Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.dann ausführlich in der Weise erzählt, daß Paulus und Petrus nach einander Hier also hatte sich wenigstens eine Spur ihrer ehemaligen gegnerischen Eine andere Lesart läßt den Petrus auf der Höhe des Janiculus, da wo Von Irenäus an (Ende des 2. Jahrhunderts) war es ein allgemein an¬ dann ausführlich in der Weise erzählt, daß Paulus und Petrus nach einander Hier also hatte sich wenigstens eine Spur ihrer ehemaligen gegnerischen Eine andere Lesart läßt den Petrus auf der Höhe des Janiculus, da wo Von Irenäus an (Ende des 2. Jahrhunderts) war es ein allgemein an¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191332"/> <p xml:id="ID_252" prev="#ID_251"> dann ausführlich in der Weise erzählt, daß Paulus und Petrus nach einander<lb/> ihre Lehrbegriffe entwickeln, die als wesentlich übereinstimmend dargestellt sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_253"> Hier also hatte sich wenigstens eine Spur ihrer ehemaligen gegnerischen<lb/> Stellung erhallen. Aber auch diese Spuren wollte man tilgen, um keinerlei<lb/> Empfindlichkeiten mehr Raum zu lassen. Man weiß, wie in der Apostelgeschichte<lb/> sorgfältig jede Erinnerung an die heftige Scene in Antiochia verwischt ist, und<lb/> in diesem friedlichen versöhnlichen Interesse wird nun vollends überhaupt die Tra¬<lb/> dition über die beiden Apostel ausgebildet. Als historisches Zeugniß hat alle<lb/> weitere Ausschmückung der Sage, abgesehen von dem legendarischen Charakter,<lb/> schon darum keinen Werth mehr, weil wir damit in immer spätere Zeiten rücken,<lb/> in welchen jede echte Erinnerung sich längst verloren hatte. Es kann nicht<lb/> überraschen, daß man nach einiger Zeit bestimmte Stätten bezeichnet, an welchen<lb/> die Apostel hingerichtet oder begraben sein sollten. Schon im Anfang des zweiten<lb/> Jahrhunderts soll der Bischof Anaclet in dem neronischen Circus eine Memoria<lb/> gestiftet haben, und ein Jahrhundert später schrieb der römische Presbyter Cajus,<lb/> daß die „Trophäen" der beiden Apostel, was doch wohl auf ihre Grabstätten<lb/> zu beziehen ist, am Vatican und an dem Wege nach Ostia gezeigt würden. Die<lb/> Wahl des Vatican zeigt, daß man aus einer richtigen geschichtlichen Spur war.<lb/> Denn hier stand der ncronische Circus. hier nahm die Christenverfolgung des<lb/> Jahres 64 ihren Anfang. Nur ist auffallend, daß um diese Zeit hier bereits<lb/> eine Gruft des Apostels bestanden haben soll, denn der Circus blieb noch lange<lb/> nachher im Gebrauch.</p><lb/> <p xml:id="ID_254"> Eine andere Lesart läßt den Petrus auf der Höhe des Janiculus, da wo<lb/> jetzt San Pietro in Montorio steht, den Kreuzestod erleiden, mit dem Blick<lb/> aus die vor ihm ausgebreitete Stadt. Und wieder eine andere Sage verlegt<lb/> den Tod und die erste Bestattung beider Apostel nach einem drei Miglien ent¬<lb/> fernten Ort in der Campagna an der apvischen Straße, heute Tre Fontane<lb/> genannt. Eine im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts vom heiligen Damasus<lb/> gesetzte Inschrift enthält diese Angabe und fügt bei, daß die Leichname in der<lb/> Mitte des 2. Jahrhunderts nach einem Ort näher der Stadt zu gebracht wur¬<lb/> den, an dieselbe Stätte, auf der dann die Basilica San Paolo erbaut wurde.<lb/> Uebrigens stand jedenfalls vom 4. Jahrhundert die bei dem Presbyter Cajus<lb/> zuerst erscheinende Tradition fest, daß am Vatican die Ruhestätte des Petrus,<lb/> an dem Weg nach Ostia die des Paulus sei. Die Basiliken, welche Konstantin<lb/> hier diesem, dort jenem Apostel erbaute, befestigten sie für immer.</p><lb/> <p xml:id="ID_255" next="#ID_256"> Von Irenäus an (Ende des 2. Jahrhunderts) war es ein allgemein an¬<lb/> erkannter, von allen Kirchenlehrern wiederholter Satz, daß die vornehmste und<lb/> berühmte römische Kirche von den beiden glorreichsten Aposteln Petrus und Paulus<lb/> gegründet worden sei, und glücklich wird sie gepriesen, daß die Apostel mit ihrem<lb/> Martyrerblut ihr zugleich ihre ganze Lehre hingegeben haben. Beide stehen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
dann ausführlich in der Weise erzählt, daß Paulus und Petrus nach einander
ihre Lehrbegriffe entwickeln, die als wesentlich übereinstimmend dargestellt sind.
