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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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pfälzischen Production die Lebensadern abschneiden. -- Ein zweiter mit dieser
Abgabe verbundener Uebelstand ist der, daß dieselbe nicht von dem erzielten
Product, sondern von der Grundlage desselben, so zu sagen von der bloßen
Productionsmöglichkeit erhoben wird; ohne Rücksicht darauf, ob die Ernte in
lohnender Weise ausfällt oder nicht, ob der Producent einen Gewinn erzielt,
blos aus seine Kosten kommt oder im Verlust bleibt, wird das Product in glei¬
cher Weise belastet -- ein Verhältniß, das für die kleinen Producenten der
Pfalz gradezu unerträglich wäre und für Süddeutschland nur auf Kosten der
Existenz eines nicht unbeträchtlichen Bruchtheils der ländlichen Bevölkerung
durchgeführt werden könnte. -- Ein drittes gegen die Einführung der Pro-
ductionsstcuer pro Morgen Landes sprechendes und sehr wesentliches Moment,
ist die Rolle, welche der Pfälzische Tabak aus den Märkten des Auslandes spielt
und welche durch die Steuerfreiheit der Production wesentlich bedingt ist. Wäh¬
rend die Einfuhr pfälzischen Tabaks nach Norddeutschland in den letzten Jah¬
ren beträchtlich abgenommen hat, ist der Export ins Ausland constant im Zu¬
nehmen begriffen gewesen. Mindestens ein Fünftel (dem Werth nach ein Drittel)
des in der badischen Pfalz erzielten Krautes geht auf die großen Märkte des
Auslandes, wird nach Westen. Süden und Südosten verführt; eine Vertheuerung
desselben im Werthe von 2 Thaler pro Centner (wie sie das Resultat der er¬
wähnten Productionssteuer vom Grund und Boden wäre) würde den badischen
Producenten die Concurrenz mit in andern Staaten erzeugten und nichtbesteuer-
ten Tabaken unmöglich machen und die pfälzische Tabaksindustrie ruiniren.
Allerdings wäre es möglich, den ins Ausland verführten Waaren eine Rück-
steuer zu bewilligen und dieselben dadurch von der Productionssteuer zu be¬
freien; solchenfalls würde der Zweck der gesammten Steuermaßregel, die Er¬
höhung der Staatseinnahmen aber nur sehr unvollkommen erreicht, während
die übrigen, die Production beeinträchtigenden, mindestens ebenso bedenklichen
Uebelstände fortbestehen würden. Auch in dieser Beziehung fällt der Einwand,
daß der marter Tabaksbau bereits seit Jahren besteuert wird und doch im
frühern Umfange fortbesteht -- nicht ins Gewicht, denn der marter Tabak wird
-- im Gegensatz zum Pfälzischen wesentlich im Inlande consumirt und kaum
je über die Grenzen Deutschlands hinausgeführt.

Unsers Erachtens sind diese Bedenken gewichtig genug, um das Project
einer Besteuerung des Tabaksbaus pro Morgen Landes entschieden unrathsam
und mit den Interessen der einheimischen Production unvereinbar erscheinen zu
lassen. Soll eine Belastung der einheimischen Tabaksproduction im Interesse
erhöhter Staatseinnahmen eintreten, so kann sie in zweckmäßigerer, billigerer und be¬
quemerer Weise bewerkstelligt werden, als durch Einführung einer Grundsteuer von
dem tabaktragenden Boden. Am nächsten würde es liegen, den einheimischen Tabak
bei dem Uebergang aus den Händen des Producenten in die des Fabrikanten


pfälzischen Production die Lebensadern abschneiden. — Ein zweiter mit dieser
Abgabe verbundener Uebelstand ist der, daß dieselbe nicht von dem erzielten
Product, sondern von der Grundlage desselben, so zu sagen von der bloßen
Productionsmöglichkeit erhoben wird; ohne Rücksicht darauf, ob die Ernte in
lohnender Weise ausfällt oder nicht, ob der Producent einen Gewinn erzielt,
blos aus seine Kosten kommt oder im Verlust bleibt, wird das Product in glei¬
cher Weise belastet — ein Verhältniß, das für die kleinen Producenten der
Pfalz gradezu unerträglich wäre und für Süddeutschland nur auf Kosten der
Existenz eines nicht unbeträchtlichen Bruchtheils der ländlichen Bevölkerung
durchgeführt werden könnte. — Ein drittes gegen die Einführung der Pro-
ductionsstcuer pro Morgen Landes sprechendes und sehr wesentliches Moment,
ist die Rolle, welche der Pfälzische Tabak aus den Märkten des Auslandes spielt
und welche durch die Steuerfreiheit der Production wesentlich bedingt ist. Wäh¬
rend die Einfuhr pfälzischen Tabaks nach Norddeutschland in den letzten Jah¬
ren beträchtlich abgenommen hat, ist der Export ins Ausland constant im Zu¬
nehmen begriffen gewesen. Mindestens ein Fünftel (dem Werth nach ein Drittel)
des in der badischen Pfalz erzielten Krautes geht auf die großen Märkte des
Auslandes, wird nach Westen. Süden und Südosten verführt; eine Vertheuerung
desselben im Werthe von 2 Thaler pro Centner (wie sie das Resultat der er¬
wähnten Productionssteuer vom Grund und Boden wäre) würde den badischen
Producenten die Concurrenz mit in andern Staaten erzeugten und nichtbesteuer-
ten Tabaken unmöglich machen und die pfälzische Tabaksindustrie ruiniren.
Allerdings wäre es möglich, den ins Ausland verführten Waaren eine Rück-
steuer zu bewilligen und dieselben dadurch von der Productionssteuer zu be¬
freien; solchenfalls würde der Zweck der gesammten Steuermaßregel, die Er¬
höhung der Staatseinnahmen aber nur sehr unvollkommen erreicht, während
die übrigen, die Production beeinträchtigenden, mindestens ebenso bedenklichen
Uebelstände fortbestehen würden. Auch in dieser Beziehung fällt der Einwand,
daß der marter Tabaksbau bereits seit Jahren besteuert wird und doch im
frühern Umfange fortbesteht — nicht ins Gewicht, denn der marter Tabak wird
— im Gegensatz zum Pfälzischen wesentlich im Inlande consumirt und kaum
je über die Grenzen Deutschlands hinausgeführt.

