Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

allgemeinem Gebrauche ist. Neefes Uebersetzung ist nämlich, was einzelne Worte
und Barse anbetrifft, oft von Rochlitz herübergenommen worden. So gleicht
z. B. das Duett zwischen Don Juan und Zerline in der Fassung von Reese
der heute bekannten sehr:


H. v. Schwänkereich:
Laß uns von hinnen weichen,
Komm in mein Haus mit mir;
Die Hand dir dort zu reichen;
Es ist nicht weit von hier. u. s. w.

Röschen:
Wie? darf ich es wohl wagen?
Soll oder soll ich nicht?
Ich fühl mein Herze schlagen --
Ob er wohl ernstlich spricht!

H. v. Schwänkereich:
Komm doch, du mein Vergnügen!

Röschen:
Ihn, Gürgen, zu betrügen?

H. v. Schwänkereich:
Dich in dein Glück zu fügen.

Röschen:
Ja, ja! -- ich muß erliegen u. f. w.


Allerdings finden sich bei Reese zahlreiche Geschmacklosigkeiten. So z. B.
ruft Ottavio, als er seine Braut ohnmächtig neben den Leichnam ihres Vaters
hingesunken sieht:


H. v. Frischblut:
O eilt zu Hilfe, Freunde,
Meiner Geliebten!
Holt Essig! Bringt Lebensbalsam her! u. s. w.

Und unendlich komisch klingt es, den Geist beim Eintritt zu Don Juan
singen zu hören:


Herr von Schwänkereich! Mit dir zu speisen
Bin ich geladen. Siehe! ich komme!

und Don Juan darauf antwortend:


Das hätt' ich nicht mehr gcglaubct.
Doch ich thu, was ich vermag.
Fickfack! laß ein andres Essen
Eilends auf die Tafel tragen, u. s. w.

Auffallend bleibt, daß man trotz des Gefühls für die UngenauigMen und
den Ungeschmack der rochiitzschen Leistung doch zu keiner vollständig neuen schritt,


allgemeinem Gebrauche ist. Neefes Uebersetzung ist nämlich, was einzelne Worte
und Barse anbetrifft, oft von Rochlitz herübergenommen worden. So gleicht
z. B. das Duett zwischen Don Juan und Zerline in der Fassung von Reese
der heute bekannten sehr:


H. v. Schwänkereich:
Laß uns von hinnen weichen,
Komm in mein Haus mit mir;
Die Hand dir dort zu reichen;
Es ist nicht weit von hier. u. s. w.

Röschen:
Wie? darf ich es wohl wagen?
Soll oder soll ich nicht?
Ich fühl mein Herze schlagen —
Ob er wohl ernstlich spricht!

H. v. Schwänkereich:
Komm doch, du mein Vergnügen!

Röschen:
Ihn, Gürgen, zu betrügen?

H. v. Schwänkereich:
Dich in dein Glück zu fügen.

Röschen:
Ja, ja! — ich muß erliegen u. f. w.


Allerdings finden sich bei Reese zahlreiche Geschmacklosigkeiten. So z. B.
ruft Ottavio, als er seine Braut ohnmächtig neben den Leichnam ihres Vaters
hingesunken sieht:


H. v. Frischblut:
O eilt zu Hilfe, Freunde,
Meiner Geliebten!
Holt Essig! Bringt Lebensbalsam her! u. s. w.

Und unendlich komisch klingt es, den Geist beim Eintritt zu Don Juan
singen zu hören:


Herr von Schwänkereich! Mit dir zu speisen
Bin ich geladen. Siehe! ich komme!

und Don Juan darauf antwortend:


Das hätt' ich nicht mehr gcglaubct.
Doch ich thu, was ich vermag.
Fickfack! laß ein andres Essen
Eilends auf die Tafel tragen, u. s. w.

