Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.deren Erhebung mit unverhältnismäßig großen Opfern an Geld und Zeit für Diese Schwierigkeiten sind aber nicht die einzigen, welche der Einführung deren Erhebung mit unverhältnismäßig großen Opfern an Geld und Zeit für Diese Schwierigkeiten sind aber nicht die einzigen, welche der Einführung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0136" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191366"/> <p xml:id="ID_338" prev="#ID_337"> deren Erhebung mit unverhältnismäßig großen Opfern an Geld und Zeit für<lb/> Steuerzahler und Steuerempfänger verbunden ist. Es ist keineswegs die durch<lb/> die projectirte Maßregel angedrohte Vertheuerung der Waare, welche wir in<lb/> erster Reihe fürchten — eine solche ließe sich zur Noth auch bei uns ertragen,<lb/> wie sie in andern Ländern ertragen wird, — sondern der Mißstand einer<lb/> lästigen, die freie Bewegung des Fabrikanten wie des Händlers behindernden,<lb/> dazu kostbaren und unter allen Umständen unsichern Controle. Die Erhebung<lb/> einer Fabriksteuer vom Tabak würde in manchen deutschen Staaten, wenn über¬<lb/> haupt, nur bei Aufwendung unverhältnißmäßig großer Kosten möglich sein, na¬<lb/> mentlich im Königreich Sachsen. In Sachsen wird das Cigarrenmachen von<lb/> einer Unzahl kleiner Leute betrieben, die geringe Partien Tabak aufkaufen, ver¬<lb/> arbeiten und unter der Hand vertreiben; da das Cigarrenmachen in den Ge¬<lb/> fängnissen des Landes gelehrt wird, ist die Kenntniß dieser nicht eben schwierigen<lb/> Kunst auch in Schichten der Bevölkerung verbreitet, bei denen auf eine willfährige<lb/> Unterordnung unter das Gesetz nicht zu rechnen ist. Nicht nur in den größeren<lb/> und kleineren Städten, auch in den Dörfern und auf dem flachen Lande finden<lb/> sich zahllose Cigarrenmacher, die sich jeder Controle entziehen würden, wenn anders<lb/> nicht ein ganzes Heer von Aufsichtsbeamten angestellt werden sollte, das einen<lb/> beträchtlichen Theil des Steuereinkommens wieder verzehren würde. Noch schwieriger<lb/> wäre die Sache in den tabakbauendcn Theilen Deutschlands. Den Producenten an<lb/> der Verarbeitung seines Products, beziehungsweise dem heimlichen Vertriebe<lb/> desselben zu verhindern, würde kaum ein Mittel ausreichend sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_339" next="#ID_340"> Diese Schwierigkeiten sind aber nicht die einzigen, welche der Einführung<lb/> einer Fabrikstcuer entgegenstehen. Das Beispiel Rußlands, wo dieselbe seit<lb/> Jahren besteht und in der bequemsten Form, der einer Vanderolirung der Tabak-<lb/> und Cigarrencnveloppcn und Kisten erhoben wird, beweist, wie ungünstig dieser<lb/> Steuermodus auf den Handel wirkt. Der Einzelverkauf der Cigarre wird durch<lb/> denselben nämlich vollständig abgeschnitten, da die Banderole nicht um die ein¬<lb/> zelne Cigarre, sondern nur um eine bestimmte Quantität (10, 26, 50 oder<lb/> 100 Stück) gelegt werden kann. Für die niederen Classen, welche außer Stande<lb/> sind, eine größere Kapitalanlage aufzuwenden und in Deutschland an den Ge¬<lb/> nuß der Cigarre ebenso gewöhnt sind als die höheren, würde die Einführung<lb/> der Banderole identisch sein mit dem Verzicht auf einen regelmäßigen Genuß,<lb/> für die Händler, namentlich der niederen Sorten, mit einer sehr beträchtlichen<lb/> Verminderung ihres Absatzes, der häufig nur auf dem Wege des Einzelverkaufs<lb/> möglich ist. Dazu kommt, daß die Verbanderolirung der Fabrikate eine stete<lb/> Einmischung der Aufsichtsbeamten in den Fabrikbetrieb nach sich ziehen würde,<lb/> die ebenso lästig als peinlich wäre und manche Arten der Fabrikation, z. B. die<lb/> in den Häusern der Cigarrenmacher (welche von dem Fabrikanten ein Tabaks¬<lb/> quantum zur Verarbeitung empfangen und die verarbeiteten Cigarren abliefern)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0136]
