Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.buntes wurde indessen schon wenige Tage später durch Windischgrcitzs Kanonen buntes wurde indessen schon wenige Tage später durch Windischgrcitzs Kanonen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191548"/> <p xml:id="ID_918" prev="#ID_917" next="#ID_919"> buntes wurde indessen schon wenige Tage später durch Windischgrcitzs Kanonen<lb/> in alle Winde zersprengt: Olympius, der nicht abgeneigt gewesen wäre, die<lb/> vor zwei Jahrhundertin zu Moskau verloren gegangene Herrschaft des „alten"<lb/> Glaubens auf den prager Barrikaden wieder zu erobern — was kümmerten ihn<lb/> die politischen Tendenzen, um welche es sich in diesem Kampfe handelte? —<lb/> wurde rechtzeitig gewahr, daß der östreichische Feldmarschall die Uebermacht auf<lb/> seiner Seite habe und floh aus Prag, ohne die altgläubige Kirche allzuempfind¬<lb/> lich compromittirt zu haben. In Wien fand er seinen inzwischen mit neuen<lb/> Imlrnctionen aus der Bukowina eingetroffenen Klosterbruder, den uns bereits<lb/> bekannten Paulus vor. Man halte beschlossen, an den constituirenden<lb/> Reichstag zu gehen und dessen Mitwirkung für die Aufrechterhaltung des ge¬<lb/> fährdeten altgläubigen Metropolitansitzes in Anspruch zu nehmen. Unterdessen<lb/> war aber ein neur Schlag gegen denselben geführt worden: wahrscheinlich auf<lb/> Verlangen des russischen Gelangen wurde über Ambrosius die 'Verbannung nach<lb/> Zilly. ein kleines in Steyermark belegenes Städtchen verhängt, und diesem<lb/> im Juni eine bezügliche Eröffnung gemaeltt. Da die Altgläubigen sich, wie wir<lb/> wissen, verschiedener einflußreicher Gönner in der höhern Bureaukratie erfreuten, die<lb/> Uniut'e der noch immer w'Id dew>g'en Zeit es mit sich brachte, daß die östrei¬<lb/> chische Negierung wenig nach dem Metrvpoliien von Bj.lokrmitz. den sie nicht<lb/> zu furchen hatte und den sie nur ^ufiland zu Gefallen veifolgte — fragte, so<lb/> blieb Ambrosius trotz des g/gen ihn gefällten U>theils noch Moncue lang in<lb/> Wien und in unausgesetztem Verkehr mit seinen Getreuen. Paulus und Olympius<lb/> aber, die viel'ach mir slawischen Demokraten verkehrt zu haben scheinen, rechne¬<lb/> ten zuversichtlich auf den Sieg der Revolution und erwarteten von dieser die<lb/> Herstellung ihrer altgläubigen und altrussisä'en Herrlichkeit. Jhre Verbindungen<lb/> alt Moskau blieben die trüberen und es liegt uns als Zeugniß von denselben<lb/> ein höchst merkwürnger Br>ef vor. in welchem Paulus ein>in moskauer freunde<lb/> die beschichte der oft> einsten Revolution und ihres Einflusses auf die bjelv-<lb/> kriniher Angelegenbett voll se>mein Ltandpnntte aus berichtet: Metternich, die<lb/> Wurzel des den Gerechten angethane» Uebels sei vom Herrn geschlagen, zur<lb/> Flucht getrieben, ja selbst mit dem Tode bedroht worden, der Czaar (Kaiser<lb/> Feidinand) aber sei, gxioe als er die Gläubigen vertreiben wollen, gezwungen<lb/> worden, „constitutionelle Regeln" zu unterschreiben, die allen k. f. Unteitbauen<lb/> die Freiheit ihres Glaubens sicheren; wenn erst die große Deputation (der Reichs¬<lb/> tag zusammengetreten sei, so l^ssV sich mit Zuversicht auf einen glücklichen Aus¬<lb/> gang hoffen. Es sei zwar eine böse Zeit, der Heilige» wenige, der Herr aber<lb/> werde seine Heerde zu Schuhen wissen u. s. w. — Die eigenthümliche Beschränkt¬<lb/> heit der altgläubigen Anschauungen, welche nach der übrigen Welt und ihrer<lb/> Culiurenlwi^ung nichts fragt, sondern die Weltgeschichte ausschließlich nach ihrer<lb/> Einwirkung auf das Loos der Secte beurtheilt, ir>et an einzelnen Stellen dieses</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
