Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Gebieten nöthig, bis das Ziel, welches der Verfasser im Auge hat, wirklich Der Boden, auf dem diese allmälige Ausgleichung der Gegensätze und die Gebieten nöthig, bis das Ziel, welches der Verfasser im Auge hat, wirklich Der Boden, auf dem diese allmälige Ausgleichung der Gegensätze und die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0233" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191463"/> <p xml:id="ID_682" prev="#ID_681"> Gebieten nöthig, bis das Ziel, welches der Verfasser im Auge hat, wirklich<lb/> erreicht und beide Rivalen in ihrer apostolischen Geltung einander gleichgestellt<lb/> sind. Nach der Mitte des zweiten Jahrhunderts sehen wir — in den Homilien<lb/> des Pseudo-Clemens — noch einmal einen energischen Versuch des Judenchristen»<lb/> thums, den Apostel Paulus ganz zu verdrängen und sein Werk, den Universa¬<lb/> lismus des Christenthums, einzig auf Petrus zu übertragen. Allein dies ist<lb/> auch der letzte Versuch. Nicht mit ihrer Feindschaft gegen Paulus — dafür<lb/> war es bereits zu spät — wohl aber mit ihrer hierarchischen Tendenz greift<lb/> diese Schrift sehr wirksam in die Entwicklung der Kirche ein. Unmittelbar<lb/> daraus, in der Zeit Victors, desjenigen römischen Bischofs, der zum ersten Mal<lb/> einen römischen Namen trägt, sehen wir eine Denkweise in dieser Gemeinde<lb/> zur Herrschaft gelangen, welche, in dogmatischer Beziehung entschieden antijüdisch,<lb/> mit allem Nachdruck das Interesse der kirchlichen Einheit, einer organisirten<lb/> Verfassung versieht. Nachdem in den Lehrmeinungen eine Grundlage der Ver¬<lb/> ständigung erzielt war. kam es darauf an. diese auch äußerlich in kirchlichen<lb/> Institutionen auszuprägen und damit gelangten auch die Petrussagen zu ihrem<lb/> Abschluß.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_683" next="#ID_684"> Der Boden, auf dem diese allmälige Ausgleichung der Gegensätze und die<lb/> Bildung der einen katholischen Kirche sich vollzog, war vorzugsweise die römische<lb/> Gemeinde. Frühzeitig scheint man geahnt zu haben, daß ihr die Zukunft ge¬<lb/> höre. Hierher flüchteten aus andern Gemeinden vertriebene Pauliner. hierher<lb/> siedelten aus dem sinkenden Jerusalem die bedeutendsten Kräfte des Juden-<lb/> christcnthums über. Nicht am heftigsten, aber am fruchtbarsten gestaltete sich<lb/> hier der Kampf der Parteien. Aus Rom ging die große Mehrzahl der Schriften<lb/> hervor, an welchen wir noch den Proceß des Ausgleichs, zu dem beide Parteien<lb/> ihre Beiträge lieferten, verfolgen können. Hier, wo einerseits die Erinnerung<lb/> an die Wirksamkeit des Paulus und an seinen Mariyrertod nicht erloschen sein<lb/> konnte, und anderseits die herrschende Partei ihm früh ihr Haupt, den Petrus,<lb/> an die Seite gab, trat auch am frühesten das Bestreben hervor, die Gegensätze<lb/> unter eine feste kirchliche Zucht und Ordnung zu stellen.^ Schon in dem Brief<lb/> des römischen Clemens an die korinthische Gemeinde, mag er nun wirklich von<lb/> Clemens am Ende des ersten Jahrhunderts oder, wie Volckmar will, erst<lb/> um das Jahr 120 geschrieben worden sein, treten die ersten Spuren einer<lb/> solchen Richtung hervor, wie hier auch zuerst die Namen Petrus und Paulus<lb/> in so bezeichnender Verbindung zusammen genannt sind. Es waren in der<lb/> korinthischen Gemeinde ärgerliche Spaltungen ausgebrochen, die den römischen<lb/> Verfasser zu seinem Mahnschreiben bewogen Aller Wahrscheinlichkeit nach häutet'e<lb/> es sich bei jenen Händeln »in dieselben Punkte, die schon früher die Gemeinde<lb/> in paulinische und pctrinische Parteien gespalten hatte». Allein ans das Ma-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0233]
