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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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damals Sänger und Tonsetzer bei der bustellischen Truppe, ein diammg, ti-ggi-
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in Prag auf derselben Bühne, auf der zehn Jahre später Mozarts Don Juan
zuerst erschien, zur Aufführung gebracht hatte. Diese Oper wurde auch in
Wien, Braunschweig und anderen Städten mit Beifall gegeben.

Noch erübrigt uns von einer Oper: ,,Loirvitg,to all xietra" von Gazzaniga.
1788 in Bergamo gegeben, zu sprechen. Dieses Wert, ob auf den Text
da Ponies componirt, vermögen wir nicht zu entscheiden, wurde 1789 in Mailand,
1791 in Paris, 1792 in Lucca und in London aufgeführt. Goethe sah es
1788 in Rom und erzählt, daß es vier Wochen hindurch ununterbrochen wieder¬
holt worden sei und daß niemand leben konnte, der nicht den Don Juan in
der Hölle hatte braten und den Gouverneur als seligen 'Geist gen Himmel
fahren sehen.

Ms diesem allbekannten und allbeliebten Stoffe nun schuf Loienzo da
Porte, der Sende seiner Zeit, geschickt und talentvoll wie dieser, wenn auch
nicht ebenso fleißig und- minder praktisch im Erwerben eines großen Vermögens,
einen neuen Operntext. Der Dichter erzählt selbst mit ergötzlichen Renvmmiren.
daß er gleichzeitig für Salicri den Tarar nach Beaumarchais, für Martini den
Baum der Diana nach eigener Eisindung und sür Mozart den Don Giovanni
geschrieben habe. Ehe er für Salieri arbeitete (des Morgens), begeisterte er sich
durch die Lectüre des Tasso, für Martini etes Abends) durch die des Petrarka,
um aber für Mozart sich in die rechte Stimmung zu bringen, wählte er die
Nacht und las vorher einige Seiten in Dantes Hölle. Hören wir seinen eigenen
Bericht über die Entstehung des Werkes, das im Verein mit I.g noüüv 6i ?i-
Mix) und (^ohl tan oden und in der Verbindung, die er durch diese Poesien
mit Mozart gewann, seinen Namen allein auf die Nachwelt bringen sollte,
denn seine übrigen Dichtungen sind vergessen. "Gegen Mitternacht," so erzählt
er selbst, "feste ich mich an meinen Arbeitstisch; eine Flasche vortrefflicher
Tokayerwein stand rechts vor mir. mein Schreibzeug links, eine Tabaksdose voll
Tabak aus Sevilla vor mir. Um jene Zeit wohnte ein junges und schönes
Mädchen von sechzehn Jahren, die ich nur halte wie ein Vater lieben mögen,
mit ihrer Mutter in meinem Hause; sie kam stets in mein Zimmer zur Ver¬
richtung kleiner innerer Dienste, sobald ich mit der Klingel schellte, um etwas
zu verlangen; ich mißbrauchte etwas diese Klingel, zumal wenn ich meine Wärme
schwinden und ein Erkalten fühlte. Dies reizende Mädchen brachte mir dann
bald etwas Bisquit. bald eine Tasse Chocolade, bald nur ihr stets heiteres,
stets lächelndes Antlitz, das eigens geschaffen war, um den ermüdete" Geist
wieder zu erheitern und die poetische Begeisterung neu zu erwecken. Ich unter¬
zog mich also zwölf Stunden täglich hinter einander mit ,nur kurzen Unter¬
brechungen meinen Arbeiten und dies zwei Monate hindurch. Während


damals Sänger und Tonsetzer bei der bustellischen Truppe, ein diammg, ti-ggi-
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in Prag auf derselben Bühne, auf der zehn Jahre später Mozarts Don Juan
zuerst erschien, zur Aufführung gebracht hatte. Diese Oper wurde auch in
Wien, Braunschweig und anderen Städten mit Beifall gegeben.

Noch erübrigt uns von einer Oper: ,,Loirvitg,to all xietra" von Gazzaniga.
1788 in Bergamo gegeben, zu sprechen. Dieses Wert, ob auf den Text
da Ponies componirt, vermögen wir nicht zu entscheiden, wurde 1789 in Mailand,
1791 in Paris, 1792 in Lucca und in London aufgeführt. Goethe sah es
1788 in Rom und erzählt, daß es vier Wochen hindurch ununterbrochen wieder¬
holt worden sei und daß niemand leben konnte, der nicht den Don Juan in
der Hölle hatte braten und den Gouverneur als seligen 'Geist gen Himmel
fahren sehen.

Ms diesem allbekannten und allbeliebten Stoffe nun schuf Loienzo da
Porte, der Sende seiner Zeit, geschickt und talentvoll wie dieser, wenn auch
nicht ebenso fleißig und- minder praktisch im Erwerben eines großen Vermögens,
einen neuen Operntext. Der Dichter erzählt selbst mit ergötzlichen Renvmmiren.
daß er gleichzeitig für Salicri den Tarar nach Beaumarchais, für Martini den
Baum der Diana nach eigener Eisindung und sür Mozart den Don Giovanni
geschrieben habe. Ehe er für Salieri arbeitete (des Morgens), begeisterte er sich
durch die Lectüre des Tasso, für Martini etes Abends) durch die des Petrarka,
um aber für Mozart sich in die rechte Stimmung zu bringen, wählte er die
Nacht und las vorher einige Seiten in Dantes Hölle. Hören wir seinen eigenen
Bericht über die Entstehung des Werkes, das im Verein mit I.g noüüv 6i ?i-
Mix) und (^ohl tan oden und in der Verbindung, die er durch diese Poesien
mit Mozart gewann, seinen Namen allein auf die Nachwelt bringen sollte,
denn seine übrigen Dichtungen sind vergessen. „Gegen Mitternacht," so erzählt
er selbst, „feste ich mich an meinen Arbeitstisch; eine Flasche vortrefflicher
Tokayerwein stand rechts vor mir. mein Schreibzeug links, eine Tabaksdose voll
Tabak aus Sevilla vor mir. Um jene Zeit wohnte ein junges und schönes
Mädchen von sechzehn Jahren, die ich nur halte wie ein Vater lieben mögen,
mit ihrer Mutter in meinem Hause; sie kam stets in mein Zimmer zur Ver¬
richtung kleiner innerer Dienste, sobald ich mit der Klingel schellte, um etwas
zu verlangen; ich mißbrauchte etwas diese Klingel, zumal wenn ich meine Wärme
schwinden und ein Erkalten fühlte. Dies reizende Mädchen brachte mir dann
bald etwas Bisquit. bald eine Tasse Chocolade, bald nur ihr stets heiteres,
stets lächelndes Antlitz, das eigens geschaffen war, um den ermüdete» Geist
wieder zu erheitern und die poetische Begeisterung neu zu erwecken. Ich unter¬
zog mich also zwölf Stunden täglich hinter einander mit ,nur kurzen Unter¬
brechungen meinen Arbeiten und dies zwei Monate hindurch. Während


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/192>, abgerufen am 23.07.2024.