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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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Einen bedeutsamen Theil der Arbeit übernehmen die Zeitungen, Es ist
sehr bezeichnend, daß Sultan Mahmud der Zweite selbst es war, der die Grün¬
dung einer Politischen Zeitschrift, des französisch geschriebenen Uoiritour ottom-rü,
betrieb, und den ersten Redacteur, einen Engländer, aus Smyrna berief, aber
auch sehr bezeichnend für den energischen Widerstand, auf welchen die Reformen
damals noch überall stießen, daß drei Redacteure dieser Zeitung hinter einander
eines plötzlichen d. h. unnatürlichen Todes starben. Im Jahre 1864 existirte"
allein in der Hauptstadt 5 türkische, 9 armenische, 1 arabische, 3 französische
Zeitungen, welche in türkischem Dienst arbeiten, von den griechischen (5), bul¬
garischen (4), italienischen (2). englischen (1) und deutschen (1) Blättern, welche
daneben laufen, nicht zu reden.*) Buchdruckereien und Buchläden giebt es in
Menge, öffentliche Bibliotheken sind fast mit jeder großen Moschee verbunden
und sind reich mit arabischen und türkischen Werken ausgestattet, auch dem Pu¬
blikum in liberaler Weise zur Benutzung geöffnet. Besonderes Augenmerk richtet
man auf Uebersetzungen oder besser Bearbeitungen deutscher und französischer
Untcrrichtsbüchcr. In dem Harem der Schwester des Sultans z. B. lagen auf den
Tischen als Lectüre der Frauen und Kinder neben Auszügen aus dem Koran,
den die Frauen nicht ganz in die Hände bekommen, Abrisse der Geographie
und Geschichte nach französischen Handbüchern, die Erzählungen aus tausend
und einer Nacht, türkische Dichtungen und -- eine Bearbeitung von Gellerts
Fabeln.

In dem Arbeitszimmer Mustapha Paschas, der als Oberbefehlshaber der
asiatischen Armee und als Commandant von Kars im orientalischen Kriege eine
hervorragende Rolle spielte, war eine sehr stattliche kriegswisscnschaftliche Biblio-
ibek aufgestellt! neben türkischen Titeln las man ebenso viele französische; auch
gute historische Werke fehlten nicht, neben Thiers und Guizot auch eine Geschichte
Friedrichs des Großen. Fuad Pascha, allerdings der intelligenteste und am
feinsten gebildete unter den gegenwärtigen türkischen Staatsmännern, besitzt
eine auserlesene Bibliothek moderner, auch deutscher Classiker. Das erste Exemplar
des Goethe, welches die im Jahr 1857 etablirte deutsche Buchhandlung der
Gebrüder Köhler in Per" verkaufte, acquirirte ein Türke. Dieser ersten Buch¬
handlung folgte sehr schnell eine zweite; beide machen die glänzendsten Geschäfte
und habe" gradezu eine culturhistorische Bedeutung durch den Absatz, den sie
auch unter dem türkischen Publikum finden, und der doch fast ausschließlich in
den Erzeugnissen des civilisirten Abendlandes besteht.

Die Türkei hat bekanntlich selbst eine ansehnliche Literatur, aber nur Titel



Vergleiche den Globus, 1864, V1" S, 381, Ein wenig abweichend Petermann,
Mittheilungen 1864, S,22S; darnach wäre die periodische Presse von 1864 in Konstantinopel
durch 24, in Smyrna durch 7, in Alexandria durch 2, Beirut und Van durch je ein Blatt
vertreten.

Einen bedeutsamen Theil der Arbeit übernehmen die Zeitungen, Es ist
sehr bezeichnend, daß Sultan Mahmud der Zweite selbst es war, der die Grün¬
dung einer Politischen Zeitschrift, des französisch geschriebenen Uoiritour ottom-rü,
betrieb, und den ersten Redacteur, einen Engländer, aus Smyrna berief, aber
auch sehr bezeichnend für den energischen Widerstand, auf welchen die Reformen
damals noch überall stießen, daß drei Redacteure dieser Zeitung hinter einander
eines plötzlichen d. h. unnatürlichen Todes starben. Im Jahre 1864 existirte»
allein in der Hauptstadt 5 türkische, 9 armenische, 1 arabische, 3 französische
Zeitungen, welche in türkischem Dienst arbeiten, von den griechischen (5), bul¬
garischen (4), italienischen (2). englischen (1) und deutschen (1) Blättern, welche
daneben laufen, nicht zu reden.*) Buchdruckereien und Buchläden giebt es in
Menge, öffentliche Bibliotheken sind fast mit jeder großen Moschee verbunden
und sind reich mit arabischen und türkischen Werken ausgestattet, auch dem Pu¬
blikum in liberaler Weise zur Benutzung geöffnet. Besonderes Augenmerk richtet
man auf Uebersetzungen oder besser Bearbeitungen deutscher und französischer
Untcrrichtsbüchcr. In dem Harem der Schwester des Sultans z. B. lagen auf den
Tischen als Lectüre der Frauen und Kinder neben Auszügen aus dem Koran,
den die Frauen nicht ganz in die Hände bekommen, Abrisse der Geographie
und Geschichte nach französischen Handbüchern, die Erzählungen aus tausend
und einer Nacht, türkische Dichtungen und — eine Bearbeitung von Gellerts
Fabeln.

