Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.der sie aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, von allen Niederlassungs¬ So hat die polnische Politik Rußlands fortwährend in feindlichsten Gegen¬ Der Vorgänge auf dem letzten galizischen Landtage, des Protestes der rus¬ der sie aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, von allen Niederlassungs¬ So hat die polnische Politik Rußlands fortwährend in feindlichsten Gegen¬ Der Vorgänge auf dem letzten galizischen Landtage, des Protestes der rus¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0395" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190554"/> <p xml:id="ID_1302" prev="#ID_1301"> der sie aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, von allen Niederlassungs¬<lb/> und Colonisationsgedanken zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_1303"> So hat die polnische Politik Rußlands fortwährend in feindlichsten Gegen¬<lb/> sat) zu der östreichischen Verwaltung Galiziens gestanden. Dieser Gegensatz hat<lb/> sich neuerdings noch dadurch geschärft, daß verschiedene in Cvngreßpolen beimisch<lb/> gewesene polnische Aristokraten nach Galizien übergesiedelt sind und sich der<lb/> gvluchowskischen Verwaltung angeschlossen haben, während andererseits russische<lb/> Parteiführer aus Galizien nach Polen und Lithauen berufen und mit der Ver-^<lb/> waltung dortiger Schulcinstaltcn von russificatorischer Tendenz betraut worden<lb/> sind. Besonderes Aufsehen erregte es, daß ein bekannter russischer Journalist<lb/> aus Lemberg an die Spitze des neu begründeten griechisch-unirten Seminars zu<lb/> Chelm trat u»d sich in seiner neuen Stellung als so leidenschaftlicher und rück¬<lb/> sichtsloser Polen - und Katbolikcnfcind gerirte, daß der grieclusch-unitte Bischof<lb/> gegen ihn einschreiten zu müssen glaubte, darüber sein Amt verlor, mit dem<lb/> größten Theil seines Capitals nach Rußland geschickt und daselbst' internirt<lb/> wurde. Von entsprechenden Vergewaltigungen Goluebowskis gegen die russische<lb/> Geistlichkeit seines Regierungsbezirks bat' bis jetzt nichts verlautet, alles, was<lb/> dem neuen Statthalter Galiziens zum Vorwurf gemacht wird, beschränkt sich<lb/> auf Begünstigung des Gebrauchs der polnischen Sprache und auf Bevorzugung<lb/> polnischer und pvlnischgesinntcr Beamten in der Bureaukratie, deren deutsche<lb/> Bestandtheile allerdings beträchtlich eingeschmolzen sind. - Andererseits entbehren<lb/> die von den Polen aufgesprengte» Gerüchte, nach denen russische Agenten das<lb/> Land durchziehen und die Bauern zur Erhebung gegen die Herren und die diesen<lb/> Verbündete Regierung aufstacheln, bis jetzt jedes genügenden Beweises. Die<lb/> von der lembcrgcr „Gazetta Narodowa" verbreiteten Erzählungen von der Ent-<lb/> deckung russischer Emissäre und großer moskauer Geldsendungen an den Re¬<lb/> dacteur des russischen Journals „Slowo" sind ausnahmslos widerlegt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1304" next="#ID_1305"> Der Vorgänge auf dem letzten galizischen Landtage, des Protestes der rus¬<lb/> sischen Landboten gegen die Begründung einer galizischen Kanzlei zu Wie» und<lb/> der sonstigen russischen Kundgebungen gegen den Föderalismus haben wir an<lb/> dieser Stelle nicht weiter zu gedenken für nöthig gehalten. da sie ans den Be¬<lb/> richten der Tagesblätter sattsam bekannt sind. Die neueste Wendung in der<lb/> wiener Politik, welche zu der Entlassung Belcredis, dem Ausgleich mit Ungarn<lb/> und der Befestigung des beustschen Einflusses in der Hofburg geführt hat, macht<lb/> es überdies zweifelhaft, ob Goluebowski im Amte bleibt. Möglich ist, daß die<lb/> Centralisten wieder die Oberhand gewinnen, sich ihrer Bundesgenossen östlich<lb/> Vom San erinnern und mit diesen gemeinschaftliche Sache gegen den czechisch-<lb/> Polnischen Quasi-Föderalismus machen. Uns kam es darauf an, ein Bild der<lb/> factischen Verhältnisse und der historischen Grundlage derselben zu entwerfen<lb/> Und den engen Zusammenhang zwischen den rnssificatorischeu Tendenzen östlich</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0395]
der sie aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, von allen Niederlassungs¬
und Colonisationsgedanken zurück.
