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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Berücksichtigung der nationalen Kunst jedes Genres die der Malerei nationaler
Nuhmesthaten her.

Einen entsprechenden Bauplatz für das dritte Museum zu finden, war un¬
gleich leichter, als für unser zukünftiges Parlament, wonach man bereits so
manches Jahr vergeblich sucht. Die große, nur von alten zum Abbruch reifen
Privatgebäuden besetzte Fläche zwischen dem .neuen Museum" und der Spree
empfahl sich von selbst dafür durch jeden natürlichen Vorzug der Lage und der
lokalen Bedingungen. Diesen weiten Platz, der nach Norden zu nur noch durch
wenige später zu beseitigende Häuser und Gärten fiscalischen Eigenthums, im
Nordosten durch jenen Sprcearm, südwestlich vom neuen Museum, südlich von
der von letzterem ausgehenden langen Kolonnade bekränzt und eingeschränkt wird,
hatte lange vorher.schon Friedrich Wilhelm der Vierte für eins seiner ausgedehnten
Prachtbauprojecte im Auge gehabt. Hier, nach Norden hin weit über die nörd¬
liche Wand des neuen Museums hinausgerückt, halte er ein neues Universitäis-
gebäude hinzustellen gewünscht; im Zusammenhang mit ihm und dem Museum
nach Süden hin den Bau einer prachtvollen Aula, diesen ganzen Komplex durch
Säulengänge zu einer Gesammtheit vereinigt, eine großartig angelegte gro߬
gestaltete Tempelgruppe, der Kunst und Wissenschaft geweiht. Wie über die ge¬
tuschten Grundrisse vorhandner Gebäude. Flußarme und Terrainhindernisse in
den Plänen sein geistreich skizzirender Bleistift, so ging seine architeltomsche
Phantasie bei solchen Gelegenheiten unbesorgt über die praktischen und -- finan¬
ziellen Möglichkeiten hinweg. Der getreue, sich stets gefällig den Ideen des könig¬
lichen Künstlers auschmiegende Slüter war jederzeit bereit, dem Traum wenigstens
auf dem Papier die sehr wahrscheinlich und prächtig aussehende geometrische und
perspectivische Gestalt zu verleihen, und so machte denn auch seine große, schön
ausgeführte Aquarelle des projectirten Museumcomplcx.es, wie sie auf der großen
Ausstellung von 46 oder 48 erschien, einen sehr bestechenden und verlockenden
Eindruck, welchen der Grundriß nur zu unterstützen schien. Die classische An¬
muth und ob auch etwas monotone antike Herrlichkeit schien sich auf das
sumpfige Spreeufer niedergelassen zu haben; ein weiter Bezirk dem Cultus aller
idealster Interessen geheiligt, auch in seiner reinen kunstgestaltetcn, schönheitver¬
klärten baulichen Gestalt, herausgehoben und abgeschlossen von aller Rohheit
und Bedürftigkeit des draußen vorüberbrausenden Werktaglebens der Gegen¬
wart. Aber gleich von vorn herein stellte sich der Ausführung ein nicht zu
unterschätzendes Hinderniß entgegen. Die Universität selbst protestirte gegen
das ihr zugedachte schönere Haus und machte darauf aufmerksam, daß Friedrich
Wilhelm der Dritte bei der Stiftung der berliner Hochschule ihr für alle Zeit
das Gebäude als Eigenthum und Wohnsitz zugewiesen habe, welches sie wäh¬
rend dieses halben Jahrhunderts inne hatte. So fiel dieser Plan, den die folgenden
Ereignisse auch ohne dies unmöglich gemacht haben würden. Aber schon Slüter


Berücksichtigung der nationalen Kunst jedes Genres die der Malerei nationaler
Nuhmesthaten her.

Einen entsprechenden Bauplatz für das dritte Museum zu finden, war un¬
gleich leichter, als für unser zukünftiges Parlament, wonach man bereits so
manches Jahr vergeblich sucht. Die große, nur von alten zum Abbruch reifen
Privatgebäuden besetzte Fläche zwischen dem .neuen Museum" und der Spree
empfahl sich von selbst dafür durch jeden natürlichen Vorzug der Lage und der
lokalen Bedingungen. Diesen weiten Platz, der nach Norden zu nur noch durch
wenige später zu beseitigende Häuser und Gärten fiscalischen Eigenthums, im
Nordosten durch jenen Sprcearm, südwestlich vom neuen Museum, südlich von
der von letzterem ausgehenden langen Kolonnade bekränzt und eingeschränkt wird,
hatte lange vorher.schon Friedrich Wilhelm der Vierte für eins seiner ausgedehnten
Prachtbauprojecte im Auge gehabt. Hier, nach Norden hin weit über die nörd¬
liche Wand des neuen Museums hinausgerückt, halte er ein neues Universitäis-
gebäude hinzustellen gewünscht; im Zusammenhang mit ihm und dem Museum
nach Süden hin den Bau einer prachtvollen Aula, diesen ganzen Komplex durch
Säulengänge zu einer Gesammtheit vereinigt, eine großartig angelegte gro߬
gestaltete Tempelgruppe, der Kunst und Wissenschaft geweiht. Wie über die ge¬
tuschten Grundrisse vorhandner Gebäude. Flußarme und Terrainhindernisse in
den Plänen sein geistreich skizzirender Bleistift, so ging seine architeltomsche
Phantasie bei solchen Gelegenheiten unbesorgt über die praktischen und — finan¬
ziellen Möglichkeiten hinweg. Der getreue, sich stets gefällig den Ideen des könig¬
lichen Künstlers auschmiegende Slüter war jederzeit bereit, dem Traum wenigstens
auf dem Papier die sehr wahrscheinlich und prächtig aussehende geometrische und
perspectivische Gestalt zu verleihen, und so machte denn auch seine große, schön
ausgeführte Aquarelle des projectirten Museumcomplcx.es, wie sie auf der großen
Ausstellung von 46 oder 48 erschien, einen sehr bestechenden und verlockenden
Eindruck, welchen der Grundriß nur zu unterstützen schien. Die classische An¬
muth und ob auch etwas monotone antike Herrlichkeit schien sich auf das
sumpfige Spreeufer niedergelassen zu haben; ein weiter Bezirk dem Cultus aller
idealster Interessen geheiligt, auch in seiner reinen kunstgestaltetcn, schönheitver¬
klärten baulichen Gestalt, herausgehoben und abgeschlossen von aller Rohheit
und Bedürftigkeit des draußen vorüberbrausenden Werktaglebens der Gegen¬
wart. Aber gleich von vorn herein stellte sich der Ausführung ein nicht zu
unterschätzendes Hinderniß entgegen. Die Universität selbst protestirte gegen
das ihr zugedachte schönere Haus und machte darauf aufmerksam, daß Friedrich
Wilhelm der Dritte bei der Stiftung der berliner Hochschule ihr für alle Zeit
das Gebäude als Eigenthum und Wohnsitz zugewiesen habe, welches sie wäh¬
rend dieses halben Jahrhunderts inne hatte. So fiel dieser Plan, den die folgenden
Ereignisse auch ohne dies unmöglich gemacht haben würden. Aber schon Slüter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/110>, abgerufen am 15.01.2025.