In dem Arbeitszimmer Mustapha Paschas, der als Oberbefehlshaber der
asiatischen Armee und als Commandant von Kars im orientalischen Kriege eine
hervorragende Rolle spielte, war eine sehr stattliche kriegswisscnschaftliche Biblio-
ibek aufgestellt! neben türkischen Titeln las man ebenso viele französische; auch
gute historische Werke fehlten nicht, neben Thiers und Guizot auch eine Geschichte
Friedrichs des Großen. Fuad Pascha, allerdings der intelligenteste und am
feinsten gebildete unter den gegenwärtigen türkischen Staatsmännern, besitzt
eine auserlesene Bibliothek moderner, auch deutscher Classiker. Das erste Exemplar
des Goethe, welches die im Jahr 1857 etablirte deutsche Buchhandlung der
Gebrüder Köhler in Per« verkaufte, acquirirte ein Türke. Dieser ersten Buch¬
handlung folgte sehr schnell eine zweite; beide machen die glänzendsten Geschäfte
und habe» gradezu eine culturhistorische Bedeutung durch den Absatz, den sie
auch unter dem türkischen Publikum finden, und der doch fast ausschließlich in
den Erzeugnissen des civilisirten Abendlandes besteht.

Die Türkei hat bekanntlich selbst eine ansehnliche Literatur, aber nur Titel



Vergleiche den Globus, 1864, V1„ S, 381, Ein wenig abweichend Petermann,
Mittheilungen 1864, S,22S; darnach wäre die periodische Presse von 1864 in Konstantinopel
durch 24, in Smyrna durch 7, in Alexandria durch 2, Beirut und Van durch je ein Blatt
vertreten.
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[0274] Einen bedeutsamen Theil der Arbeit übernehmen die Zeitungen, Es ist sehr bezeichnend, daß Sultan Mahmud der Zweite selbst es war, der die Grün¬ dung einer Politischen Zeitschrift, des französisch geschriebenen Uoiritour ottom-rü, betrieb, und den ersten Redacteur, einen Engländer, aus Smyrna berief, aber auch sehr bezeichnend für den energischen Widerstand, auf welchen die Reformen damals noch überall stießen, daß drei Redacteure dieser Zeitung hinter einander eines plötzlichen d. h. unnatürlichen Todes starben. Im Jahre 1864 existirte» allein in der Hauptstadt 5 türkische, 9 armenische, 1 arabische, 3 französische Zeitungen, welche in türkischem Dienst arbeiten, von den griechischen (5), bul¬ garischen (4), italienischen (2). englischen (1) und deutschen (1) Blättern, welche daneben laufen, nicht zu reden.*) Buchdruckereien und Buchläden giebt es in Menge, öffentliche Bibliotheken sind fast mit jeder großen Moschee verbunden und sind reich mit arabischen und türkischen Werken ausgestattet, auch dem Pu¬ blikum in liberaler Weise zur Benutzung geöffnet. Besonderes Augenmerk richtet man auf Uebersetzungen oder besser Bearbeitungen deutscher und französischer Untcrrichtsbüchcr. In dem Harem der Schwester des Sultans z. B. lagen auf den Tischen als Lectüre der Frauen und Kinder neben Auszügen aus dem Koran, den die Frauen nicht ganz in die Hände bekommen, Abrisse der Geographie und Geschichte nach französischen Handbüchern, die Erzählungen aus tausend und einer Nacht, türkische Dichtungen und — eine Bearbeitung von Gellerts Fabeln. In dem Arbeitszimmer Mustapha Paschas, der als Oberbefehlshaber der asiatischen Armee und als Commandant von Kars im orientalischen Kriege eine hervorragende Rolle spielte, war eine sehr stattliche kriegswisscnschaftliche Biblio- ibek aufgestellt! neben türkischen Titeln las man ebenso viele französische; auch gute historische Werke fehlten nicht, neben Thiers und Guizot auch eine Geschichte Friedrichs des Großen. Fuad Pascha, allerdings der intelligenteste und am feinsten gebildete unter den gegenwärtigen türkischen Staatsmännern, besitzt eine auserlesene Bibliothek moderner, auch deutscher Classiker. Das erste Exemplar des Goethe, welches die im Jahr 1857 etablirte deutsche Buchhandlung der Gebrüder Köhler in Per« verkaufte, acquirirte ein Türke. Dieser ersten Buch¬ handlung folgte sehr schnell eine zweite; beide machen die glänzendsten Geschäfte und habe» gradezu eine culturhistorische Bedeutung durch den Absatz, den sie auch unter dem türkischen Publikum finden, und der doch fast ausschließlich in den Erzeugnissen des civilisirten Abendlandes besteht. Die Türkei hat bekanntlich selbst eine ansehnliche Literatur, aber nur Titel Vergleiche den Globus, 1864, V1„ S, 381, Ein wenig abweichend Petermann, Mittheilungen 1864, S,22S; darnach wäre die periodische Presse von 1864 in Konstantinopel durch 24, in Smyrna durch 7, in Alexandria durch 2, Beirut und Van durch je ein Blatt vertreten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/274>, abgerufen am 23.12.2024.