Hier also hatte sich wenigstens eine Spur ihrer ehemaligen gegnerischen
Stellung erhallen. Aber auch diese Spuren wollte man tilgen, um keinerlei
Empfindlichkeiten mehr Raum zu lassen. Man weiß, wie in der Apostelgeschichte
sorgfältig jede Erinnerung an die heftige Scene in Antiochia verwischt ist, und
in diesem friedlichen versöhnlichen Interesse wird nun vollends überhaupt die Tra¬
dition über die beiden Apostel ausgebildet. Als historisches Zeugniß hat alle
weitere Ausschmückung der Sage, abgesehen von dem legendarischen Charakter,
schon darum keinen Werth mehr, weil wir damit in immer spätere Zeiten rücken,
in welchen jede echte Erinnerung sich längst verloren hatte. Es kann nicht
überraschen, daß man nach einiger Zeit bestimmte Stätten bezeichnet, an welchen
die Apostel hingerichtet oder begraben sein sollten. Schon im Anfang des zweiten
Jahrhunderts soll der Bischof Anaclet in dem neronischen Circus eine Memoria
gestiftet haben, und ein Jahrhundert später schrieb der römische Presbyter Cajus,
daß die „Trophäen" der beiden Apostel, was doch wohl auf ihre Grabstätten
zu beziehen ist, am Vatican und an dem Wege nach Ostia gezeigt würden. Die
Wahl des Vatican zeigt, daß man aus einer richtigen geschichtlichen Spur war.
Denn hier stand der ncronische Circus. hier nahm die Christenverfolgung des
Jahres 64 ihren Anfang. Nur ist auffallend, daß um diese Zeit hier bereits
eine Gruft des Apostels bestanden haben soll, denn der Circus blieb noch lange
nachher im Gebrauch.
Eine andere Lesart läßt den Petrus auf der Höhe des Janiculus, da wo
jetzt San Pietro in Montorio steht, den Kreuzestod erleiden, mit dem Blick
aus die vor ihm ausgebreitete Stadt. Und wieder eine andere Sage verlegt
den Tod und die erste Bestattung beider Apostel nach einem drei Miglien ent¬
fernten Ort in der Campagna an der apvischen Straße, heute Tre Fontane
genannt. Eine im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts vom heiligen Damasus
gesetzte Inschrift enthält diese Angabe und fügt bei, daß die Leichname in der
Mitte des 2. Jahrhunderts nach einem Ort näher der Stadt zu gebracht wur¬
den, an dieselbe Stätte, auf der dann die Basilica San Paolo erbaut wurde.
Uebrigens stand jedenfalls vom 4. Jahrhundert die bei dem Presbyter Cajus
zuerst erscheinende Tradition fest, daß am Vatican die Ruhestätte des Petrus,
an dem Weg nach Ostia die des Paulus sei. Die Basiliken, welche Konstantin
hier diesem, dort jenem Apostel erbaute, befestigten sie für immer.
Von Irenäus an (Ende des 2. Jahrhunderts) war es ein allgemein an¬
erkannter, von allen Kirchenlehrern wiederholter Satz, daß die vornehmste und
berühmte römische Kirche von den beiden glorreichsten Aposteln Petrus und Paulus
gegründet worden sei, und glücklich wird sie gepriesen, daß die Apostel mit ihrem
Martyrerblut ihr zugleich ihre ganze Lehre hingegeben haben. Beide stehen
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