lauf zu verfertigen. Er that es auch wirklich zum Theil um die Aristokratie zu ärgern; und dann hatte er sich sagen müssen, daß ihm bei seinen aus¬ gesprochenen Neigungen und Antipathien eine Staatscamöre unter diesen Um¬ ständen unmöglich sei, daß es ihm unmöglich sei einem Despotismus zu dienen, dessen Vertreter vier Kämmerlinge, vier alte Hofdamen und ein Ameisenhaufe von Mönchen, Nonnen, Priestern und Jesuiten waren. Er that den Schritt im vollen Bewußtsein dadurch zu brechen mit den Vorurtheilen seines Standes. Der Vater gab die Einwilligung, aber zugleich die Erklärung, nur mit einem höchst mäßigen Zuschuß den Sohn zu unterstützen. Dieser hatte nun sein Brod mit seiner Kunst zu verdienen. Das Gefühl, daß er am Ende noch zu anderem berufen sei, als Landschaften zu malen, scheint ihn gleichwohl nicht verlassen zu haben. Eine launige Komposition, die er in Wasserfarben skizzirte, stellte ihn dar, wie er als Künstler in Hemdärmeln gegenüber dem Stammschloß Azcglio sitzt und eine Studie daraus macht; gleichzeitig erscheinen die Schatten seiner Ahnen und wandeln an ihm mit so verachtungsvoller Geberde vorüber, daß er ganz verlegen sich zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten scheint.
Das folgende Jahrzehnt war nun ganz der Kunst gewidmet und meist in Rom und Umgegend zugebracht, im Winter in der Stadt, im Sommer in der Campagna, bald hier bald dort. Dieser Abschnitt ist besonders reich an köst¬ lichen Schilderungen. Die Erinnerung an das damals Erlebte trat dem Alten in seiner Zurückgezogenheit besonders lebhaft wieder vor die Seele. Bald führt er ein Landschaftsbild aus, bald originelle Charakterköpfe, wozu er nur hinein¬ zugreifen braucht unter die Umgebung, in der er damals lebte. Bald beschreibt er, wie er sich in einem einsamen halbverfallenen Haus einsiedlerisch einrichtet, bald wie ihm beim Malen in einer Kapelle drei Banditen Handlangerdienste thun, die sich in dieses Asyl geflüchtet. Von wirklichem Werth sind namentlich die Sittenschilderungen, und es wird nicht leicht ein Spaß, eine Anekdote er¬ zählt, die nicht ein bezeichnendes Licht auf jene eigenthümlichen Culturzustände würfe. Der römische Adel, das römische Bürgerthum, das römische Landvolk, -- er war bei allen gleich sehr zu Hause, die einzelnen Bilder sind sprechender als ganze Abhandlungen, und wer einen so tiefen Blick in die durch und durch faulen Zustände des Kirchenstaats that, der hatte nachher ein Recht, über die römische Frage zu schreiben.
Es waren und sind zum Theil noch die halbbarbarischen Sitten und Ge¬ bräuche des Mittelalters. So erinnert es auch stark an barbarische Zeiten, was Azeglio, in eine spätere Zeit vorgreifend, vom Tod des Papstes Gregor des sechs- zehnten erzählt. Wann ein Papst dem Ende nahe und keine Möglichkeit mehr ist, daß er ins Leben zurückkehrt, so sind alle Bande, die bisher seine intimsten Diener an ihn geknüpft hatten, gelöst. Schonungslos entfesseln sich die gemeinen Interessen. Es gilt keine Zeit zu verlieren. Es handelt sich um Stunden,
Grenzboten III. 1867. 42
lauf zu verfertigen. Er that es auch wirklich zum Theil um die Aristokratie zu ärgern; und dann hatte er sich sagen müssen, daß ihm bei seinen aus¬ gesprochenen Neigungen und Antipathien eine Staatscamöre unter diesen Um¬ ständen unmöglich sei, daß es ihm unmöglich sei einem Despotismus zu dienen, dessen Vertreter vier Kämmerlinge, vier alte Hofdamen und ein Ameisenhaufe von Mönchen, Nonnen, Priestern und Jesuiten waren. Er that den Schritt im vollen Bewußtsein dadurch zu brechen mit den Vorurtheilen seines Standes. Der Vater gab die Einwilligung, aber zugleich die Erklärung, nur mit einem höchst mäßigen Zuschuß den Sohn zu unterstützen. Dieser hatte nun sein Brod mit seiner Kunst zu verdienen. Das Gefühl, daß er am Ende noch zu anderem berufen sei, als Landschaften zu malen, scheint ihn gleichwohl nicht verlassen zu haben. Eine launige Komposition, die er in Wasserfarben skizzirte, stellte ihn dar, wie er als Künstler in Hemdärmeln gegenüber dem Stammschloß Azcglio sitzt und eine Studie daraus macht; gleichzeitig erscheinen die Schatten seiner Ahnen und wandeln an ihm mit so verachtungsvoller Geberde vorüber, daß er ganz verlegen sich zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten scheint.
