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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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gesetzt werden, außerdem ward beabsichtigt, auch denjenigen Gebildeten, welche
nicht ein eigenes Haus bewohnen, die Chance 'des Wahlrechts zu geben; so
sollte z. B. jeder dasselbe haben 1) der ein gewisses jährliches Gehalt bezog,
2) der 10 Pfund Sterling in Zinsen oder Dividenden von öffentlichen Fonds
erhob, 3) der 2 Pfund Sterling jährliche Steuern zahlte, 4) der 30 Pfund
Sterling in der Sparkasse hatte.

Aber auch diese Bill blieb ohne praktischen Erfolg, ihr Urheber, der sie
kurz vor Ausbruch des orientalischen Krieges eingebracht, zog sie in Anbetracht
der auswärtigen Ereignisse bald darauf wieder zurück, ohne daß weder das
Parlament, noch das Publikum darüber Unzufriedenheit gezeigt hätten, die Frage
war damals eben noch ganz unpopulär und nur vorgebracht, weil Lord John
sich nach seinem ersten erfolglosen Versuch zu einem zweiten acquit as oon-
seicmcs verbunden fühlte. 18S9 versuchten sich die Tories mit einer Reformbill
Disraeli's, wurden aber geschlagen, sie lösten das Parlament auf und wurden
bald darauf nach Ausbruch des italienischen Krieges durch ein Mißtrauensvotum
gestürzt, von da an ruhte die Frage, weil Lord Palmerston, der als Premier
die Politik unbedingt leitete, jeder Reform feindlich war. Erst nach seinem
Tode unternahmen es die nunmehrigen Chefs des Ministeriums und der
liberalen Partei, Lord Russel und Mr. Gladstone, eine wirklich eingreifende Reform
durchzuführen.

Sie konnten in der That sich der Nothwendigkeit einer solchen Maßregel
nicht entziehen, das Verlangen nach Reform war während des letzten Jahr¬
zehnts allgemeiner geworden und uur das Prestige und die eigenthümliche
Stellung Lord Palmcrstvns zu den Parteien hatten demselben die Stange ge¬
halten. Die allgemeine Stimme der Nation hatte ihn 18S5 an die' Spitze der
Geschäfte gestellt und mit kurzer Unterbrechung blieb er bi's zu seinem Tode
Premier, weil niemand wie er die nothwendigen Eigenschaften für die oberste
Leitung vereinte, aber die Partei, welche ihm folgte und die Majorität bildete,
bestand aus heterogenen Elementen, ein bedeutender Theil derselben war durch¬
aus conservativ und hielt nur zu ihm, weil er die Reform zurückdrängte, wäh¬
rend andererseits die Radikalen mürrisch die Verwirklichung ihrer Wünsche ver¬
tagten, weil der Sturz Palmerstons die Tories ans Nuder gebracht hätte. Nach
seinem Tode mußte eine Scheidung der Parteien eintreten, die beiden bedeu¬
tendsten gemäßigten Liberalen, welche seinen Platz hätten einnehmen können,
Lord Herbert und Sir Cornwall Lewis, waren im besten Mannesalter gestorben,
neben dem greisen Lord Rüssel war nur Gladstone zur Führung der liberalen
Partei befähigt und dieser hatte sich schon unter Palmerston, dessen Dictator-
schast seinem Ehrgeiz lästig ward, den Radicalen genähert, wahrscheinlich auch
denselben bereits weitgehende Versprechungen gemacht, welche nunmehr eingelöst
werden mußten, jedenfalls entstand die gladstonesche Bill von 1866 wesentlich


gesetzt werden, außerdem ward beabsichtigt, auch denjenigen Gebildeten, welche
nicht ein eigenes Haus bewohnen, die Chance 'des Wahlrechts zu geben; so
sollte z. B. jeder dasselbe haben 1) der ein gewisses jährliches Gehalt bezog,
2) der 10 Pfund Sterling in Zinsen oder Dividenden von öffentlichen Fonds
erhob, 3) der 2 Pfund Sterling jährliche Steuern zahlte, 4) der 30 Pfund
Sterling in der Sparkasse hatte.

Aber auch diese Bill blieb ohne praktischen Erfolg, ihr Urheber, der sie
kurz vor Ausbruch des orientalischen Krieges eingebracht, zog sie in Anbetracht
der auswärtigen Ereignisse bald darauf wieder zurück, ohne daß weder das
Parlament, noch das Publikum darüber Unzufriedenheit gezeigt hätten, die Frage
war damals eben noch ganz unpopulär und nur vorgebracht, weil Lord John
sich nach seinem ersten erfolglosen Versuch zu einem zweiten acquit as oon-
seicmcs verbunden fühlte. 18S9 versuchten sich die Tories mit einer Reformbill
Disraeli's, wurden aber geschlagen, sie lösten das Parlament auf und wurden
bald darauf nach Ausbruch des italienischen Krieges durch ein Mißtrauensvotum
gestürzt, von da an ruhte die Frage, weil Lord Palmerston, der als Premier
die Politik unbedingt leitete, jeder Reform feindlich war. Erst nach seinem
Tode unternahmen es die nunmehrigen Chefs des Ministeriums und der
liberalen Partei, Lord Russel und Mr. Gladstone, eine wirklich eingreifende Reform
durchzuführen.

Sie konnten in der That sich der Nothwendigkeit einer solchen Maßregel
nicht entziehen, das Verlangen nach Reform war während des letzten Jahr¬
zehnts allgemeiner geworden und uur das Prestige und die eigenthümliche
Stellung Lord Palmcrstvns zu den Parteien hatten demselben die Stange ge¬
halten. Die allgemeine Stimme der Nation hatte ihn 18S5 an die' Spitze der
Geschäfte gestellt und mit kurzer Unterbrechung blieb er bi's zu seinem Tode
Premier, weil niemand wie er die nothwendigen Eigenschaften für die oberste
Leitung vereinte, aber die Partei, welche ihm folgte und die Majorität bildete,
bestand aus heterogenen Elementen, ein bedeutender Theil derselben war durch¬
aus conservativ und hielt nur zu ihm, weil er die Reform zurückdrängte, wäh¬
rend andererseits die Radikalen mürrisch die Verwirklichung ihrer Wünsche ver¬
tagten, weil der Sturz Palmerstons die Tories ans Nuder gebracht hätte. Nach
seinem Tode mußte eine Scheidung der Parteien eintreten, die beiden bedeu¬
tendsten gemäßigten Liberalen, welche seinen Platz hätten einnehmen können,
Lord Herbert und Sir Cornwall Lewis, waren im besten Mannesalter gestorben,
neben dem greisen Lord Rüssel war nur Gladstone zur Führung der liberalen
Partei befähigt und dieser hatte sich schon unter Palmerston, dessen Dictator-
schast seinem Ehrgeiz lästig ward, den Radicalen genähert, wahrscheinlich auch
denselben bereits weitgehende Versprechungen gemacht, welche nunmehr eingelöst
werden mußten, jedenfalls entstand die gladstonesche Bill von 1866 wesentlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/214>, abgerufen am 22.12.2024.