Auffallend bleibt, daß man trotz des Gefühls für die UngenauigMen und
den Ungeschmack der rochiitzschen Leistung doch zu keiner vollständig neuen schritt,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0196" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190355"/>
          <p xml:id="ID_607" prev="#ID_606"> allgemeinem Gebrauche ist. Neefes Uebersetzung ist nämlich, was einzelne Worte<lb/>
und Barse anbetrifft, oft von Rochlitz herübergenommen worden. So gleicht<lb/>
z. B. das Duett zwischen Don Juan und Zerline in der Fassung von Reese<lb/>
der heute bekannten sehr:</p><lb/>
          <quote>
            <p xml:id="ID_608"><note type="speaker"> H. v. Schwänkereich:</note><lb/>
Laß uns von hinnen weichen,<lb/>
Komm in mein Haus mit mir;<lb/>
Die Hand dir dort zu reichen;<lb/>
Es ist nicht weit von hier. u. s. w.</p>
            <p xml:id="ID_609"><note type="speaker"> Röschen:</note><lb/>
Wie? darf ich es wohl wagen?<lb/>
Soll oder soll ich nicht?<lb/>
Ich fühl mein Herze schlagen &#x2014;<lb/>
Ob er wohl ernstlich spricht!</p>
            <p xml:id="ID_610"><note type="speaker"> H. v. Schwänkereich:</note><lb/>
Komm doch, du mein Vergnügen!</p>
            <p xml:id="ID_611"><note type="speaker"> Röschen:</note><lb/>
Ihn, Gürgen, zu betrügen?</p>
            <p xml:id="ID_612"><note type="speaker"> H. v. Schwänkereich:</note><lb/>
Dich in dein Glück zu fügen.</p>
            <p xml:id="ID_613"><note type="speaker"> Röschen:</note><lb/>
Ja, ja! &#x2014; ich muß erliegen u. f. w.</p>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_614"> Allerdings finden sich bei Reese zahlreiche Geschmacklosigkeiten.  So z. B.<lb/>
ruft Ottavio, als er seine Braut ohnmächtig neben den Leichnam ihres Vaters<lb/>
hingesunken sieht:</p><lb/>
          <quote><note type="speaker"> H. v. Frischblut:</note><lb/>
O eilt zu Hilfe, Freunde,<lb/>
Meiner Geliebten!<lb/>
Holt Essig! Bringt Lebensbalsam her! u. s. w.</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_615"> Und unendlich komisch klingt es, den Geist beim Eintritt zu Don Juan<lb/>
singen zu hören:</p><lb/>
          <quote> Herr von Schwänkereich! Mit dir zu speisen<lb/>
Bin ich geladen. Siehe! ich komme!</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_616"> und Don Juan darauf antwortend:</p><lb/>
          <quote> Das hätt' ich nicht mehr gcglaubct.<lb/>
Doch ich thu, was ich vermag.<lb/>
Fickfack! laß ein andres Essen<lb/>
Eilends auf die Tafel tragen, u. s. w.</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_617" next="#ID_618"> Auffallend bleibt, daß man trotz des Gefühls für die UngenauigMen und<lb/>
den Ungeschmack der rochiitzschen Leistung doch zu keiner vollständig neuen schritt,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0196] allgemeinem Gebrauche ist. Neefes Uebersetzung ist nämlich, was einzelne Worte und Barse anbetrifft, oft von Rochlitz herübergenommen worden. So gleicht z. B. das Duett zwischen Don Juan und Zerline in der Fassung von Reese der heute bekannten sehr: H. v. Schwänkereich: Laß uns von hinnen weichen, Komm in mein Haus mit mir; Die Hand dir dort zu reichen; Es ist nicht weit von hier. u. s. w. Röschen: Wie? darf ich es wohl wagen? Soll oder soll ich nicht? Ich fühl mein Herze schlagen — Ob er wohl ernstlich spricht! H. v. Schwänkereich: Komm doch, du mein Vergnügen! Röschen: Ihn, Gürgen, zu betrügen? H. v. Schwänkereich: Dich in dein Glück zu fügen. Röschen: Ja, ja! — ich muß erliegen u. f. w. Allerdings finden sich bei Reese zahlreiche Geschmacklosigkeiten. So z. B. ruft Ottavio, als er seine Braut ohnmächtig neben den Leichnam ihres Vaters hingesunken sieht: H. v. Frischblut: O eilt zu Hilfe, Freunde, Meiner Geliebten! Holt Essig! Bringt Lebensbalsam her! u. s. w. Und unendlich komisch klingt es, den Geist beim Eintritt zu Don Juan singen zu hören: Herr von Schwänkereich! Mit dir zu speisen Bin ich geladen. Siehe! ich komme! und Don Juan darauf antwortend: Das hätt' ich nicht mehr gcglaubct. Doch ich thu, was ich vermag. Fickfack! laß ein andres Essen Eilends auf die Tafel tragen, u. s. w. Auffallend bleibt, daß man trotz des Gefühls für die UngenauigMen und den Ungeschmack der rochiitzschen Leistung doch zu keiner vollständig neuen schritt,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/196
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/196>, abgerufen am 22.07.2024.