Unsers Erachtens sind diese Bedenken gewichtig genug, um das Project
einer Besteuerung des Tabaksbaus pro Morgen Landes entschieden unrathsam
und mit den Interessen der einheimischen Production unvereinbar erscheinen zu
lassen. Soll eine Belastung der einheimischen Tabaksproduction im Interesse
erhöhter Staatseinnahmen eintreten, so kann sie in zweckmäßigerer, billigerer und be¬
quemerer Weise bewerkstelligt werden, als durch Einführung einer Grundsteuer von
dem tabaktragenden Boden. Am nächsten würde es liegen, den einheimischen Tabak
bei dem Uebergang aus den Händen des Producenten in die des Fabrikanten


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[0134] pfälzischen Production die Lebensadern abschneiden. — Ein zweiter mit dieser Abgabe verbundener Uebelstand ist der, daß dieselbe nicht von dem erzielten Product, sondern von der Grundlage desselben, so zu sagen von der bloßen Productionsmöglichkeit erhoben wird; ohne Rücksicht darauf, ob die Ernte in lohnender Weise ausfällt oder nicht, ob der Producent einen Gewinn erzielt, blos aus seine Kosten kommt oder im Verlust bleibt, wird das Product in glei¬ cher Weise belastet — ein Verhältniß, das für die kleinen Producenten der Pfalz gradezu unerträglich wäre und für Süddeutschland nur auf Kosten der Existenz eines nicht unbeträchtlichen Bruchtheils der ländlichen Bevölkerung durchgeführt werden könnte. — Ein drittes gegen die Einführung der Pro- ductionsstcuer pro Morgen Landes sprechendes und sehr wesentliches Moment, ist die Rolle, welche der Pfälzische Tabak aus den Märkten des Auslandes spielt und welche durch die Steuerfreiheit der Production wesentlich bedingt ist. Wäh¬ rend die Einfuhr pfälzischen Tabaks nach Norddeutschland in den letzten Jah¬ ren beträchtlich abgenommen hat, ist der Export ins Ausland constant im Zu¬ nehmen begriffen gewesen. Mindestens ein Fünftel (dem Werth nach ein Drittel) des in der badischen Pfalz erzielten Krautes geht auf die großen Märkte des Auslandes, wird nach Westen. Süden und Südosten verführt; eine Vertheuerung desselben im Werthe von 2 Thaler pro Centner (wie sie das Resultat der er¬ wähnten Productionssteuer vom Grund und Boden wäre) würde den badischen Producenten die Concurrenz mit in andern Staaten erzeugten und nichtbesteuer- ten Tabaken unmöglich machen und die pfälzische Tabaksindustrie ruiniren. Allerdings wäre es möglich, den ins Ausland verführten Waaren eine Rück- steuer zu bewilligen und dieselben dadurch von der Productionssteuer zu be¬ freien; solchenfalls würde der Zweck der gesammten Steuermaßregel, die Er¬ höhung der Staatseinnahmen aber nur sehr unvollkommen erreicht, während die übrigen, die Production beeinträchtigenden, mindestens ebenso bedenklichen Uebelstände fortbestehen würden. Auch in dieser Beziehung fällt der Einwand, daß der marter Tabaksbau bereits seit Jahren besteuert wird und doch im frühern Umfange fortbesteht — nicht ins Gewicht, denn der marter Tabak wird — im Gegensatz zum Pfälzischen wesentlich im Inlande consumirt und kaum je über die Grenzen Deutschlands hinausgeführt. Unsers Erachtens sind diese Bedenken gewichtig genug, um das Project einer Besteuerung des Tabaksbaus pro Morgen Landes entschieden unrathsam und mit den Interessen der einheimischen Production unvereinbar erscheinen zu lassen. Soll eine Belastung der einheimischen Tabaksproduction im Interesse erhöhter Staatseinnahmen eintreten, so kann sie in zweckmäßigerer, billigerer und be¬ quemerer Weise bewerkstelligt werden, als durch Einführung einer Grundsteuer von dem tabaktragenden Boden. Am nächsten würde es liegen, den einheimischen Tabak bei dem Uebergang aus den Händen des Producenten in die des Fabrikanten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/134>, abgerufen am 15.01.2025.