So hat die polnische Politik Rußlands fortwährend in feindlichsten Gegen¬
sat) zu der östreichischen Verwaltung Galiziens gestanden. Dieser Gegensatz hat
sich neuerdings noch dadurch geschärft, daß verschiedene in Cvngreßpolen beimisch
gewesene polnische Aristokraten nach Galizien übergesiedelt sind und sich der
gvluchowskischen Verwaltung angeschlossen haben, während andererseits russische
Parteiführer aus Galizien nach Polen und Lithauen berufen und mit der Ver-^
waltung dortiger Schulcinstaltcn von russificatorischer Tendenz betraut worden
sind. Besonderes Aufsehen erregte es, daß ein bekannter russischer Journalist
aus Lemberg an die Spitze des neu begründeten griechisch-unirten Seminars zu
Chelm trat u»d sich in seiner neuen Stellung als so leidenschaftlicher und rück¬
sichtsloser Polen - und Katbolikcnfcind gerirte, daß der grieclusch-unitte Bischof
gegen ihn einschreiten zu müssen glaubte, darüber sein Amt verlor, mit dem
größten Theil seines Capitals nach Rußland geschickt und daselbst' internirt
wurde. Von entsprechenden Vergewaltigungen Goluebowskis gegen die russische
Geistlichkeit seines Regierungsbezirks bat' bis jetzt nichts verlautet, alles, was
dem neuen Statthalter Galiziens zum Vorwurf gemacht wird, beschränkt sich
auf Begünstigung des Gebrauchs der polnischen Sprache und auf Bevorzugung
polnischer und pvlnischgesinntcr Beamten in der Bureaukratie, deren deutsche
Bestandtheile allerdings beträchtlich eingeschmolzen sind. - Andererseits entbehren
die von den Polen aufgesprengte» Gerüchte, nach denen russische Agenten das
Land durchziehen und die Bauern zur Erhebung gegen die Herren und die diesen
Verbündete Regierung aufstacheln, bis jetzt jedes genügenden Beweises. Die
von der lembcrgcr „Gazetta Narodowa" verbreiteten Erzählungen von der Ent-
deckung russischer Emissäre und großer moskauer Geldsendungen an den Re¬
dacteur des russischen Journals „Slowo" sind ausnahmslos widerlegt worden.
Der Vorgänge auf dem letzten galizischen Landtage, des Protestes der rus¬
sischen Landboten gegen die Begründung einer galizischen Kanzlei zu Wie» und
der sonstigen russischen Kundgebungen gegen den Föderalismus haben wir an
dieser Stelle nicht weiter zu gedenken für nöthig gehalten. da sie ans den Be¬
richten der Tagesblätter sattsam bekannt sind. Die neueste Wendung in der
wiener Politik, welche zu der Entlassung Belcredis, dem Ausgleich mit Ungarn
und der Befestigung des beustschen Einflusses in der Hofburg geführt hat, macht
es überdies zweifelhaft, ob Goluebowski im Amte bleibt. Möglich ist, daß die
Centralisten wieder die Oberhand gewinnen, sich ihrer Bundesgenossen östlich
Vom San erinnern und mit diesen gemeinschaftliche Sache gegen den czechisch-
Polnischen Quasi-Föderalismus machen. Uns kam es darauf an, ein Bild der
factischen Verhältnisse und der historischen Grundlage derselben zu entwerfen
Und den engen Zusammenhang zwischen den rnssificatorischeu Tendenzen östlich
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