deren Erhebung mit unverhältnismäßig großen Opfern an Geld und Zeit für
Steuerzahler und Steuerempfänger verbunden ist. Es ist keineswegs die durch
die projectirte Maßregel angedrohte Vertheuerung der Waare, welche wir in
erster Reihe fürchten — eine solche ließe sich zur Noth auch bei uns ertragen,
wie sie in andern Ländern ertragen wird, — sondern der Mißstand einer
lästigen, die freie Bewegung des Fabrikanten wie des Händlers behindernden,
dazu kostbaren und unter allen Umständen unsichern Controle. Die Erhebung
einer Fabriksteuer vom Tabak würde in manchen deutschen Staaten, wenn über¬
haupt, nur bei Aufwendung unverhältnißmäßig großer Kosten möglich sein, na¬
mentlich im Königreich Sachsen. In Sachsen wird das Cigarrenmachen von
einer Unzahl kleiner Leute betrieben, die geringe Partien Tabak aufkaufen, ver¬
arbeiten und unter der Hand vertreiben; da das Cigarrenmachen in den Ge¬
fängnissen des Landes gelehrt wird, ist die Kenntniß dieser nicht eben schwierigen
Kunst auch in Schichten der Bevölkerung verbreitet, bei denen auf eine willfährige
Unterordnung unter das Gesetz nicht zu rechnen ist. Nicht nur in den größeren
und kleineren Städten, auch in den Dörfern und auf dem flachen Lande finden
sich zahllose Cigarrenmacher, die sich jeder Controle entziehen würden, wenn anders
nicht ein ganzes Heer von Aufsichtsbeamten angestellt werden sollte, das einen
beträchtlichen Theil des Steuereinkommens wieder verzehren würde. Noch schwieriger
wäre die Sache in den tabakbauendcn Theilen Deutschlands. Den Producenten an
der Verarbeitung seines Products, beziehungsweise dem heimlichen Vertriebe
desselben zu verhindern, würde kaum ein Mittel ausreichend sein.
Diese Schwierigkeiten sind aber nicht die einzigen, welche der Einführung
einer Fabrikstcuer entgegenstehen. Das Beispiel Rußlands, wo dieselbe seit
Jahren besteht und in der bequemsten Form, der einer Vanderolirung der Tabak-
und Cigarrencnveloppcn und Kisten erhoben wird, beweist, wie ungünstig dieser
Steuermodus auf den Handel wirkt. Der Einzelverkauf der Cigarre wird durch
denselben nämlich vollständig abgeschnitten, da die Banderole nicht um die ein¬
zelne Cigarre, sondern nur um eine bestimmte Quantität (10, 26, 50 oder
100 Stück) gelegt werden kann. Für die niederen Classen, welche außer Stande
sind, eine größere Kapitalanlage aufzuwenden und in Deutschland an den Ge¬
nuß der Cigarre ebenso gewöhnt sind als die höheren, würde die Einführung
der Banderole identisch sein mit dem Verzicht auf einen regelmäßigen Genuß,
für die Händler, namentlich der niederen Sorten, mit einer sehr beträchtlichen
Verminderung ihres Absatzes, der häufig nur auf dem Wege des Einzelverkaufs
möglich ist. Dazu kommt, daß die Verbanderolirung der Fabrikate eine stete
Einmischung der Aufsichtsbeamten in den Fabrikbetrieb nach sich ziehen würde,
die ebenso lästig als peinlich wäre und manche Arten der Fabrikation, z. B. die
in den Häusern der Cigarrenmacher (welche von dem Fabrikanten ein Tabaks¬
quantum zur Verarbeitung empfangen und die verarbeiteten Cigarren abliefern)
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