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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Noch schmachteten Handel und Gewerbe unter der Ungewißheit des Kriegszustandes
und die Gesammtbevölkerung unter bedeutender Kriegssteuer und Einquartie¬
rungslast. Kein Wunder, daß die Schmerzensschreie sich mehrten und selbst
Gutgesinnte einzusehen anfingen, daß im Geldpunkte die Gemüthlichkeit aufhöre.
Man fragte sich "Was wird aus Sachsen?" "Wer leidet, der König oder das
Land?" Dasselbe Thema in mehr oder minder energischem Tone behandelten
die Flugschriften "Sachsen und der norddeutsche Bund". " Ein Hilferuf aus
Sachsen". "Sachsens Gegenwart und Zukunft. Ein Mahnruf an das sächsische
Volk", "Die albertinische Dynastie und Norddeutschland. Ein deutsches Wort
zu den deutschen Parlamentswahlen Sachsens". "Sachsen und die königlich
sächsische Landescommission", "Von Dresden nach Paris oder Sachsens Ver-
hängniß", "Sachsens Vergangenheit und Zukunft. Von einem Sachsen" und "An
die Sachsen beim Friedensschluß".

Auch mit dem Süden und besonders Oestreich beschäftigten sich einige
Stimmen, so die Brochure "Bayern. Preußen und Deutschland. Votum eines
Süddeutschen". "Offenes Sendschreiben an die Staatsmänner in Wien und
München von Siegfried am Lechrain", " Dcutschöstreichs Gegenwart und Zu¬
kunft". "Zur Reorganisation Oestreichs. Von C. v. K.". "Der Ausschluß Oest-
reichs aus Deutschland ist eine politische Widersinnigkeit" von Marr, "Oest¬
reich, Venetien und Deutschland", von Wollheim de Fonseca, "In der zwölften
Stunde. Aus und an Oestreich", "Oestreich nach der Schlacht bei Königsgrätz"
von B. Carreri und "Ein Blick auf Oestreichs Lage", von A. Fischhof.

Auch im Ausland wurden wir Deutschen im verflossenen Sommer der
Gegenstand respectvoller Aufmerksamkeit. Auch dort schenkte man uns die Ehre,
uns in Flugschriften zu begutachten. Ich erwähne nur das in Zürich erschienene
Schriftchen "Die Neugestaltung von Deutschland und die Schweiz". Verfasser
soll Bluntschli sein.

So kämen wir zu den Brochüren. die sich mit den wenig erbaulichen Er¬
eignissen auf den süddeutschen und östreichischen Kriegsschauplätzen beschäftigen.
Während Graf Wartensleben-Schwiersen als preußischer Laie Bcnedek gegen
die östreichische Presse vertheidigt, sehen wir im Südwesten Deutschlands das
widrige Schauspiel mit an, wie sich die Staaten, nachdem sie sich von Preußen
haben schlagen lassen, unter einander noch mit Koth beWerfen. Von Würtemberg
gingen "Actenmäßige Enthüllungen" aus, die einen Verrath des Prinzen Wilhelm
von Baden an der Sache der Bundestruppen darthun sollten. Darauf erfolgten
mehre Gegenschriften, z. B. "Mittheilung von Thatsachen", "Zur Beurtheilung
der actenmäßigen interessanten Enthüllungen über den badischen Verrath". "Zur
Beurtheilung des Verhaltens der badischen Felddivision", und eine "Badische
Antwort auf das Pamphlet". Aber jener Pamphletschreiber ließ sich nicht
schrecken. Er antwortete mit "Nochmals der badische Verrath. Weitere Ent-


Noch schmachteten Handel und Gewerbe unter der Ungewißheit des Kriegszustandes
und die Gesammtbevölkerung unter bedeutender Kriegssteuer und Einquartie¬
rungslast. Kein Wunder, daß die Schmerzensschreie sich mehrten und selbst
Gutgesinnte einzusehen anfingen, daß im Geldpunkte die Gemüthlichkeit aufhöre.
Man fragte sich „Was wird aus Sachsen?" „Wer leidet, der König oder das
Land?" Dasselbe Thema in mehr oder minder energischem Tone behandelten
die Flugschriften „Sachsen und der norddeutsche Bund". „ Ein Hilferuf aus
Sachsen". „Sachsens Gegenwart und Zukunft. Ein Mahnruf an das sächsische
Volk", „Die albertinische Dynastie und Norddeutschland. Ein deutsches Wort
zu den deutschen Parlamentswahlen Sachsens". „Sachsen und die königlich
sächsische Landescommission", „Von Dresden nach Paris oder Sachsens Ver-
hängniß", „Sachsens Vergangenheit und Zukunft. Von einem Sachsen" und „An
die Sachsen beim Friedensschluß".

Auch mit dem Süden und besonders Oestreich beschäftigten sich einige
Stimmen, so die Brochure „Bayern. Preußen und Deutschland. Votum eines
Süddeutschen". „Offenes Sendschreiben an die Staatsmänner in Wien und
München von Siegfried am Lechrain", „ Dcutschöstreichs Gegenwart und Zu¬
kunft". „Zur Reorganisation Oestreichs. Von C. v. K.". „Der Ausschluß Oest-
reichs aus Deutschland ist eine politische Widersinnigkeit" von Marr, „Oest¬
reich, Venetien und Deutschland", von Wollheim de Fonseca, „In der zwölften
Stunde. Aus und an Oestreich", „Oestreich nach der Schlacht bei Königsgrätz"
von B. Carreri und „Ein Blick auf Oestreichs Lage", von A. Fischhof.

Auch im Ausland wurden wir Deutschen im verflossenen Sommer der
Gegenstand respectvoller Aufmerksamkeit. Auch dort schenkte man uns die Ehre,
uns in Flugschriften zu begutachten. Ich erwähne nur das in Zürich erschienene
Schriftchen „Die Neugestaltung von Deutschland und die Schweiz". Verfasser
soll Bluntschli sein.

So kämen wir zu den Brochüren. die sich mit den wenig erbaulichen Er¬
eignissen auf den süddeutschen und östreichischen Kriegsschauplätzen beschäftigen.
Während Graf Wartensleben-Schwiersen als preußischer Laie Bcnedek gegen
die östreichische Presse vertheidigt, sehen wir im Südwesten Deutschlands das
widrige Schauspiel mit an, wie sich die Staaten, nachdem sie sich von Preußen
haben schlagen lassen, unter einander noch mit Koth beWerfen. Von Würtemberg
gingen „Actenmäßige Enthüllungen" aus, die einen Verrath des Prinzen Wilhelm
von Baden an der Sache der Bundestruppen darthun sollten. Darauf erfolgten
mehre Gegenschriften, z. B. „Mittheilung von Thatsachen", „Zur Beurtheilung
der actenmäßigen interessanten Enthüllungen über den badischen Verrath". „Zur
Beurtheilung des Verhaltens der badischen Felddivision", und eine „Badische
Antwort auf das Pamphlet". Aber jener Pamphletschreiber ließ sich nicht
schrecken. Er antwortete mit „Nochmals der badische Verrath. Weitere Ent-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/502>, abgerufen am 04.07.2024.