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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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belebten entfernt, ein besonderer Nachdruck gelegt werden muß, das sind zwei
wichtige Punkte, in welchen mein gänzlich von den bisher bei uns geübten bau¬
lichen Gewohnheiten und sehr zum Vortheil abgewichen ist: die Beleuchtung
der Räume und die Ausführung in reinen soliden wahrhaftigen Werkstücken.

In all unsern vorhergegangenen Museumsbauten erscheint grade das,
wovon zum großen Theil die Möglichkeit abhängt, ein Kunstwerk in seiner
ersten vom Künstler beabsichtigten Wirkung zu sehen und in seiner vollen
Schönheit zu genießen, die Beleuchtung, die Stellung, Höhe, Breite der Fenster
im Verhältniß zum R.inen und seinen Wänden, mit einer Gleichgiltigkeit und
Rücksichtslosigkeit gegen das, was später in ihm und an ihnen placirt werden
soll, behandelt, die merkwürdig genug ist. Das Aergste in dieser Hin¬
sicht ist bekanntlich im neuen Museum geleistet, wo diese Einrichtungen in vie¬
len Sälen so getroffen sind, als hätte man mühsam grade diejenigen herausgesucht,
durch welche am sichersten des Kunstwerks spccigscher Erscheinungsreiz vernichtet
wird; ein besonders schlagendes Beispiel dafür der Saal der Abgüsse der
Parthenonsculpturen. Es sieht so aus, als hätten unsre auf ihre Wissenschaft¬
lichkeit so stolzen Architekten sich nie die Mühe genommen, dieser Sache auf den
Grund zu gehen, und die Gesetze, die doch vorhanden sein müssen, heraus zu
experimentiren oder zu berechnen, auf deren Befolgung oder Nichtachtung rechte
und gute, oder schlechte und untaugliche Beleuchtung der in einem bestimmten
Raum aufzustellenden Kunstwerke beruht. Anders wenigstens war dies gänz¬
lich willkürliche Schwanken, wo es sich darum handelte, diese Gesetze praktisch
sogar in Bauwerken "acj bon" anzuwenden, nicht zu erklären. Einem berühm¬
ten Maler, Professor Magnus in Berlin, war es vorbehalten, neuerdings, geleitet
von dem feinsten künstlerischen Tact, fortgesetzter Beobachtung und Erfahrung
auf diesem Gebiet und echtem Bauverstande, diesen Grundprincipien der guten
Beleuchtung nachspürend, solche zu finden und in ihrer Einfachheit formulirt
hinzustellen, deren Richtigkeit ihnen eine überzeugende Kraft giebt. In einem
1863 im Senat der Akademie gehaltenen längeren Vortrag "über Einrichtung
und Beleuchtung der Räume zur Aufstellung von Gemälden und Sculpturen"
(bei Ernst und Korn 1864 in besonderem Abdruck erschienen) entwickelte er das
von ihm Gefundene mit einleuchtender Klarheit vor den Kunstgenossen. Und
Anfang 1866 ergänzte er die darin erörterten Regeln durch eine neuere Arbeit
(ebenfalls von Ernst und Korn in Druck herausgegeben), welche ihre praktische
Nutzbarmachung an dem darin gegebenen "Entwurf zu dem Bau eines Kunst¬
museums" enthielt, und an zwei Proben eines solchen, danach eingerichteten
Gebäudes sinnlich und unabweislich darthut, wie diese Principien auf kleine
wie auf ausgedehnt großartige Gallerte- und Mnseumsanlagen angewendet,
überall und immer ihre Nichtigkeit glänzend bewähren. Ich kann hier nicht so
gleichsam gelegentlich auf das Detail dieser Untersuchungen und ihrer Resultate


belebten entfernt, ein besonderer Nachdruck gelegt werden muß, das sind zwei
wichtige Punkte, in welchen mein gänzlich von den bisher bei uns geübten bau¬
lichen Gewohnheiten und sehr zum Vortheil abgewichen ist: die Beleuchtung
der Räume und die Ausführung in reinen soliden wahrhaftigen Werkstücken.

In all unsern vorhergegangenen Museumsbauten erscheint grade das,
wovon zum großen Theil die Möglichkeit abhängt, ein Kunstwerk in seiner
ersten vom Künstler beabsichtigten Wirkung zu sehen und in seiner vollen
Schönheit zu genießen, die Beleuchtung, die Stellung, Höhe, Breite der Fenster
im Verhältniß zum R.inen und seinen Wänden, mit einer Gleichgiltigkeit und
Rücksichtslosigkeit gegen das, was später in ihm und an ihnen placirt werden
soll, behandelt, die merkwürdig genug ist. Das Aergste in dieser Hin¬
sicht ist bekanntlich im neuen Museum geleistet, wo diese Einrichtungen in vie¬
len Sälen so getroffen sind, als hätte man mühsam grade diejenigen herausgesucht,
durch welche am sichersten des Kunstwerks spccigscher Erscheinungsreiz vernichtet
wird; ein besonders schlagendes Beispiel dafür der Saal der Abgüsse der
Parthenonsculpturen. Es sieht so aus, als hätten unsre auf ihre Wissenschaft¬
lichkeit so stolzen Architekten sich nie die Mühe genommen, dieser Sache auf den
Grund zu gehen, und die Gesetze, die doch vorhanden sein müssen, heraus zu
experimentiren oder zu berechnen, auf deren Befolgung oder Nichtachtung rechte
und gute, oder schlechte und untaugliche Beleuchtung der in einem bestimmten
Raum aufzustellenden Kunstwerke beruht. Anders wenigstens war dies gänz¬
lich willkürliche Schwanken, wo es sich darum handelte, diese Gesetze praktisch
sogar in Bauwerken „acj bon" anzuwenden, nicht zu erklären. Einem berühm¬
ten Maler, Professor Magnus in Berlin, war es vorbehalten, neuerdings, geleitet
von dem feinsten künstlerischen Tact, fortgesetzter Beobachtung und Erfahrung
auf diesem Gebiet und echtem Bauverstande, diesen Grundprincipien der guten
Beleuchtung nachspürend, solche zu finden und in ihrer Einfachheit formulirt
hinzustellen, deren Richtigkeit ihnen eine überzeugende Kraft giebt. In einem
1863 im Senat der Akademie gehaltenen längeren Vortrag „über Einrichtung
und Beleuchtung der Räume zur Aufstellung von Gemälden und Sculpturen"
(bei Ernst und Korn 1864 in besonderem Abdruck erschienen) entwickelte er das
von ihm Gefundene mit einleuchtender Klarheit vor den Kunstgenossen. Und
Anfang 1866 ergänzte er die darin erörterten Regeln durch eine neuere Arbeit
(ebenfalls von Ernst und Korn in Druck herausgegeben), welche ihre praktische
Nutzbarmachung an dem darin gegebenen „Entwurf zu dem Bau eines Kunst¬
museums" enthielt, und an zwei Proben eines solchen, danach eingerichteten
Gebäudes sinnlich und unabweislich darthut, wie diese Principien auf kleine
wie auf ausgedehnt großartige Gallerte- und Mnseumsanlagen angewendet,
überall und immer ihre Nichtigkeit glänzend bewähren. Ich kann hier nicht so
gleichsam gelegentlich auf das Detail dieser Untersuchungen und ihrer Resultate


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/113>, abgerufen am 15.01.2025.