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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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gang der florentiner Zeitschrift füllen; sind sie doch selbst theilweise die verdichtete
Wiedergabe größer angelegter Arbeiten. Doch wollen wir uns nicht versagen,
in gedrängter Uebersicht dem cisalpinischen Publikum, dessen Aufmerksamkeit die
schöne Unternehmung in hohem Grade verdient, die Gegenstände vorzuführen,
welche in der ersten Hälfte des Jahrgangs 1866 zur Behandlung gekommen
sind. Wir stellen das Geschichtliche (im weitesten Sinne) voran. Herr Dome-
nico Comparetti beschäftigt sich in einem länger" Aufsatze unter lobenswerther
Herbeiziehung der einschlagenden Arbeiten deutscher Forscher mit den Vorstel¬
lungen von Virgil, welche durch die Vermittelung der Schule oder der Gelehr¬
samkeit auf das Mittelalter und endlich auf Dante gekommen sind, und stellt
dieselben mit einer Schärfe und Bestimmtheit, an der man es bisher vielfach
hat fehlen lassen, denjenigen gegenüber, welche sich außerhalb der Schule, in
ganz anderem Maße von der geschichtlichen Wahrheit abweichend, über den
Zauberer Virgil gebildet hatten. -- Herr Bvngi hat in den Archiven von
Lucca eine nicht unbedeutende Zahl von Urkunden entdeckt, welche die in den
letzten Jahren aus venetianischen und genuesischen Aufzeichnungen erwiesene
Thatsache eines in den italienischen Handelsstädten im vierzehnten und fünf¬
zehnten Jahrhundert sehr schwunghaft betriebenen Handels mit Sklaven und
namentlich mit Sklavinnen aus den Ländern am Schwarzen Meere bestätigen,
und stellt die von zwei anderen Gelehrten gewonnenen Ergebnisse, vermehrt
durch wesentliche eigene, zu einem recht anschaulichen Bilde von der Lage jener
Unglücklichen zusammen, über deren Herkunft, Zahl, Preise, rechtliche Stellung,
Verwendung er genauen Aufschluß ertheilt. -- Ein Artikel des Herrn Amari
giebt aus arabischen und lateinischen Quellen, deren sorgfältige Aufführung und
Vergleichung in zahlreichen Anmerkungen an solchem Orte überrascht, die uns
erhaltenen Berichte über Seenntcrnebmungcn, welche im Anfange und gegen
Ende des elften Jahrhunderts die Pisaner und die Genueser, gegen Musel¬
männer auf Sardinien und in Afrika glücklich zu Ende führten. -- Es sind
in jüngster Zeit in zwei Bänden die nachgelassenen Papiere des einstigen Vize¬
präsidenten der italienischen Republik, des Grafen Francesco Melzi, den Napo¬
leon später zum Herzog von Lodi ernannte, von dessen Großncffcn, dem Grafen
Giovanni Ültclzi herausgegeben worden; Herr Achrlle Mauri cnlwrrft, gestützt
auf die darin enthaltenen Angaben, ein Bild des vielbewegten Lebens jenes
wackeren Mannes und daran anschließend eine kurze Geschichte der Lombardei
seit der französischen Revolution bis zur Gründung des ersten Königreichs
Italien. Herr Cibrario giebt neue historische Studien über die Savoyische
Monarchie, in welchen er die Wechselfälle derselben während der ersten drei
Jahrhunderte lines Bestehens verfolgt. Herr Polari stellt daneben nicht un¬
passend eine Arbeit über die Hohenzollern und Friedrich den Großen, von
welcher jedoch nur der Anfang in den hier zur Besprechung gebrachten Heften


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gang der florentiner Zeitschrift füllen; sind sie doch selbst theilweise die verdichtete
Wiedergabe größer angelegter Arbeiten. Doch wollen wir uns nicht versagen,
in gedrängter Uebersicht dem cisalpinischen Publikum, dessen Aufmerksamkeit die
schöne Unternehmung in hohem Grade verdient, die Gegenstände vorzuführen,
welche in der ersten Hälfte des Jahrgangs 1866 zur Behandlung gekommen
sind. Wir stellen das Geschichtliche (im weitesten Sinne) voran. Herr Dome-
nico Comparetti beschäftigt sich in einem länger» Aufsatze unter lobenswerther
Herbeiziehung der einschlagenden Arbeiten deutscher Forscher mit den Vorstel¬
lungen von Virgil, welche durch die Vermittelung der Schule oder der Gelehr¬
samkeit auf das Mittelalter und endlich auf Dante gekommen sind, und stellt
dieselben mit einer Schärfe und Bestimmtheit, an der man es bisher vielfach
hat fehlen lassen, denjenigen gegenüber, welche sich außerhalb der Schule, in
ganz anderem Maße von der geschichtlichen Wahrheit abweichend, über den
Zauberer Virgil gebildet hatten. — Herr Bvngi hat in den Archiven von
Lucca eine nicht unbedeutende Zahl von Urkunden entdeckt, welche die in den
letzten Jahren aus venetianischen und genuesischen Aufzeichnungen erwiesene
Thatsache eines in den italienischen Handelsstädten im vierzehnten und fünf¬
zehnten Jahrhundert sehr schwunghaft betriebenen Handels mit Sklaven und
namentlich mit Sklavinnen aus den Ländern am Schwarzen Meere bestätigen,
und stellt die von zwei anderen Gelehrten gewonnenen Ergebnisse, vermehrt
durch wesentliche eigene, zu einem recht anschaulichen Bilde von der Lage jener
Unglücklichen zusammen, über deren Herkunft, Zahl, Preise, rechtliche Stellung,
Verwendung er genauen Aufschluß ertheilt. — Ein Artikel des Herrn Amari
giebt aus arabischen und lateinischen Quellen, deren sorgfältige Aufführung und
Vergleichung in zahlreichen Anmerkungen an solchem Orte überrascht, die uns
erhaltenen Berichte über Seenntcrnebmungcn, welche im Anfange und gegen
Ende des elften Jahrhunderts die Pisaner und die Genueser, gegen Musel¬
männer auf Sardinien und in Afrika glücklich zu Ende führten. — Es sind
in jüngster Zeit in zwei Bänden die nachgelassenen Papiere des einstigen Vize¬
präsidenten der italienischen Republik, des Grafen Francesco Melzi, den Napo¬
leon später zum Herzog von Lodi ernannte, von dessen Großncffcn, dem Grafen
Giovanni Ültclzi herausgegeben worden; Herr Achrlle Mauri cnlwrrft, gestützt
auf die darin enthaltenen Angaben, ein Bild des vielbewegten Lebens jenes
wackeren Mannes und daran anschließend eine kurze Geschichte der Lombardei
seit der französischen Revolution bis zur Gründung des ersten Königreichs
Italien. Herr Cibrario giebt neue historische Studien über die Savoyische
Monarchie, in welchen er die Wechselfälle derselben während der ersten drei
Jahrhunderte lines Bestehens verfolgt. Herr Polari stellt daneben nicht un¬
passend eine Arbeit über die Hohenzollern und Friedrich den Großen, von
welcher jedoch nur der Anfang in den hier zur Besprechung gebrachten Heften


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/157>, abgerufen am 22.12.2024.