Das folgende Jahrzehnt war nun ganz der Kunst gewidmet und meist in Rom und Umgegend zugebracht, im Winter in der Stadt, im Sommer in der Campagna, bald hier bald dort. Dieser Abschnitt ist besonders reich an köst¬ lichen Schilderungen. Die Erinnerung an das damals Erlebte trat dem Alten in seiner Zurückgezogenheit besonders lebhaft wieder vor die Seele. Bald führt er ein Landschaftsbild aus, bald originelle Charakterköpfe, wozu er nur hinein¬ zugreifen braucht unter die Umgebung, in der er damals lebte. Bald beschreibt er, wie er sich in einem einsamen halbverfallenen Haus einsiedlerisch einrichtet, bald wie ihm beim Malen in einer Kapelle drei Banditen Handlangerdienste thun, die sich in dieses Asyl geflüchtet. Von wirklichem Werth sind namentlich die Sittenschilderungen, und es wird nicht leicht ein Spaß, eine Anekdote er¬ zählt, die nicht ein bezeichnendes Licht auf jene eigenthümlichen Culturzustände würfe. Der römische Adel, das römische Bürgerthum, das römische Landvolk, — er war bei allen gleich sehr zu Hause, die einzelnen Bilder sind sprechender als ganze Abhandlungen, und wer einen so tiefen Blick in die durch und durch faulen Zustände des Kirchenstaats that, der hatte nachher ein Recht, über die römische Frage zu schreiben.
Es waren und sind zum Theil noch die halbbarbarischen Sitten und Ge¬ bräuche des Mittelalters. So erinnert es auch stark an barbarische Zeiten, was Azeglio, in eine spätere Zeit vorgreifend, vom Tod des Papstes Gregor des sechs- zehnten erzählt. Wann ein Papst dem Ende nahe und keine Möglichkeit mehr ist, daß er ins Leben zurückkehrt, so sind alle Bande, die bisher seine intimsten Diener an ihn geknüpft hatten, gelöst. Schonungslos entfesseln sich die gemeinen Interessen. Es gilt keine Zeit zu verlieren. Es handelt sich um Stunden,
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zu ärgern; und dann hatte er sich sagen müssen, daß ihm bei seinen aus¬
gesprochenen Neigungen und Antipathien eine Staatscamöre unter diesen Um¬
ständen unmöglich sei, daß es ihm unmöglich sei einem Despotismus zu dienen,
dessen Vertreter vier Kämmerlinge, vier alte Hofdamen und ein Ameisenhaufe
von Mönchen, Nonnen, Priestern und Jesuiten waren. Er that den Schritt
im vollen Bewußtsein dadurch zu brechen mit den Vorurtheilen seines Standes.
Der Vater gab die Einwilligung, aber zugleich die Erklärung, nur mit einem
höchst mäßigen Zuschuß den Sohn zu unterstützen. Dieser hatte nun sein Brod
mit seiner Kunst zu verdienen. Das Gefühl, daß er am Ende noch zu anderem
berufen sei, als Landschaften zu malen, scheint ihn gleichwohl nicht verlassen
zu haben. Eine launige Komposition, die er in Wasserfarben skizzirte, stellte
ihn dar, wie er als Künstler in Hemdärmeln gegenüber dem Stammschloß
Azcglio sitzt und eine Studie daraus macht; gleichzeitig erscheinen die Schatten
seiner Ahnen und wandeln an ihm mit so verachtungsvoller Geberde vorüber,
daß er ganz verlegen sich zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten scheint.
Das folgende Jahrzehnt war nun ganz der Kunst gewidmet und meist in
Rom und Umgegend zugebracht, im Winter in der Stadt, im Sommer in der
Campagna, bald hier bald dort. Dieser Abschnitt ist besonders reich an köst¬
lichen Schilderungen. Die Erinnerung an das damals Erlebte trat dem Alten
in seiner Zurückgezogenheit besonders lebhaft wieder vor die Seele. Bald führt
er ein Landschaftsbild aus, bald originelle Charakterköpfe, wozu er nur hinein¬
zugreifen braucht unter die Umgebung, in der er damals lebte. Bald beschreibt
er, wie er sich in einem einsamen halbverfallenen Haus einsiedlerisch einrichtet,
bald wie ihm beim Malen in einer Kapelle drei Banditen Handlangerdienste
thun, die sich in dieses Asyl geflüchtet. Von wirklichem Werth sind namentlich
die Sittenschilderungen, und es wird nicht leicht ein Spaß, eine Anekdote er¬
zählt, die nicht ein bezeichnendes Licht auf jene eigenthümlichen Culturzustände
würfe. Der römische Adel, das römische Bürgerthum, das römische Landvolk,
— er war bei allen gleich sehr zu Hause, die einzelnen Bilder sind sprechender
als ganze Abhandlungen, und wer einen so tiefen Blick in die durch und durch
faulen Zustände des Kirchenstaats that, der hatte nachher ein Recht, über die
römische Frage zu schreiben.
Es waren und sind zum Theil noch die halbbarbarischen Sitten und Ge¬
bräuche des Mittelalters. So erinnert es auch stark an barbarische Zeiten, was
Azeglio, in eine spätere Zeit vorgreifend, vom Tod des Papstes Gregor des sechs-
zehnten erzählt. Wann ein Papst dem Ende nahe und keine Möglichkeit mehr
ist, daß er ins Leben zurückkehrt, so sind alle Bande, die bisher seine intimsten
Diener an ihn geknüpft hatten, gelöst. Schonungslos entfesseln sich die gemeinen
Interessen. Es gilt keine Zeit zu verlieren. Es handelt sich um Stunden,
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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/339>, abgerufen am 26.01.2025.
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