Gebieten nöthig, bis das Ziel, welches der Verfasser im Auge hat, wirklich
erreicht und beide Rivalen in ihrer apostolischen Geltung einander gleichgestellt
sind. Nach der Mitte des zweiten Jahrhunderts sehen wir — in den Homilien
des Pseudo-Clemens — noch einmal einen energischen Versuch des Judenchristen»
thums, den Apostel Paulus ganz zu verdrängen und sein Werk, den Universa¬
lismus des Christenthums, einzig auf Petrus zu übertragen. Allein dies ist
auch der letzte Versuch. Nicht mit ihrer Feindschaft gegen Paulus — dafür
war es bereits zu spät — wohl aber mit ihrer hierarchischen Tendenz greift
diese Schrift sehr wirksam in die Entwicklung der Kirche ein. Unmittelbar
daraus, in der Zeit Victors, desjenigen römischen Bischofs, der zum ersten Mal
einen römischen Namen trägt, sehen wir eine Denkweise in dieser Gemeinde
zur Herrschaft gelangen, welche, in dogmatischer Beziehung entschieden antijüdisch,
mit allem Nachdruck das Interesse der kirchlichen Einheit, einer organisirten
Verfassung versieht. Nachdem in den Lehrmeinungen eine Grundlage der Ver¬
ständigung erzielt war. kam es darauf an. diese auch äußerlich in kirchlichen
Institutionen auszuprägen und damit gelangten auch die Petrussagen zu ihrem
Abschluß.
Der Boden, auf dem diese allmälige Ausgleichung der Gegensätze und die
Bildung der einen katholischen Kirche sich vollzog, war vorzugsweise die römische
Gemeinde. Frühzeitig scheint man geahnt zu haben, daß ihr die Zukunft ge¬
höre. Hierher flüchteten aus andern Gemeinden vertriebene Pauliner. hierher
siedelten aus dem sinkenden Jerusalem die bedeutendsten Kräfte des Juden-
christcnthums über. Nicht am heftigsten, aber am fruchtbarsten gestaltete sich
hier der Kampf der Parteien. Aus Rom ging die große Mehrzahl der Schriften
hervor, an welchen wir noch den Proceß des Ausgleichs, zu dem beide Parteien
ihre Beiträge lieferten, verfolgen können. Hier, wo einerseits die Erinnerung
an die Wirksamkeit des Paulus und an seinen Mariyrertod nicht erloschen sein
konnte, und anderseits die herrschende Partei ihm früh ihr Haupt, den Petrus,
an die Seite gab, trat auch am frühesten das Bestreben hervor, die Gegensätze
unter eine feste kirchliche Zucht und Ordnung zu stellen.^ Schon in dem Brief
des römischen Clemens an die korinthische Gemeinde, mag er nun wirklich von
Clemens am Ende des ersten Jahrhunderts oder, wie Volckmar will, erst
um das Jahr 120 geschrieben worden sein, treten die ersten Spuren einer
solchen Richtung hervor, wie hier auch zuerst die Namen Petrus und Paulus
in so bezeichnender Verbindung zusammen genannt sind. Es waren in der
korinthischen Gemeinde ärgerliche Spaltungen ausgebrochen, die den römischen
Verfasser zu seinem Mahnschreiben bewogen Aller Wahrscheinlichkeit nach häutet'e
es sich bei jenen Händeln »in dieselben Punkte, die schon früher die Gemeinde
in paulinische und pctrinische Parteien gespalten hatte». Allein ans das Ma-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |