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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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über die Länge der Mieder und Bänder u. s, w. aufgestiegen ist. Es bleibt
immer anerkennenswerth, mit welcher Penibilität die wackeren Forscher in die
innersten Geheimnisse der Toilette, besondere! der weiblichen, einzudringen be¬
müht waren. Gewiß werden sie auch unter den naturwüchsigen Kindern des
Volkes es nicht so leicht gehabt haben, wie man jetzt leicht darüber wegliest,
aber, wie gesagt, eigentlich ist doch ein richtiges Schneidergemüth erforderlich,
um ihre Bemühungen ganz zu würdigen und ob viele unter den Lesern der
Bavaria in dessen Besitz sind, wollen wir dahingestellt sein lassen.

Schwächer sind einige andere Rubriken gerathen. So die "Geschichte- und
Kunstdenkmale', der es schon nicht zum Vortheil gereicht, daß sie zum größten
Theile nichts weiter als ein Auszug aus ihres Verfassers größerem Werke
gleichen Inhalts ist, das wir vorher erwähnten. Noch ungenügender ist aber
durchweg die Darstellung der Volksmundarten in Bayern ausgefallen. Hier,
wo die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiete recht eigentlich in dem
unvergleichlichen Schmeller ihren Ursprung genommen hat. durfte man doch
zum mindesten erwarten, daß die speciell für den bayerischen, oberpfälzer,
schwäbischen, fränkischen Dialect beauftragten Bearbeiter mit dem Stande der
heutigen Linguistik auf gleichem Niveau sich befinden würden. Aber das Ge¬
lindeste, was man von den Herren Sebastian Mützl, Magnus Jochen, Eduard
Fentsch und or. Haupt sagen kann, ist, daß sie der Schwierigkeit ihrer Auf¬
gabe überall auf eine sehr bequeme, mitunter auf eine sehr naive Art aus dem
Wege gegangen sind. Wir gestehen auch, daß es uns sofort befremdlich vor-
kam, als wir diesen ehrenwerthen Namen in der Verbindung mit dieser Auf¬
gabe begegneten, denn obgleich wir einigermaßen mit dem Gegenstand und den
dafür thätigen Kräften bekannt zu sein glaubten, war es uns doch überraschend,
grade diese Auswahl getroffen zu sehen. Wir vermutheten, daß man in einem
Lande, das einen Conrad Hofmann, Birlingcr, Frommann besitzt, diese mit
dem betraut hätte, was ihnen durch Beruf und Neigung und allseitig aner¬
kannte Leistungen naturgemäß zugewiesen ist. --

Die Darstellung der Volkskunde erhält nach dem Plane der Bavaria
ihren Abschluß durch einen "Abriß der Ortsgeschichte". Bei dem Worte Abriß
liegt es nahe an ein paar Seiten, höchstens ein paar Bogen zu denken, auf
welche die wichtigsten Thatsachen und Phasen der außer" Geschichte zusammen¬
gedrängt und in Verbindung mit den Erscheinungen des Volkslebens gesetzt sind.
Denn wie sie selbstverständlich dieses bedingen und modificiren, so sind sie auch
in gewisser Hinsicht unter den Einflüssen, die von der besonderen Volksart aus¬
gingen, entstanden und verständlich. Man wird daher überrascht, wenn man
im ersten Bande circa vierhundert Seiten dafür gewidmet findet und verhält¬
nismäßig ebenso viel in jedem der folgenden sechs. Die Ueberraschung ver¬
wandelt sich aber bald in befremdliches Erstaunen. Denn was ist dieser Abriß


über die Länge der Mieder und Bänder u. s, w. aufgestiegen ist. Es bleibt
immer anerkennenswerth, mit welcher Penibilität die wackeren Forscher in die
innersten Geheimnisse der Toilette, besondere! der weiblichen, einzudringen be¬
müht waren. Gewiß werden sie auch unter den naturwüchsigen Kindern des
Volkes es nicht so leicht gehabt haben, wie man jetzt leicht darüber wegliest,
aber, wie gesagt, eigentlich ist doch ein richtiges Schneidergemüth erforderlich,
um ihre Bemühungen ganz zu würdigen und ob viele unter den Lesern der
Bavaria in dessen Besitz sind, wollen wir dahingestellt sein lassen.

Schwächer sind einige andere Rubriken gerathen. So die „Geschichte- und
Kunstdenkmale', der es schon nicht zum Vortheil gereicht, daß sie zum größten
Theile nichts weiter als ein Auszug aus ihres Verfassers größerem Werke
gleichen Inhalts ist, das wir vorher erwähnten. Noch ungenügender ist aber
durchweg die Darstellung der Volksmundarten in Bayern ausgefallen. Hier,
wo die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiete recht eigentlich in dem
unvergleichlichen Schmeller ihren Ursprung genommen hat. durfte man doch
zum mindesten erwarten, daß die speciell für den bayerischen, oberpfälzer,
schwäbischen, fränkischen Dialect beauftragten Bearbeiter mit dem Stande der
heutigen Linguistik auf gleichem Niveau sich befinden würden. Aber das Ge¬
lindeste, was man von den Herren Sebastian Mützl, Magnus Jochen, Eduard
Fentsch und or. Haupt sagen kann, ist, daß sie der Schwierigkeit ihrer Auf¬
gabe überall auf eine sehr bequeme, mitunter auf eine sehr naive Art aus dem
Wege gegangen sind. Wir gestehen auch, daß es uns sofort befremdlich vor-
kam, als wir diesen ehrenwerthen Namen in der Verbindung mit dieser Auf¬
gabe begegneten, denn obgleich wir einigermaßen mit dem Gegenstand und den
dafür thätigen Kräften bekannt zu sein glaubten, war es uns doch überraschend,
grade diese Auswahl getroffen zu sehen. Wir vermutheten, daß man in einem
Lande, das einen Conrad Hofmann, Birlingcr, Frommann besitzt, diese mit
dem betraut hätte, was ihnen durch Beruf und Neigung und allseitig aner¬
kannte Leistungen naturgemäß zugewiesen ist. —

Die Darstellung der Volkskunde erhält nach dem Plane der Bavaria
ihren Abschluß durch einen „Abriß der Ortsgeschichte". Bei dem Worte Abriß
liegt es nahe an ein paar Seiten, höchstens ein paar Bogen zu denken, auf
welche die wichtigsten Thatsachen und Phasen der außer» Geschichte zusammen¬
gedrängt und in Verbindung mit den Erscheinungen des Volkslebens gesetzt sind.
Denn wie sie selbstverständlich dieses bedingen und modificiren, so sind sie auch
in gewisser Hinsicht unter den Einflüssen, die von der besonderen Volksart aus¬
gingen, entstanden und verständlich. Man wird daher überrascht, wenn man
im ersten Bande circa vierhundert Seiten dafür gewidmet findet und verhält¬
nismäßig ebenso viel in jedem der folgenden sechs. Die Ueberraschung ver¬
wandelt sich aber bald in befremdliches Erstaunen. Denn was ist dieser Abriß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/152>, abgerufen am 22.12.2024.