buntes wurde indessen schon wenige Tage später durch Windischgrcitzs Kanonen
in alle Winde zersprengt: Olympius, der nicht abgeneigt gewesen wäre, die
vor zwei Jahrhundertin zu Moskau verloren gegangene Herrschaft des „alten"
Glaubens auf den prager Barrikaden wieder zu erobern — was kümmerten ihn
die politischen Tendenzen, um welche es sich in diesem Kampfe handelte? —
wurde rechtzeitig gewahr, daß der östreichische Feldmarschall die Uebermacht auf
seiner Seite habe und floh aus Prag, ohne die altgläubige Kirche allzuempfind¬
lich compromittirt zu haben. In Wien fand er seinen inzwischen mit neuen
Imlrnctionen aus der Bukowina eingetroffenen Klosterbruder, den uns bereits
bekannten Paulus vor. Man halte beschlossen, an den constituirenden
Reichstag zu gehen und dessen Mitwirkung für die Aufrechterhaltung des ge¬
fährdeten altgläubigen Metropolitansitzes in Anspruch zu nehmen. Unterdessen
war aber ein neur Schlag gegen denselben geführt worden: wahrscheinlich auf
Verlangen des russischen Gelangen wurde über Ambrosius die 'Verbannung nach
Zilly. ein kleines in Steyermark belegenes Städtchen verhängt, und diesem
im Juni eine bezügliche Eröffnung gemaeltt. Da die Altgläubigen sich, wie wir
wissen, verschiedener einflußreicher Gönner in der höhern Bureaukratie erfreuten, die
Uniut'e der noch immer w'Id dew>g'en Zeit es mit sich brachte, daß die östrei¬
chische Negierung wenig nach dem Metrvpoliien von Bj.lokrmitz. den sie nicht
zu furchen hatte und den sie nur ^ufiland zu Gefallen veifolgte — fragte, so
blieb Ambrosius trotz des g/gen ihn gefällten U>theils noch Moncue lang in
Wien und in unausgesetztem Verkehr mit seinen Getreuen. Paulus und Olympius
aber, die viel'ach mir slawischen Demokraten verkehrt zu haben scheinen, rechne¬
ten zuversichtlich auf den Sieg der Revolution und erwarteten von dieser die
Herstellung ihrer altgläubigen und altrussisä'en Herrlichkeit. Jhre Verbindungen
alt Moskau blieben die trüberen und es liegt uns als Zeugniß von denselben
ein höchst merkwürnger Br>ef vor. in welchem Paulus ein>in moskauer freunde
die beschichte der oft> einsten Revolution und ihres Einflusses auf die bjelv-
kriniher Angelegenbett voll se>mein Ltandpnntte aus berichtet: Metternich, die
Wurzel des den Gerechten angethane» Uebels sei vom Herrn geschlagen, zur
Flucht getrieben, ja selbst mit dem Tode bedroht worden, der Czaar (Kaiser
Feidinand) aber sei, gxioe als er die Gläubigen vertreiben wollen, gezwungen
worden, „constitutionelle Regeln" zu unterschreiben, die allen k. f. Unteitbauen
die Freiheit ihres Glaubens sicheren; wenn erst die große Deputation (der Reichs¬
tag zusammengetreten sei, so l^ssV sich mit Zuversicht auf einen glücklichen Aus¬
gang hoffen. Es sei zwar eine böse Zeit, der Heilige» wenige, der Herr aber
werde seine Heerde zu Schuhen wissen u. s. w. — Die eigenthümliche Beschränkt¬
heit der altgläubigen Anschauungen, welche nach der übrigen Welt und ihrer
Culiurenlwi^ung nichts fragt, sondern die Weltgeschichte ausschließlich nach ihrer
Einwirkung auf das Loos der Secte beurtheilt, ir>et an einzelnen Stellen dieses
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