsaropapismus und die durch Peter den Großen importirte westeuropäische
Cultur gewesen; in ihrer Beschränkung auf die untersten, für alle Gründe des
Verstandes und der Bildung unzugänglichen Classen lag grade ihre Kraft und
es schien durchaus wahrscheinlich, daß die Ideenverwirrung der von ihr be¬
herrschten Kreise zu politisch-revolutionären Zwecken ausgebeutet werden könne.
Daß es bei bloßen Versuchen geblieben ist, daß dieses weitaussehende Unter¬
nehmen nur dazu gedient hat, den russischen Einfluß zu kräftigen und eine
Versöhnung der Regierung mit einem bis dahin gefährlichen. Feinde herbeizu¬
führen, hat die Reihe Skizzen, welche sich mit den vorliegenden Blättern ab¬
schließt, zu zeigen und zu erklären versucht. — Diese Erklärung ist, unserer
Anschauung nach in zwei Umständen zu suchen: einmal in der Hilflosigkeit der
außerrussischen Slawen, die, so oft sie Versuche machten sich mit occidentalen
Interessen auseinanderzusetzen, damit nicht zu Strich kamen, in der Regel ver¬
schlossene Thüren fanden und schließlich zu dem großen Reich des Ostens zurück¬
kehrten, und zweitens in der Thatsache, daß man in Rußland über die west¬
europäischen Verhältnisse sehr viel besser und genauer unterrichtet ist, als um-
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